Winter/zima 2007/2008 - Pavelhaus
Winter/zima 2007/2008 - Pavelhaus
Winter/zima 2007/2008 - Pavelhaus
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Synagoge von Maribor<br />
Synagoge von Maribor<br />
∙∙<br />
te bzw. Mitte des 15. Jahrhunderts statt<br />
und hinterließ die am besten erkennbaren<br />
bauarchitektonischen Merkmale – Konsolen,<br />
Schlusssteine, Rippengewölbe, Portale;<br />
sie kann ganz rekonstruiert werden;<br />
die vierte Bauphase ist die Phase der Allerheiligenkirche,<br />
deren einziger sichtbarer<br />
Überrest das Fenster mit den Namen der<br />
Stifter in der nördlichen Fassade ist, das<br />
der Renaissance zugeordnet werden kann.<br />
Dieses Fenster definiert zuverlässig den<br />
Stil der Umbauten, mit denen sich die anderen,<br />
stark gotisch geformten architektonischen<br />
Merkmale nicht verbinden lassen.<br />
Wegen der hier angeführten Tatsachen entschied<br />
man sich für eine Rekonstruktion des<br />
gesamten Gebäudes aus der Mitte des 15. Jahrhunderts<br />
mit allen Details, die während der<br />
Forschungsarbeiten gesammelt wurden 7 . Jedoch<br />
werden die Stimmen immer lauter, die<br />
gründlichere Forschungen und die archäologische<br />
Sondierung eines größeren Gebietes<br />
rund um die Synagoge verlangen, um präzise<br />
Angaben von der Bad- und Friedhofsumgebung<br />
zu bekommen. Solche Maßnahmen erweckten<br />
vor kurzem äußerst großes Interesse in<br />
wissenschaftlichen Kreisen in Israel, entsprechende<br />
Initiativen wurden auch von den Vertretern<br />
des slowenischen Kulturministeriums<br />
und der Stadtgemeinde Maribor unterstützt.<br />
Interessant wären vor allem Sondierungsbefunde<br />
am Drauufer, da der genaue Standort<br />
des jüdischen Ritualbades derzeit noch unbekannt<br />
ist. Unbekannt ist auch der Umfang des<br />
7 Ibid., S. 169. Der Autor führt an, dass man sich ungeachtet älterer<br />
Spekulationen über das Alter des Gebäudes und die Baukontinuität<br />
der Mariborer Synagoge auf jene Funde beschränkt<br />
hatte, die Angaben über ihre Größe, ihr Erscheinungsbild und<br />
ihre architektonischen Elemente lieferten und sie als ein Objekt<br />
definierten, das in seiner heute dokumentierten Form zur Zeit<br />
der wirtschaftlichen und kulturellen Blüte der Mariborer Juden<br />
entstand, also Mitte des 15. Jahrhunderts.<br />
ersten jüdischen Friedhofs neben der Synagoge.<br />
Laut Religionsvorschriften darf der Friedhof<br />
nicht neben der Synagoge sein. Da aber der<br />
Platz im Ghetto beschränkt war, konnten Juden<br />
auf diese Vorschrift keine Rücksicht nehmen<br />
8 . Es gibt immer noch einige Unklarheiten<br />
bezüglich der Galerie in der Synagoge, die von<br />
den bisherigen Forschungen noch nicht geklärt<br />
werden konnten. Die Meinungen dazu<br />
weichen beträchtlich voneinander ab. Einige<br />
sind der Ansicht, dass der getrennte Galerienteil<br />
für die Frauen bestimmt war, doch<br />
dies kann nicht bewiesen werden. Nachdem<br />
die Juden deportiert worden waren, wurde das<br />
Gebäude der Mariborer Synagoge durch zahlreiche<br />
Veränderungen geprägt. In der Rolle der<br />
katholischen Kirche erbte die ehemalige Synagoge,<br />
bis die Reformen von Joseph II in Kraft<br />
traten, danach wurde sie samt der Kaplanerei<br />
der Armee übergeben. Die Sakristei wurde<br />
dem Religionsfonds zugeteilt, der sie aber bald<br />
weiterverkaufte. Die Armee benutzte das Gebäude<br />
bis 1811 als Lagerhaus, danach ging es<br />
in die Hände der Stadtbewohner über.<br />
Alten Veduten aus den Jahren 1795 und 1798<br />
zufolge kann angenommen werden, dass der<br />
Glockenturm erst nach dem Jahr 1800 zerstört<br />
wurde und dass das Gebäude erst danach<br />
seinen ersten Umbau erlebte. Bis zum Jahr<br />
1877 folgten noch einige Umbauten. In der<br />
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden<br />
die gotischen Gewölbe niedergerissen und in<br />
8 Vladimir Travner, Mariborski ghetto, in: Kronika slovenskih<br />
mest, 271935, S. 156. Der Autor führt an, dass der Mariborer<br />
Historiker R.G. Puff mehrere Grabsteine zu Gesicht bekommen<br />
hatte, unter ihnen auch den der Jüdin Rosel. In der ersten Hälfte<br />
des 20. Jahrhunderts gab es nur noch einige schlecht erhaltene<br />
Grabsteine mit der charakteristischen, oben abgerundeten Form<br />
der jüdischen Grabsteine. Im Regionalmuseum Maribor ist der<br />
Grabstein des Rabbiners Abraham erhalten geblieben, der am<br />
12. September 1379 starb. Der Grabstein wurde 1912 gefunden,<br />
als die Brücke über die Drau erbaut wurde.<br />
Rest eines jüdischen Grabsteins aus Maribor | Ostanek judovskega nagrobnika iz Maribora<br />
der oberen Etage Wohnungen eingerichtet 9 .<br />
Vor der Renovierung wurden detaillierte Pläne<br />
archäologischer Ausgrabungen, eine Aufnahme<br />
der Situation aus dem Jahr 1992 und<br />
andere Projekte ausgearbeitet. Der Vorschlag<br />
zur Renovierung des Gebäudes aus dem Jahr<br />
1994 beinhaltete auch einige Details, die Renovierung<br />
zog sich jedoch bis in das Jahr 1999<br />
hin. Die Renovierung war erfolgreich und<br />
wurde als gutes Beispiel für die Renovierung<br />
eines kulturellen und historischen Denkmals<br />
im alten Standkern bewertet. An diesem Projekt<br />
nahmen auch Experten aus Israel teil. Zur<br />
gleichen Zeit begann das Interesse an der geplanten<br />
Erforschung des mittelalterlichen<br />
Judentums langsam zu wachsen. Zu diesem<br />
9 Sinagoga Maribor, Ausstellungskatalog von Jakov Bararon, Maribor<br />
2003, S. 30.<br />
Zweck fanden im Jahr 1997 eine dokumentarisch-historische<br />
Gelegenheitsausstellung<br />
im Regionalarchiv und ein wissenschaftliches<br />
Symposium statt, das in Maribor vom Regionalarchiv<br />
und der Abteilung für Geschichte<br />
an der Pädagogischen Fakultät Maribor organisiert<br />
wurde. Weiters wurden zahlreiche<br />
wissenschaftliche Ergebnisse und Dokumente<br />
präsentiert, die die Macht und den Einfluss<br />
der Mariborer jüdischen Gemeinde im größeren<br />
Umfeld bestätigten. In dieser Stadt an der<br />
Drau standen vor allem Angaben über die jüdischen<br />
Wirtschafts-, Handels- und Geldaktivitäten<br />
im Vordergrund. Weniger gesprochen<br />
wurde über den Bereich des gesellschaftlichen,<br />
alltäglichen und insbesondere religiösen und<br />
geistigen Lebens der Juden von Maribor. Auf<br />
Janez Premk, Archiv des Kulturzentrums Sinagoga Maribor | arhiv KC Sinagoga Maribor<br />
138<br />
139