J ... I - Digitale Bibliothek Braunschweig
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suchte. Nach dem gleichen Zeugnis (des Dompredigers) bemühte sie sich unablässig, ihre<br />
geistigen Fähigkeiten zu vervollkommnen und sich durch eine tugendhafte, fromme und<br />
menschenfreundliche Lebensführung der von ihr erhofften und begehrten Bestimmung für<br />
die Ewigkeit schon im Diesseits würdig zu erweisen.<br />
Der Testamentstext fährt weiter fort mit einem Passus, der in einer Art Rechenschaft<br />
sowohl auf ihren geistigen Zustand wie auch auf ihre materiellen Verhältnisse Bezug<br />
nimmt. Philippine Charlotte versichert darin, zum Zeitpunkt der Testamentsabfassung bei<br />
guter Gesundheit und vollen gesammelten Verstandeskräften zu sein - was übrigens auch<br />
von den Deputierten des Stiftes St. Blasii bei Entgegennahme des Testamentes ausdrücklich<br />
vermerkt wurde - und über ihren gesamten Nachlaß, sowohl den, den sie der Gnade<br />
ihres Bruders, des hochseligen Königs zu verdanken habe als auch ihres eigenen selbst und<br />
frei nach eigenem Willen verfügen zu können. Diese ausdrückliche Erwähnung von - allerdings<br />
nicht näher präzisiertem - Nachlaßgut aus dem Besitze Friedrichs des Großen wirft<br />
die Frage auf nach der Beschaffenheit dieser der Herzogin durch den Tod ihres Bruders<br />
zugefallenen Erbschaft. Gemäß den vom König Friedrich 11. in seinem privaten Testament<br />
von 1769 9 ) festgelegten Erbteilen für seine noch lebenden Familienangehörigen erhielt<br />
seine <strong>Braunschweig</strong>er Schwester ein Barkapital von 50000 Ecus (1 Ecu = 1 Taler)lO), sein<br />
mit Weinlaub verziertes Silberservice aus Potsdam sowie eine Kutsche. Bei der Behandlung<br />
des von der Herzogin für ihren ältesten Sohn, Herzog Karl Wilhclm Ferdinand,<br />
bestimmten Nachlaßanteilcs wird darauf zurückzukommen sein.<br />
Was nun das eigene finanzielle Vermögen der Philippine Charlotte betrifft, so ist<br />
zunächst einmal festzuhalten, daß sie keine Schulden hinterließ. Schon dieser Tatbestand<br />
allein ist bemerkenswert - wenn man an die hohen Schulden ihres Mannes Herzog Karll.<br />
oder an die seines Bruders Herzog Ferdinand 11 ) - denkt. Bemerkenswerter wird dieses<br />
Faktum noch durch die Summe der im Testament vererbten bzw. legierten Gelder, die sich<br />
auf über 600000 Reichstaler belief! Der Erwerb eines derartig immensen Kapitals setzt<br />
doch wohl die Fähigkeit zu Ordnung, Maßhalten, klarem Denken und Rechnen voraus,<br />
und dieses Bild findet seine Bestätigung in den zahlreichen finanziellen Aktivitäten l2 ) der<br />
9) Das Teslament des Königs. IIrsg. von Fr. v. Oppeln-Bronikowski, Berlin 1925. Das<br />
Testament wird hier im Faksimile zum erstenmal vollständig veröffentlicht.<br />
10) F. Ve rde n haI ve n, Alte Maße, Münzen und Gewichte aus dem deutschen Sprachgehiet,<br />
190R, p. 2t.<br />
I I) Schon der herzogliche Leiharzt Dr. Urhan Brückmann erwähnte in seinen privaten Tagehuchaufzeichnungen<br />
(Nds. ST A Wolfenhüttel VI Hs 5 Nr. 21) die zerrüttete Finanzlage Herzog Ferdinands,<br />
in die dieser nach vorhergegangener Regulierung von neuem geraten sei und die auch nach<br />
Ferdinands Tod (1792) noch nicht wieder in Ordnung hätte gehracht werden können.<br />
Zu Brückmann s. F. Barnstorf, Dr. med. Urhan Friedrich Benedikt Brückmann (1728-1812) der<br />
Leiharzt dreier ßraunschwciger Herzöge, und seine Patienten. In: Brg. Jh. 53, 1972, p. 196-213.<br />
12) 1 Alt 23 Nr. 445. Darin Auflistung und Quittung üher die von ihr hei der fürst!. Kammerkasse<br />
angelegten Gelder. Danach hatte Philippine Charlotte - wann immer ihr eine größere Summe<br />
Geldes zur Verfügung stand - in einem Zeitraum von 33 Jahren, heginnend mit der 1752 ausgestellten<br />
ersten Ohligation, endend 1785 mit der letzten, insgesamt 29R.OOO Rtl mit 5% Verzinsung angelegt.<br />
Dieses Kapital wurde von ihr ah 1786 wieder von neuem bei der Kammerkasse verzinst. (1 Alt 23 Nr.<br />
452). Vgl auch 1 Alt Nr. 446; darin u. a. Quittungshelegeüber Gelder, die die Herzogin kurzfristig der<br />
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