Winter/zima 2007/2008 - Pavelhaus
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Und immer wieder das deutsche Bollwerk<br />
Generell ist Vorsicht bei der Auswertung<br />
prozentualer Angaben geboten, wurde<br />
doch die Nationalitätenstatistik als<br />
Machtinstrument eingesetzt, bei der<br />
Erfassung die dominante Sprache<br />
bevorzugt und daher das in den Haushalten<br />
beschäftigte und wohnhafte<br />
Dienstpersonal aller Wahrscheinlichkeit<br />
nach zu den Deutschen gezählt.<br />
Schließlich erhielten 1901 die Grazer<br />
Volkszählungskommissäre die Weisung,<br />
bei slowenisch sprechenden Personen,<br />
die ein öffentliches Amt bekleideten,<br />
unter der Rubrik „Umgangssprache“<br />
Deutsch einzutragen …<br />
Und immer wieder das deutsche Bollwerk<br />
Graz und die slowenischen SteirerInnen. Ein Überblick<br />
Gerhard M. Dienes<br />
„Der Charakter des gemeinen Grätzers hat übrigens manche Züge, die auf Verbindung mit slawischen<br />
Elementen hinweisen. Bei der Arbeit langsam, im Handeln bedächtig, ist er gegen Fremde<br />
minder zuvorkommend und allen abhold, erst wenn es vollkommen gelungen ist, gewinnt dieses<br />
aber nur langsam seinen Beifall. Ihm ist eine große Freundlichkeit eben auch nicht zu eigen, zum<br />
Gruße entschließt er sich nur schwer, es sei denn, dass die ihm begegnende Person von Einfluss<br />
auf sein Geschick wäre. Große Reinlichkeit ist bei den unteren Volksclassen gewöhnlich nicht zu<br />
treffen.“ 1<br />
Diese Bemerkungen Gustav Schreiners aus dem Jahre 1843 fallen in eine Zeit, als der nationale<br />
Gedanke die traditionellen ständischen Ordnungen allmählich zu ersetzen begann.<br />
Die Steiermark sah sich zusehends als deutsches Land:<br />
„Wo noch deutsches Wort<br />
Und ein Handschlag gilt […]“<br />
heißt es in der 6. Strophe des von Franz Jakob Dirnböck 1844 für die Landwirtschaftsgesellschaft<br />
getexteten und durch Ludwig Karl Seydler vertonten Liedes „Hoch vom Dachstein an“, das zur<br />
steirischen Hymne avancierte, in der das Land auch heute noch bis an „Sav“ und „Drav“ reicht. 2<br />
Graz erlebte nach 1848 eine Bevölkerungsexplosion und war auf dem Weg zur Großstadt, in<br />
der William H. Hubbard eine starke Repräsentanz von Nicht-Steirern in den führenden Gesellschaftsschichten<br />
ortet. Politisch war diese Führungsschicht stark deutschnational gesinnt, was die<br />
Sympathien der Grazer Bevölkerung für das deutsche Volkstum verstärkte. 3<br />
1 Gustav Schreiner: Grätz. Ein naturhistorisch-statistisch-topographisches Gemählde dieser Stadt und ihrer Umgebung, Graz 1843, S. 408.<br />
2 Vgl. den Abdruck aller Strophen in: Walter Zitzenbacher: Das große Steiermark-Buch, o. O., o. J., o. S.<br />
3 William H. Hubbard: Auf dem Weg zur Großstadt. Eine Sozialgeschichte der Stadt Graz. 1850-1914 (Sozial- und wirtschaftsgeschichtliche<br />
Studien. Hg. von Herbert Knittler und Michael Mitterauer, Bd. 17), Wien 1984, S. 32, 41f.<br />
Gerhard M. Dienes<br />
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