ebook - Enterprise 2.0 - VOSS
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10 Die gläserne Firma: Offenes Wiki und die Folgen 133<br />
Mittlerweile sehen Sie meinen klaren Namen unter meinem Nutzernamen. Nick<br />
Rivers habe ich mich damals genannt. Was mich erstaunt hat war, dass die wenigsten<br />
mit Klarnamen unterwegs waren. Wenn ich schon kein Geld dafür kriege, dass ich<br />
da arbeite und viel Zeit investiere, habe ich erwartet, dass man wenigstens den Ruhm<br />
einheimsen möchte. Die meisten machen das aber nicht. Ich habe dann irgendwann<br />
verstanden, woran das liegt und werde es später kurz erläutern.<br />
Wenn Sie bei Wikipedia ein Thema suchen, dürfte es heute noch schwieriger sein etwas<br />
zu finden, was nicht bereits in großer Qualität vorhanden ist, als 2006. Egal, mit<br />
was Sie sich auskennen, wenn Sie in Wikipedia nachsehen, ist es wahrscheinlich in<br />
hervorragender Qualität schon erledigt. Ich habe mit ein bisschen Suchen den Artikel<br />
zu Six Sigma gefunden. Ich habe da eine eigene Ausbildung. Wir benutzen das<br />
in unserem Unternehmen als Prozessverbesserungsmethode. Der Artikel ist ganz<br />
okay, aber ich konnte etwas dazu beitragen und war ganz froh, dass ich endlich eine<br />
Lücke bei Wikipedia gefunden hatte. Was mich am Anfang etwas nervös machte<br />
war, dass ich nicht angemeldet war. Ich drücke auf „bearbeiten“ und kann wie jeder<br />
sofort mitmachen. Ich könnte den Text zerstören, allerdings nicht nachhaltig, weil<br />
die alte Version wieder herstellbar ist. Ich kann natürlich auch sinnvoll mitarbeiten.<br />
Wie Sie hier auch sehen, ist das nicht “what you see is what you get“, sondern das<br />
ist eine Syntax, die man erst lernen muss. Man kann beispielsweise nicht einfach mit<br />
Copy und Paste Bilder einfügen. Man kann auch nicht einfach einen Link reinsetzen,<br />
sondern man muss dazu die Formatierungsbefehle lernen. Dazu hatte ich weder Zeit<br />
noch Lust und habe einfach im Klartext reingeschrieben, was ich meine, dazu beitragen<br />
zu können. Ich habe dann das gemacht, was jeder machen kann, nämlich speichern<br />
und das Ding steht sofort im Internet. Es ist schon erstaunlich, dass so etwas<br />
dazu führen kann, dass Sie kaum noch Fehler bei Wikipedia finden können. Jeder<br />
kann alles machen. Es ist keine Freigabe, keinen Redakteur, kein Kontrollgremium<br />
offizieller Art dahinter, sondern es steht jetzt so im Internet. Ich habe dann vor dem<br />
Artikel gesessen und immer wieder „aktualisieren“ gedrückt und gewartet, was passiert.<br />
Und es hat wirklich nur wenige Minuten gedauert bis jemand meine Formatierungsfehler<br />
herausgenommen hat, bis jemand neue Links gesetzt hat. Also, der Artikel<br />
wurde immer besser. Man würde erwarten, dass irgendwann einmal ein solcher<br />
Artikel fertig ist und nicht mehr weitergeschrieben werden muss. Mein Beitrag war<br />
2006 und wie Sie sehen können, wird immer noch geschrieben; am 16. Oktober, am<br />
19 Oktober usw. Das Wahnsinnige daran ist, dass er immer noch besser wird.<br />
Ich habe im Kollegenkreis davon erzählt und später hat unser Cheftechniker irgendwann<br />
sonntagmorgens in einer Mail stolz mitgeteilt, dass er auch einen Artikel angelegt<br />
und ausprobiert hat, was dann passiert. Die Mail bekam ich so gegen<br />
8:20 Uhr, als ich um 12:00 erneut in meine Mails geschaut habe, habe ich statt seines<br />
Artikels, den er mir als Link geschickt hatte, eine Meldung im Löschlogbuch gefunden.<br />
Er hat einen Artikel über das Bakterium Campylobakter geschrieben. Er hatte<br />
eine ekelige Durchfallserkrankung und sein Arzt hatte ihm dieses Bakterium als<br />
Ursache genannt. Er hat das dann einfach aus einem Medizinportal kopiert und in