Winter/zima 2007/2008 - Pavelhaus
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Synagoge von Maribor<br />
Synagoge von Maribor<br />
Die jüdische Kultstätte war somit schlicht und<br />
klein, obwohl sie zu den wichtigsten im Land<br />
gehörte 3 .<br />
Die Mariborer Synagoge war das einzige urkundlich<br />
bezeugte und inhaltlich definierte<br />
Gebäude im mittelalterlichen jüdischen<br />
Ghetto der Stadt Maribor. Wegen ihrer Baufluchtlinie<br />
war sie bereits zu ihrer Zeit ein außergewöhnliches<br />
Gebäude im Sinne einer detaillierten<br />
Wohnarchitektur. Auch wenn sie<br />
durch spätere Ornamentik etwas vergrößert<br />
wurde, wäre die Synagoge wegen der unverhältnismäßig<br />
größeren Baufluchtlinien der<br />
aus dem 20. Jahrhundert stammenden Gebäude<br />
möglicherweise im Hintergrund, in der<br />
Stadtsilhouette, aufgegangen, doch dank ihrer<br />
Lage an der Südmauer ist sie eines der herausragenden<br />
Merkmale des alten Stadtkerns<br />
geblieben. Dies gilt auch für die Ansicht von<br />
Süden, wo man mit einem Blick über die Drau<br />
erkennen kann, wie sich das Gebäude der ehemaligen<br />
Synagoge auf drei prächtige Grundpfeiler<br />
stützt, die auf einen ehemaligen, aus<br />
zwei gotischen Gewölbefeldern geformten<br />
3 Vladimir Travner, Mariborski ghetto, Kronika slovenskih mest,<br />
2/1935, S. 154–159. Der Autor führt an, dass der Innenraum<br />
der Synagoge den uralten Vorschriften entsprochen hat und dass<br />
Richtung Westen in einem separaten Raum eine mit einem wertvollen<br />
Teppich bedeckte Truhe mit den Büchern Moses stand,<br />
neben ihr noch ein siebenarmiger Leuchter (Kerzenleuchter). Es<br />
gab noch einen separaten, abgegrenzten Raum für Frauen. Die<br />
Synagoge war ohne Ornamente, vor allem ohne Bilder. Die Kultstätte<br />
diente auch als ein Platz für die Abwicklung von Geschäften,<br />
für den Religionsunterricht und Gerichtsdebatten. Von<br />
der Tatsache, dass in der Synagoge auch Geschäfte abgewickelt<br />
wurden, berichtet der Akademiker Dr. Jože Mlinarič, der bekannteste<br />
Kenner der mittelalterlichen Judengeschichte in Maribor,<br />
der hinzufügt, dass die Mariborer Synagoge zum ersten<br />
Mal bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts urkundlich<br />
nachgewiesen wurde (vgl. Dr. Jože Mlinarič, Usodni 6. januar<br />
1497, Mariborski Judje v zadnjih desetletjih pred izgonom,<br />
njihov izgon pred 500 leti in njihovi sledovi, Tageszeitung Večer,<br />
1997, vom 24. 10. 1997, wo er berichtet, dass es in der Synagoge<br />
auch eine Schule gab und dass aus einem Dokument von 1429<br />
ersichtlich ist, dass Juden in der Synagoge auch Rechtsgeschäfte<br />
tätigten. Damals erklärten Isaher, der Sohn von Matesia, und<br />
Abraham, der Sohn von Jakob, dass Gregor Schurff „in der stat<br />
Marpurg in der sinagog“ (in der Mariborer Synagoge) eine Sache<br />
mit den auf seinen Vater Mihael und Cousin Jurij genannten<br />
Schuld- und anderen Briefen verlautbarte).<br />
Innenraum weisen. Aus nördlicher Richtung<br />
betrachtet sieht die Lage der ehemaligen Synagoge<br />
jedoch völlig anders aus. Vor ihrer Renovierung<br />
(1992-1994) war ihr Aussehen den<br />
benachbarten Gebäuden angeglichen. Das<br />
Parterregebäude zwischen der ehemaligen Sakristei<br />
auf der westlichen und dem Wohnungsanbau<br />
auf der östlichen Seite war ziemlich<br />
unauffällig, lediglich das unverhältnismäßig<br />
hohe Dach wies auf ihre ältere Herkunft hin.<br />
Auf der östlichen Seite befand sich zwischen<br />
dem Anbau und dem Wehrturm ein Gemüsegarten.<br />
Dass dieser Raum zwischen der ehemaligen<br />
Synagoge und dem Wehrturm eventuell<br />
eine Sonderbedeutung hatte, darauf verweisen<br />
lediglich ein konkav gewölbtes Gebäudeeck<br />
und ein Ansatz des Portalbogens 4 . Auf die ehemalige<br />
Funktion des Gebäudes wiesen zwei in<br />
die Fassade eingebaute und im gotischen Stil<br />
geformte Schlusssteine hin, von denen einer<br />
mit einem charakteristisch jüdischen Traubensymbol<br />
verziert war. Die umfassenden Forschungen,<br />
die vor Beginn der gesamten Renovierung<br />
durchgeführt wurden, bestätigten die<br />
Vermutungen, dass das Gebäude der ehemaligen<br />
Synagoge in mehreren Bauphasen erbaut<br />
worden war. Das Niveau der ehemaligen Synagoge<br />
wurde durch archäologische Forschungen<br />
definiert und es wurde festgestellt, dass man<br />
zur Schwelle des Portals drei Treppen hinauf<br />
und dann drei Treppen hinunter gehen musste,<br />
um den Raum der ehemaligen Synagoge<br />
zu betreten. Es wurden nämlich zwei Portale<br />
entdeckt; eines, das aus dem Vorraum in den<br />
Raum der ehemaligen Synagoge führte, und<br />
ein zweites, in der Nordwand des westlichen<br />
Anbaus, in einem Raum, der in einer älteren<br />
4 Janez Mikuž, Nekdanja židovska četrt in nekdanja sinagoga v<br />
Mariboru, in: Judovski zbornik, ČZN 1–2, Maribor 2000, S.<br />
162.<br />
Die Synagoge von Maribor nach der Restaurierung |<br />
Sinagoga v Mariboru po obnovi<br />
Bauperiode noch nicht überdacht war 5 . Hier<br />
gab es wahrscheinlich eine Verbindung zwischen<br />
der oberen und unteren Terrasse sowie<br />
auch einen Zugang zum Tempelbad. Von der<br />
Tatsache, dass es sich bei diesem Ort um ein<br />
sehr altes Bauwerk handelt, zeugen zwei romanische<br />
Fenster im Gebäude, die sich westlich<br />
der ehemaligen Synagoge befinden. Das Portal,<br />
vor dem eine gewölbte Bude stand, befindet<br />
sich etwas mehr als einen Meter oberhalb<br />
des Niveaus der ehemaligen Synagoge. Dies<br />
weist auf stark veränderte Raumcharakteristika<br />
der ehemaligen Synagoge hin. Wann und<br />
warum diese Änderungen entstanden sind,<br />
konnte bisher noch nicht festgestellt werden 6 .<br />
5 Ibid., der Autor fügt hinzu, dass Antworten auf die Fragen nach<br />
der Geschichte des Gebäudes dem Buch von Rudolf Gustav<br />
Puff: Marburg in Steiermark, seine Umgebung, Bewohner und<br />
Geschichte, Graz 1847, Band I, zu entnehmen sind. Außerdem<br />
spricht der Autor von einem Ritualbad, das bereits aus der Literatur<br />
bekannt ist und sich unterhalb der Mauer auf der Höhe der<br />
Drau befunden haben soll (n.d., S. 46).<br />
6 Ibid., S. 166. Der entscheidende Wendepunkt für die Veränderungen<br />
des Gebäudegebrauches war zweifellos die Ausweisung<br />
Detail aus dem Inneren der restaurierten<br />
Synagoge in Maribor | Detajl iz notranjsoti<br />
obnovljene sinagoge v Mariboru<br />
Charakteristisch sind folgende Bauphasen der<br />
ehemaligen Synagoge:<br />
∙∙ die romanische Phase des Kultraumes hinterließ<br />
nur in den Substrukturen ihre Spuren;<br />
aufgrund sekundärer Funde kann man<br />
auf das späte 13. Jahrhundert schließen;<br />
∙∙ die zweite Bauphase, die aufgrund gefundener<br />
Spolien in das späte 14. Jahrhundert<br />
datiert werden kann, hinterließ in der Bausubstanz<br />
keine feststellbaren Spuren;<br />
∙∙ die dritte Bauphase fand in der ersten Hälf-<br />
der Juden aus Maribor im Jahr 1496. Die Frist, bis zu der Juden<br />
die Stadt verlassen mussten, war der 6. Januar 1497. Ein Teil der<br />
Juden von Maribor zog in die Städte in der nördlichen oder sogar<br />
südlichen Adria und auf das Gebiet der Venezianischen Republik<br />
um. Die Juden von Maribor wurden im italienischen Umfeld<br />
Morpurgo benannt. Diese Bezeichnung ist in einigen Gebieten<br />
noch heute erhalten geblieben. Interessant ist auch, dass<br />
die Mitglieder der Mariborer Judengemeinde ihren Grundbesitz<br />
in dem Viertel auch noch am 1. und 2. Januar 1497 zum Verkauf<br />
anboten. Unter den Käufern waren auch die reichen Mariborer<br />
Bewohner, wie etwa Bernardin Druckher, der unter anderem<br />
auch die Synagoge mit dem dazugehörigen Grundbesitz kaufte<br />
und mithilfe seiner Frau Barbara den Judentempel in die Allerheiligenkirche<br />
umfunktionierte (vgl. Jože Mlinarič, Judje na slovenskem<br />
Štajerskem do njihove prisilne izselitve v letu 1496, in:<br />
Judovski zbornik, ČZN 1–2/2000, S. 69–70).<br />
Janez Premk, Archiv des Kulturzentrums Sinagoga Maribor| arhiv KC Sinagoga Maribor (2)<br />
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