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Winter/zima 2007/2008 - Pavelhaus

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Bojan Adamič – Fotopoet und Traditionsforscher<br />

Bojan Adamič – Fotopoet und Traditionsforscher<br />

zweifelsohne ein Symbol des „verbotenen“ Jazz<br />

war, der Musikrichtung, die damals in Slowenien<br />

Musik aus einer „anderen Welt“ bedeutete,<br />

den personifizierten amerikanischen Freigeist.<br />

Und Adamič liebte den Jazz. Weil für ihn<br />

in der Musik alles eine Herausforderung war,<br />

was neu oder anders war, was noch niemand<br />

zuvor ausprobiert hatte oder was in einer bestimmten<br />

Zeit auch als provokativ, unpassend<br />

oder sogar unsittlich galt. Doch nur für andere,<br />

nicht für Bojan Adamič, für irgendwelche<br />

Normen, nicht aber für die Musik als Kunst.<br />

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg gründete<br />

er sein kleines Orchester namens „Broadway“.<br />

Gespielt wurde meist in den damaligen<br />

Modeurlaubsorten: Rogaška Slatina, Dobrna,<br />

Kaštel, Stari bei Split usw. In den ersten Jahren<br />

der Okkupation, zwischen 1941 und 1943, trat<br />

er mit seinem Tanzorchester noch in Ljubljana<br />

auf, dann schloss er sich den Partisanen an.<br />

Die Musik begleitete ihn überall. 1944 gründete<br />

er zusammen mit Drago Lorbek in Bela<br />

Krajina (Weißkrain) die erste Partisanen-Blaskapelle.<br />

Während der Kriegszeit schuf er auch<br />

die ersten hochwertigen Stücke im Bereich des<br />

sogenannten Partisanenopus.<br />

Obwohl ihn der Jazz schon vor dem Zweiten<br />

Weltkrieg geprägt hatte, war er doch unter<br />

den Pionieren dieser Musikrichtung in Slowenien,<br />

gründete er „erst“ nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg das professionelle Tanzorchester<br />

A. Gačnik<br />

RTV Ljubljana (heute Big Band RTV Slovenija),<br />

war von 1945 bis 1980 dessen Dirigent und<br />

führte es an die europäische Spitze. Außerdem<br />

leitete und dirigierte er auch zahlreiche Orchester<br />

in ganz Europa.<br />

Adamič wurde Begründer und Visionär der<br />

slowenischen Unterhaltungsmusik, des Schlagers<br />

und Chansons. Im Zentrum seines Schaffens<br />

standen aber auch Film- und Bühnenmusik.<br />

Er war unter anderem Autor der Musik<br />

zu mehr als 200 Filmen aus slowenischer und<br />

internationaler Produktion. Bis an sein Lebensende<br />

blieb er neugierig, schöpferisch tätig,<br />

innovativ, originell, der Musik verfallen,<br />

unabhängig davon, um welche Genres oder<br />

Formen es sich handelte. Verschiedene schöpferische<br />

Zugänge und „unmögliche“ Instrumentenkombinationen<br />

wurden zum Markenzeichen<br />

seines musikalischen Schaffens.<br />

Sein unveröffentlichtes Musikopus erreicht<br />

Dimensionen, die über das Leben eines einzigen<br />

Menschen hinausgehen. Im Jahr 1995<br />

schuf er sein letztes Musikstück für den Kurzfilm<br />

„Stumme Bilder des slowenischen Films“<br />

(Originaltitel: „Neme podobe slovenskega filma“).<br />

All dies weist auf die unglaubliche Schaffensenergie<br />

und die Größe Bojan Adamič‘ hin.<br />

Seine Freunde erinnern sich an ihn als einen<br />

Menschen, der unglaublich schnell dachte und<br />

arbeitete, er mochte schnelle Autos, in seiner<br />

Jugend war er Segelflieger, er liebte das Leben<br />

und alles, was neu war und für ihn eine<br />

Herausforderung auf verschiedenen Gebieten<br />

darstellte. Für sein vielfältiges musikalisches<br />

Wirken erhielt er zahlreiche Anerkennungen<br />

und Preise, unter anderem den bedeutendsten<br />

Kulturpreis in Slowenien, den Prešeren-Preis,<br />

für sein Lebenswerk (1979).<br />

Auf der anderen Seite der Geschichte Bojan<br />

Adamič‘ steht die Fotografie. Nein. Sie steht<br />

auf derselben Seite. Sie ist mit der Musik verbunden.<br />

Doch sie blieb lange Zeit verborgen<br />

und unbekannt. Vielleicht lassen sich im Bild<br />

der mächtigen slowenischen Perchten (Kurent),<br />

in ihrer „Unfassbarkeit“, Mythologie und<br />

Symbolik, Parallelen und Vergleiche mit dem<br />

Leben und Wirken von Bojan Adamič finden,<br />

mit seiner Vitalität und unversiegbaren schöpferischen<br />

Energie. Mit seiner Arbeit und seinem<br />

Leben überschritt er die Zeit von seiner<br />

Geburt bis zu seinem Tod, trat in Räume ein,<br />

von Nord bis Süd, von Ost bis West, umging<br />

Grenzen zwischen Professionalität und Amateurhaftigkeit,<br />

lebte Musik und liebte die Fotografie.<br />

Ganz einfach, er wurde ein Mensch<br />

für alle Zeiten.<br />

Fotografische Revitalisierung heidnischer<br />

Maskentraditionen. 7 Bojan Adamič wurde als<br />

Komponist und Dirigent stark von der heidnischen<br />

Kultur angezogen bzw. von traditionellen<br />

Masken als Relikten des Heidentums,<br />

in denen sich bis zu einem gewissen Grad bis<br />

heute viele solche Aspekte erhalten haben. Mit<br />

Masken ließ er seiner Fantasie freien Lauf, die<br />

Faschingsumzüge erfüllten ihn mit einem Gefühl<br />

von Freiheit, die Perchten kennzeichnen<br />

den Ausbruch aus <strong>Winter</strong> und Dunkelheit,<br />

aus Langeweile und Apathie.<br />

Bojan Adamič war auch ein großer Kenner<br />

und Liebhaber der Kunst, von erstklassiger,<br />

neuester Technik und Technologie; experimentelle<br />

und innovative Experimente interessierten<br />

ihn, was er 1994 mit folgender Aussa-<br />

7 Mehr über Adamič‘ Fotografie in: Gačnik, Aleš; Adamičeve<br />

fotografije mask med muzealizirano realnostjo in fantazijo;<br />

in: Zven maske / Fotografske mojstrovine Bojana Adamiča, S.<br />

13-42.<br />

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