J ... I - Digitale Bibliothek Braunschweig
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
des öfteren bei Ihrer jüngeren Schwester Luise Wiedemann zu Gast war. Caroline hatte<br />
1796 in <strong>Braunschweig</strong> August Wilhe1m Schlegel geheiratet und damit ihren als ,Mainzer<br />
Revolutionärin' recht angeschlagenen Ruf wiederhergestellt. Auch sie wurde, wie es<br />
Sophie Mereau 1801 gelang, 1803 geschieden und konnte ihre dritte Ehe mit dem jungen<br />
Schelling eingehen, von dem es in Jena hieß, daß seine dilettantische ärztliche Behandlung<br />
am Tode der allgemein gdicbten Tochter Carolines aus erster Ehe, Auguste Böhmer, in<br />
Bad Bocklet (12. 7. 1800) schuld sei. Caroline demütigte Winkelmann in der <strong>Braunschweig</strong>er<br />
Gesellschaft, nannte ihn vor allem einen Lügner, dazu einen Prahler und "eine lästige<br />
Fliege" .IR) Auch auf ihre Äußerungen geht die Fehleinschätzung Winkel manns zurück, die<br />
sich durchsetzte, seit Georg Waitz 1871 ihre Briefe zuerst herausbrachte.<br />
Mit diesen beiden unheilvollen Feindschaften mußte der 21jährige von jetzt an rechnen.<br />
Mit Brentano kam es schon im Sommer 1801 in Göttingen zum Bruch: "Warum sollen<br />
wir uns verwunden und nicht verstehen?'(19) fragte Ende Oktober 1801 der lange noch versöhnliche<br />
Winkelmann, der auch, solange Brentano bat - bis Ostern 1803 - dessen<br />
anspruchsvollen Wünschen gefällig weiter nachkam.<br />
Dem böswilligen Einfluß von Caroline schrieben es Winkelmann und alle seine<br />
Freunde, auch Brentano, zu, daß Schelling eine niederschmetternd höhnische Besprechung<br />
von Winkelmanns wissenschaftlichem Erstling "Einleitung in die dynamische Physiologie"<br />
(Göttingen 1803) in seinem eigenen "kritischen Journal für Philosophie" erscheinen<br />
ließ. Joseph Gürn;s brachte in der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung eine<br />
Gegenrezension, in der er Winkelmann besonders gegenüber Schellings Vorwurf des Plagiates<br />
in Schutz nahm; auch Arnim bot aus der Ferne seine Hilfe an. 20 )<br />
Dabei sind Winkelmanns begeisterte Berichte an Savigny über Friedrich Schlegels<br />
Vorlesungen zur Transzendentalphilosophie, die sonst allgemein spöttisch beurteilt wurden,<br />
wissenschaftlich von hohem Wert; einzig dastehend sind seine knappen Wiedergaben<br />
aus Schlegels zweitem Kolleg "de officio philosophi" über die Bestimmung des Gelehrten,<br />
von dem bisher angenommen wurde, Schlegel habe es gar nicht gehalten, da keine Nachschriften<br />
davon vorlagen - so ist jetzt Winkelmanns von Bekannten und Freunden oft getadelter<br />
weitgreifender Wissensdrang auf das Schönste gerechtfertigt.<br />
Mit der Übersiedlung nach Göttingen zum Sommersemester 1801 begann für den<br />
21jährigen Winkclmann die eigene Vorlesungstätigkeit, zunächst in freien Vorträgen, da<br />
ihm sein Doktordiplom erst zu Ende des Semesters aus Jena zugestellt wurde - wohl weil<br />
er die Gebühr von 40 Reichstalern bislang nicht entrichtet hatte, ein Faktum, das ein<br />
Schlaglicht auf seine prekären finanziellen Verhältnisse wirft; er mußte vom Exzerpieren,<br />
von seiner Feder leben und war schwer verschuldet. Danach kündigte er wie üblich in den<br />
Göttingisehen Gelehrten Anzeigen seine Kollegs in der Philosophischen Fakultät an, er<br />
18) Schiegel-Schelling. Caroline "Caroline. Briefe aus der Frühromantik". Nach Georg<br />
Waitz verm. hrsg. v. Erich Schmidt, Leipzig 1913, Bd. 2, S. 6,106,126/27. Zum ganzen s. S./W.,<br />
S. 34f. (zitiert: Caro1ine "Briefe")<br />
19) S./W., S. 243 (Erstdruck)<br />
20) S./W., S. 151, 154 u. ö.; zu Arnim s. u. Anm. 32<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042616<br />
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