26.11.2012 Aufrufe

J ... I - Digitale Bibliothek Braunschweig

J ... I - Digitale Bibliothek Braunschweig

J ... I - Digitale Bibliothek Braunschweig

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ken Kindes geführt, das er unter den Anweisungen seiner "Freundinn", der Muse, zu heilen<br />

versucht - vergeblich, obwohl alle damals modernen Therapien Anwendung finden,<br />

denn die Ursachen des Fiebers liegen, wie der Zweite Gesang ausführt, in "Mangel,<br />

Schmutz und Kälte", in der Armut, die es zu bekämpfen gilt: "Der gute Sinn des teutschen<br />

Bürgers schafft/ Treu, still und fleißig; ihm gedeihet/ Der Armenpflege Kunst und Wissenschaft<br />

... " Der Dritte Gesang vermittelt die Bedeutung der Poesie für den Menschen, den<br />

sie aus der Kälte des täglichen Kampfes löst und neu belebt: "Du bist mir Freude, Liebe,<br />

Glück und Leben!" Im Vierten Gesang wird der "Schüler" zu den Wahnsinnigen geführtdie<br />

"Freundinn" entwickelt die Grundsätze einer schonenden Behandlung, wie Winkelmann<br />

sie in späteren Schriften weiter ausbaut. Schließlich führt der Weg an Howards Grab,<br />

dessen Lebenswerk den Gefangenen gewidmet war. Seine Forderungen nimmt Winkelmann<br />

1804 in seinem Vorlesungsleitfaden zur "Kenntniss der öffentlichen Gesundheitspflege"<br />

wieder auf; hier verlangt er in § 22, auch die Gefangenen medizinisch zu versorgen,<br />

da es "Pflicht des Staates" sei, "allen Bürgern die Erhaltung der Gesundheit möglich zu<br />

machen".<br />

Wie "Paramythe" kam auch Winkelmanns Schrift "von der wahren Arzneikunst" bei<br />

Carl Friedrich Kabisch in <strong>Braunschweig</strong> heraus, "Ueber Hannover" erschien hier anonym,<br />

dazu trat sein Programm "über das Studium der empirischen Physiologie zur Ankündigung<br />

seiner Vorlesungen von Michaelis 1803 bis Ostern 1804". Winkelmann las in den fünf<br />

Semestern seiner Lehrtätigkeit ,winters' immer Physiologie und gerichtlkhe Arzneikunde<br />

und im Sommer Pathologie und die ,medizinische Polizei'; der Zyklus erweiterte sich nach<br />

Professor Ernst Horns Berufung nach Halle 1804 um die Arzneimittellehre. Dazu kamen<br />

am Carolinum Vorlesungen über Anthropologie. Winkelmann bot in seiner Vorlesungsankündigung<br />

"über die Einrkhtung der chirurgischen Studien in <strong>Braunschweig</strong>" (1804/05)<br />

seinen Hörern an, ihre schriftlichen Berichte und Ausarbeitungen, die er ihnen dringend<br />

empfahl, in Besprechungen mit ihnen durchzugehen, und forderte sie zur Lektüre medizinischer<br />

Publikationen auf, die sie in Exzerpten für sich festhalten sollten.<br />

In der kurzen Zeit seines Wirkens konnte er den herkömmlichen vortragenden Unterricht<br />

nicht reformieren zu einem ,am Patienten bett' und im Laboratorium sich vollziehenden<br />

Unterricht des Sehens, der eigenen klinischen Beobachtung und Erfahrung. Doch verfolgte<br />

Winkelmann das für seine Zeit hochfliegende Ziel, die theoretische Medizin zu einer<br />

selbständigen Wissenschaft zu machen, sie herauszulösen aus der Philosophie, in die sie<br />

von Schelling fest eingebunden worden war, sie gleichzeitig abzuheben vom Handwerk des<br />

,Feldschers' und zur ärztlichen Kunst, zur Heilkunst zu erheben.<br />

So erklärt es sich, daß seine wissenschaftlichen Arbeiten wie die 1805 erscheinende<br />

"dynamische Pathologie" sich vorwiegend im Theoretischen bewegen, keine Lehrbücher<br />

waren, sondern auf dem Titelblatt öfter als "Entwurf" bezeichnet sind. Seine Vorträge und<br />

Vorlesungen betonen das Empirische. Eine Ausnahme machen seine Arbeiten "Ueber die<br />

Behandlung der Gemüthskrankheiten" (1804) und seine letzte Schrift "Beobachtungen<br />

über den Wahnsinn", von denen die erste im 5. Bande des von Ernst Horn herausgegebenen<br />

"Archiv für medizinische Erfahrung" bei Oehmigke dem Jüngeren in Berlin erschien,<br />

102<br />

<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042616

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!