bibliotheks - Staatsbibliothek zu Berlin
bibliotheks - Staatsbibliothek zu Berlin
bibliotheks - Staatsbibliothek zu Berlin
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
78<br />
BIbliotheks<br />
m agazin<br />
Birte Timmermann<br />
ist Mitarbeiterin im Referat<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Lupe oder Handy? Personifikation<br />
der Bibliotheksstadt London in der<br />
Charlottenstraße<br />
Sempés über die Lippen kam. Der große<br />
Dirigent zählte, wie viele andere Musiker,<br />
<strong>zu</strong> dessen Verehrern und Sammlern<br />
und bezeichnete ihn „als Genie der Komik,<br />
das uns die unschätzbare Gabe<br />
schenkt, unseren feierlichen Ernst mit<br />
der Gnade des Humors <strong>zu</strong> erlösen“.<br />
Der Diogenes Verlag, der mit Sempé seit<br />
Jahrzehnten eng verbunden ist, brachte<br />
<strong>zu</strong>r Münchner Ausstellung ein Katalog-<br />
EINE STÄDTEREISE<br />
buch mit 92 Abbildungen und einem Vorwort<br />
von Patrick Süskind heraus. Natürlich<br />
waren die Zeichnungen im Fürstensaal<br />
auch eine willkommene Ablenkung<br />
für viele in der Bayerischen <strong>Staatsbibliothek</strong><br />
arbeitende Examenskandidaten,<br />
Wissenschaftler und Dauerbenützer des<br />
Lesesaals, die sich durch Sempés liebenswerte<br />
Figuren oftmals in deren Erkenntnis<br />
bestätigt sahen: „Rien n’est simple“.<br />
Der Fassadenschmuck des Hauses Unter den Linden<br />
Man muss den Blick, steht man vor dem<br />
Haus Unter den Linden, schon steil nach<br />
oben richten, um die ehrwürdigen steinernen<br />
Gestalten wahr<strong>zu</strong>nehmen, die<br />
rechts und links der hohen Fenster auf<br />
den Pfeilern der Balkone im II. Obergeschoss<br />
thronen. Sie neigen gebieterisch<br />
ihr Haupt <strong>zu</strong> uns herab oder schauen<br />
sinnierend in die Ferne, sie sind in ihre<br />
Lektüre vertieft, sie deklamieren und<br />
dozieren. 28 an der Zahl – wurden sie<br />
geschaffen von einem knappen Dutzend<br />
bedeutender Steinbildhauer der wilhelminischen<br />
Zeit.<br />
STÄDTE UND DISZIPLINEN<br />
ALS STEINERNE LESER<br />
An Attributen wie Stadtwappen oder<br />
Kopfbedeckungen zwar mitunter erkennbar,<br />
bleibt die Bedeutung der meisten<br />
Figuren dem unbedarften Flaneur gleichwohl<br />
oft verborgen. Warum sollte er<br />
auch nicht seinen Assoziationen freien<br />
Lauf lassen? Er betrachtet etwa die zweite<br />
Figur rechts des Hauptrisalites an der<br />
Charlottenstraße und meint vielleicht im<br />
ersten Moment einen Leser in antiker<br />
Robe <strong>zu</strong> sehen, der gerade eine SMS in<br />
sein Handy tippt. Erst auf den zweiten<br />
Blick erkennt er, dass der Leser nichts<br />
anderes als eine Lupe in der Hand halten<br />
kann, mit der er konzentriert ein Buch<br />
liest. Dass die Skulptur darüber hinaus<br />
aber eine Personifikation der Bibliotheksstadt<br />
London darstellt, ahnen sicher die<br />
wenigsten.<br />
Bei den vier Sitzfiguren an der Fassade<br />
Unter den Linden handelt es sich hingegen<br />
um Personifikationen der Wissenschaften:<br />
Auf das Gebäude schauend sind