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Winter/zima 2007/2008 - Pavelhaus

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„Euro“-Region Slowenien<br />

„Euro“-Region Slowenien<br />

Volk von den Vorzügen der neuen Währung<br />

zu überzeugen. Auch einer der Kritiker der raschen<br />

EU-Integration, der frühere Dekan der<br />

Laibacher Universität, Jože Mencinger, konstatiert<br />

die technische Perfektion, mit der die<br />

neue Währung Platz gegriffen hat. „Es ist perfekt<br />

abgelaufen, wie vor 17 Jahren, als wir den<br />

Tolar eingeführt haben.“<br />

Über die Schattenseiten der „Euro“-Einführung<br />

will Nina Prešern von der Handelskammer<br />

nicht so gerne reden. „Ein bisschen sind<br />

die Preise angestiegen“, gibt sie zu. Dass dies<br />

im relativen Hochpreisland Slowenien ein<br />

Problem für den gerade im Aufschwung begriffenen<br />

Tourismus sein könnte, streitet sie<br />

ab. Stattdessen sprudelt aus ihr Brüsseler Neusprech:<br />

„Stabilität, Konkurrenzfähigkeit und<br />

budgetäre Disziplin sind mit dem Euro gestärkt<br />

worden. Jetzt dienen wir als Vorbild für<br />

Malta und die Slowakei, denen wir bei ihrer<br />

‚Euro‘-Einführung behilflich sein können.“<br />

Gorazd Drevensek von der EU-kritischen<br />

Plattform „Team“ sieht das anders: „Vor zehn<br />

Jahren waren wir mit unserer EU-Kritik noch<br />

ziemlich alleine, heute verstehen die Menschen<br />

zunehmend, dass die EU hauptsächlich<br />

für die slowenischen Eliten da ist, damit diese<br />

ihre machtpolitischen Ambitionen ausleben<br />

können. Es geht nur darum: wie kommt man<br />

an Geld und Macht? Eine europäische Idee ist<br />

nirgends zu sehen.“ Dementsprechend irreal<br />

gestaltete sich auch am 9.Mai der „Europatag“<br />

in Ljubljana. Die von der deutschen Ratspräsidentschaft<br />

übernommene Losung „50 Jahre<br />

Europa! 50 Jahre zusammen!“ dürfte den<br />

Veranstaltern gar nicht als Ironie aufgefallen<br />

sein, die Menschen sind zu den Feierlichkeiten<br />

nicht hingegangen. Wirtschaftsprofessor Jože<br />

Mencinger sieht jenseits der technischen Perfektion<br />

durchaus politische und ökonomische<br />

Nachteile der raschen EU- und „Euro“-Integration:<br />

„Ohne eigene Geldpolitik und mit<br />

sehr restriktiver Finanzpolitik kann eigentlich<br />

im Fall des kleinen Sloweniens in wirtschaftlicher<br />

Hinsicht von einem Land gar nicht mehr<br />

gesprochen werden, eher schon von einer Region.<br />

Aber das war bekannt, als man diesen Weg<br />

eingeschlagen hat.“ Die in der EU übliche fehlende<br />

nationale Selbstständigkeit hat Sloweniens<br />

Wirtschaft mehr getroffen als die anderer<br />

osteuropäischer Neulinge. Denn slowenisches<br />

Kapital hat als einziges in nennenswertem<br />

Umfang im Ausland investiert. Es war und<br />

ist vor allem auf dem Balkan aktiv, und es tat<br />

dies mit Zollpräferenzsystemen, die seit dem<br />

1. Januar 2004 der höheren EU-europäischen<br />

Ordnung wegen nicht mehr erlaubt sind.<br />

Eine südslawische Erfolgsgeschichte. Statistisch<br />

kann sich das kleine Land zwischen<br />

Adria und Alpen sehen lassen. Es hat seine<br />

Chance genützt, als reichste Republik Jugoslawiens<br />

die krisengeplagten südslawischen<br />

Nachbarn per Unabhängigkeitserklärung im<br />

Jahre 1991 abzuschütteln und sich auf vergleichsweise<br />

hohem Niveau in die Europäische<br />

Union einzuklinken. Dort rangiert Slowenien<br />

nach Wirtschaftsdaten gemessen zwar<br />

in der unteren Hälfte der mittlerweile 27 Länder<br />

umfassenden Gemeinschaft, jedoch eindeutig<br />

an der Spitze der Neumitglieder. Das<br />

Pro-Kopf-Einkommen im 1,9 Millionen EinwohnerInnen<br />

zählenden Land liegt mit der<br />

Indexzahl 84 nur knapp unter dem EU-25-<br />

Durchschnitt (=100). Vergleicht man die Zahl<br />

mit Polen (51), Ungarn (64) oder gar Bulgarien<br />

(32), so wird die Prosperität im Lande rasch<br />

deutlich. Und diese ist auch relativ gleich verteilt.<br />

„Die soziale Differenz entspricht in etwa<br />

EU-25-Durchschnitt<br />

povprečje EU-25ih<br />

Slowenien<br />

Slovenija<br />

jener, wie sie in skandinavischen Ländern üblich<br />

ist“, weiß Jože Mencinger von der Universität<br />

Ljubljana.<br />

Ungarn<br />

Madžarska<br />

Indexzahl des Pro-Kopf-Einkommens<br />

Polen<br />

Poljska<br />

Bulgarien<br />

Bolgarija<br />

Slowenien ist das einzige Land unter den neuen<br />

EU-Mitgliedern, bei dem der Kapitalexport<br />

den Kapitalimport übersteigt. Im Klartext:<br />

heimische Unternehmen sind auf Auslandsmärkten<br />

tätig. Genau dies hat Brüssel in den<br />

Jahren vor dem EU-Beitritt des Landes kritisiert,<br />

war doch die Erweiterung eigentlich für<br />

Marktzuwächse westeuropäischer Firmen gedacht<br />

gewesen. Schutzmaßnahmen der Regierungen<br />

in Ljubljana wie jene der Bevorzugung<br />

von einheimischen Eignern gegenüber ausländischen<br />

Investoren bei der Privatisierung haben<br />

im Land einen Mittelstand gestärkt, der<br />

freilich bereits im titoistischen Jugoslawien<br />

grundgelegt war. Ein Ausverkauf nationaler<br />

Wirtschaftskraft fand nicht statt. Im Gegenteil:<br />

jede Privatisierungsaktion hat per gesetzlichem<br />

Beschluss 20% der Investitionssumme<br />

in staatliche Fonds gelenkt, wovon je 10% in<br />

den Renten- und 10% in den Restitutionsfonds<br />

gewandert sind. Auf diese Weise hat der<br />

Staat im Moment des Verkaufs an Private Eigentumsanteile<br />

an Unternehmen erworben,<br />

die zuvor in Arbeiterselbstverwaltung gewesen<br />

waren.<br />

Genau jene staatlichen Anteile sind in den<br />

vergangenen Monaten mehr und mehr zum<br />

innenpolitischen Zankapfel geworden. Denn<br />

die Regierung von Janez Janša ist daran gegangen,<br />

diese Fondsanteile zu bündeln und<br />

in der Folge damit politisch zu intervenieren.<br />

Der größte diesbezügliche Coup ist mit dem<br />

Kauf der bekanntesten slowenischen Tageszeitung<br />

„Delo“ durch die Brauerei „Laško“<br />

gelungen. Die Regierung Janša hatte die An-<br />

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