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J ... I - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Winkelmann nennt von seinen medizinischen Lehrern Loder, Batsch, Göttling,<br />

Suchow, f'roriep, Bernstein und Hufeland, unter den Philosophen nur Schelling, dem Goethe<br />

am 5. 7.1798 das herzogliche ,Reskript' seiner Anstellung übersandt hatte. Als 23jähriger<br />

las er im S. S. 1799, unmittelbar nach Fichtes Abgang nach Berlin, über das "Gesamte<br />

System des transzendentalen Idealismus" und "Naturphilosophie". Für Winkclmann bildeten<br />

seine philosophischen und medizinischen Studien eine Einheit; es kennzeichnete die<br />

romantische Geisteshaltung, beides miteinandt.:r zu verbinden, dies vor allem in Jena. Winkelmann<br />

blieb Schelling verhaftet, so sehr er sich bemühte, in den folgenden Göttinger<br />

Jahren Eigenes dagegen zu stellen, und so nachdrücklich er in seinen <strong>Braunschweig</strong>er Vorlesungs-Grundrissen<br />

als Erkenntnisgrundlagen für den Arzt Experiment und Erfahrung<br />

forderte. Winkelmanns Freunde Ritter, Arnim, Brentano - auch Novalis ist hier zu nennen<br />

- waren ihrem Studium nach Naturwissenschaftkr, Brcntano Mediziner. Auch sie griffen<br />

darüber hinaus, die drei letztgenannten so sehr, daß ihr dichterischer Ruhm ihre Fachstudien<br />

vergessen ließ.<br />

Brentano und Winkelmann schlossen ihren Bund im Frühjahr 1799. Der <strong>Braunschweig</strong>er<br />

Neuankömmling, vielfältig begabt, enthusiastisch, dabei recht unerfahren, trat<br />

damit zugleich in einen Kreis genialischer junger Leute. Fast alle waren sie von Haus aus<br />

gut gestellt, wie es auch Winkelmann war, bis sein als Gewürzgroßhändler zu Reichtum<br />

gelangter Vater in der wirtschaftlichen Krise dieser Jahre ,fallierte' und am 19. 11. 1799<br />

starb. Eine herrliche Wanderung beende te das erste frohe Semester: in Dresden 9 ) schloß<br />

sich den vier Medizinern aus Jena ein Leipziger Theologiestudent an, Gotthilf Heinrich<br />

Schubert, der bis Meissen auf der Eibe mit ihnen flußab fuhr, mit Kestner, einem Sohn von<br />

Goethes Lotte, Heyer und Winkelmann, dem er "eine so reiche Gahe der geistigen Mitteilung"<br />

zuschrieb, als er sie "selten bei einem Jüngling gefunden" habe. "Ich konnte nicht so<br />

bald von ihm ahlassen" .10)<br />

In der Neujahrsnacht 1799/1800 luden Brentano und Kestner die Freunde, etwa vierzehn<br />

an der Zahl, darunter Klingemann und Horn, in ihre Stuben im Schramm'schen<br />

Hause. Brentano empfing sie mit Schillers Musen-Almanach auf das Jahr 1800 in der Hand<br />

und las "auf das lebhafteste von der Schönheit des Gedichtes ergriffen mit dem ihm eigenen<br />

Feuer" daraus "Das Lied von der Glocke" vor. Im Verlauf des fröhlichen Punschabends<br />

wurden die Gäste mit "Xenien" ühcrrascht, deren jeweils erster Vers von Brentano, der<br />

zweite von Winkelmann stammte. Martin Lichtenstein, später Afrika-Forscher und Zoologe<br />

an der Berliner Universität, der die Erinnerung an diesen Abend festhielt (7. 4.1855),<br />

verglich rückblickend das sich hier wohl zum ersten Mal gemeinsam produzierende Poetenpaar:<br />

"Von allen diesen [war Winkelmann] unserm Brentano am meisten Geistesverwandt.<br />

Ein glänzendes Genie, fein erzogen, von ausgehreiteten Kenntnissen, die aher weniger<br />

durch Fleiß, als durch Leichtigkeit der Auffassung gesammelt waren, begeistert für alles<br />

Schöne bis zur Schwärmerei, doch dadurch gehindert, sich einem festen Ziel zuzuwenden.<br />

Von Br[entano] verschieden durch größere Eitelkeit, Haschen nach Beifall, zu leichte<br />

9) Winkelmann an Clemens Brentano. Herbst 1799. In: S./W., S. 230/31 (Erstdruck)<br />

10) Schubert, Gotthilf Heinrich von, "Der Erwerb aus einem vergangencn und die<br />

Erwartungen von einem zukünftigen Leben". Eine Selbstbiographie, Erlangen 1854, Bd. 1, S. 323 f.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042616<br />

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