bibliotheks - Staatsbibliothek zu Berlin
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und Monaten für Reformen und Reisefreiheit<br />
in der DDR auf den Straßen demonstriert<br />
hatten. Die Zeitungen in Ost<br />
und West haben wie kein anderes Massenmedium<br />
dieses Ereignis dokumentiert.<br />
Die „BILD“, Deutschlands prominentestes<br />
Boulevard-Blatt, hatte aber einen<br />
eher schlechten Tag: Die Schlagzeile<br />
„Geschafft! Die Mauer ist offen“ in Verbindung<br />
mit einem kleinen Bildchen von<br />
einem einsamen Jubler an der Oberbaumbrücke<br />
ist nicht sonderlich sensationell.<br />
Anders die „B.Z.“, West-<strong>Berlin</strong>s<br />
größtes Boulevard-Blatt, die es so richtig<br />
krachen lässt: „Die Mauer ist weg! <strong>Berlin</strong><br />
ist wieder <strong>Berlin</strong>!“ und am 11. November<br />
noch einmal nachlegt: „Wir danken alle<br />
Gott!“<br />
Die links-orientierte „TAZ“ schreibt dagegen<br />
am 10. November: „Ein historischer<br />
Tag: DDR öffnet die Mauer“. Bezeichnend<br />
für die „TAZ“, dass die Mauer<br />
nicht durch den Mut und den Druck des<br />
Volkes fiel, sondern auf Grund eines Beschlusses<br />
der DDR-Regierung. Noch auf<br />
derselben Seite äußert sie sich unter der<br />
Überschrift „Kohl im Nebel“ despektierlich<br />
<strong>zu</strong>m Besuch des damaligen Bundeskanzlers<br />
in Warschau und tritt am Samstag,<br />
den 11. November, noch einmal<br />
nach: „Die Mauer tritt <strong>zu</strong>rück – wann<br />
geht Kohl?“<br />
Der West-<strong>Berlin</strong>er „Tagesspiegel“ erscheint<br />
am Freitag, dem 10. November<br />
mit einem Extrablatt. Auf der Titelseite<br />
die Schlagzeile „Die Nacht der offenen<br />
Grenzen in <strong>Berlin</strong>“ darunter ein einziges,<br />
riesiges Bild von der <strong>Berlin</strong>er Mauer am<br />
Brandenburger Tor.<br />
Ganz und gar nicht euphorisch die Reaktionen<br />
in Ost-<strong>Berlin</strong>. Erste Berichte erscheinen<br />
erst am 11. November. Das<br />
„Neue Deutschland“ bringt auf der Titelseite<br />
einen Artikel <strong>zu</strong>r Grenzöffnung mit<br />
der Überschrift: „Innenminister Friedrich<br />
Dickel <strong>zu</strong> den neuen Reiseregelungen“<br />
mit einem Bild vom Grenzübergang Invalidenstraße<br />
in <strong>Berlin</strong>-Mitte und der Bildunterschrift<br />
„Viel Verkehr an Grenzpunkten“.<br />
Dann auf der letzten Seite dieser<br />
Ausgabe weitere ausführliche Berichte<br />
<strong>zu</strong>r Nacht vom 9. auf den 10. November.<br />
Die Bilder zeigen dicht gedrängte<br />
Menschen ohne Pathos, ohne Euphorie<br />
oder Jubelposen. Dafür erfährt der Leser<br />
in einem kleinen Artikel, dass „nur noch<br />
wenige für immer aus der DDR weg wollen“.<br />
Die „Junge Welt“ (Organ des Zentralrats<br />
der FDJ) wertet in ihrer <strong>Berlin</strong>-Ausgabe<br />
vom 11./12. November die Öffnung der<br />
Grenzen als Erfolg der neuen Regierung<br />
unter Egon Krenz und sorgt sich vor<br />
allem, dass die neue Reisefreiheit („Die<br />
BIbliotheks<br />
m agazin<br />
BZ, 11. November 1989, S. 1<br />
<strong>Berlin</strong>er Morgenpost, 11. November<br />
1989, S. 1<br />
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