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bibliotheks - Staatsbibliothek zu Berlin

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72<br />

BIbliotheks<br />

m agazin<br />

Alexander Fiebig<br />

ist stellvertretender Leiter<br />

der Zeitungsabteilung<br />

BERLIN – EINE ZEITUNGSSTADT?<br />

In den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts,<br />

die nicht nur die „Goldenen Zwanziger“,<br />

sondern auch eine Zeit großer<br />

politischer Auseinanderset<strong>zu</strong>ngen waren,<br />

war die <strong>Berlin</strong>er Kochstraße für den<br />

europäischen Kontinent, was die Fleet<br />

Street in Großbritannien noch immer im<br />

Bewusstsein vieler Menschen ist – das<br />

Zentrum eines bedeutenden Zeitungsstandortes.<br />

Bis <strong>zu</strong> 140 Zeitungstitel wurden<br />

<strong>zu</strong> dieser Zeit in <strong>Berlin</strong> herausgegeben,<br />

so berühmte Titel wie „Vossische<br />

Zeitung“ und „<strong>Berlin</strong>er Tageblatt“,<br />

Abendzeitungen, Morgenzeitungen, „B.Z.<br />

am Mittag“ und „12-Uhr-Blatt“, die <strong>zu</strong>m<br />

Boulevard gehörten, die linke Presse<br />

„Welt am Abend“, „Rote Fahne“, „<strong>Berlin</strong><br />

am Morgen“, die SPD-Zeitung „Vorwärts“,<br />

die großen liberalen Blätter, die<br />

die Mehrheit der <strong>Berlin</strong>er Zeitungen bildeten,<br />

<strong>zu</strong> denen die beiden erstgenannten<br />

Titel, aber auch die gesamte Ullsteinpresse,<br />

angeführt von der „<strong>Berlin</strong>er<br />

Morgenpost“ gehörten. Populistisch mit<br />

rechter Tendenz waren die Zeitungen<br />

des Scherl-Verlages, davon am bekannte-<br />

sten der „<strong>Berlin</strong>er Lokalanzeiger“; rechts<br />

wurde das politische Spektrum ergänzt<br />

durch die konservative „Kreuz-Zeitung“,<br />

die immer noch dem Kaiser nachtrauerte,<br />

die extrem rechten Zeitungen „Fridericus“<br />

und „Der Jungdeutsche“, aber<br />

auch die nationalkonservativen Titel wie<br />

„Deutsche Tageszeitung“, „Deutsche<br />

Warte“ und die recht anspruchsvolle und<br />

lesenswerte „<strong>Berlin</strong>er Börsen-Zeitung“.<br />

Rechtsaußen erstarkte der von Joseph<br />

Goebbels herausgegebene „Angriff“.<br />

Selbst für eine Welt ohne Rundfunk (bis<br />

1923) und ohne Fernsehen ist der zahlenmäßige<br />

Umfang der <strong>Berlin</strong>er Meinungspresse<br />

erstaunlich, denn andere große<br />

deutsche Städte kommen mit einer viel<br />

geringeren Titelzahl aus. (1927: München<br />

17, Hamburg 16 und Frankfurt 14 Titel).<br />

Auch dort finden sich natürlich bedeutende,<br />

auch überregionale Titel, wie die<br />

„Frankfurter Zeitung“, die den besten<br />

<strong>Berlin</strong>er Zeitungen durchaus ebenbürtig<br />

ist und die „Kölnische Zeitung“.<br />

In <strong>Berlin</strong> ist es auch nicht der Hauptstadtbonus,<br />

wie in Paris oder London,<br />

der <strong>zu</strong> dieser Medienhäufung führt, denn<br />

gerade im Druck- und Zeitungswesen<br />

gibt es in Deutschland sehr viele wichtige<br />

Verlagsorte, wie Hamburg, Augsburg,<br />

München und Dresden.<br />

Aber <strong>Berlin</strong> scheint eine gewisse Affinität<br />

<strong>zu</strong> Zeitungen <strong>zu</strong> haben. Zu Beginn des<br />

Zeitungswesens im Anfang des 17. Jahr-

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