ebook - Enterprise 2.0 - VOSS
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192 Moderation: Thomas Hess<br />
auf Platz 280 gelandet und ich hätte es, wenn überhaupt, nach drei bis vier Wochen<br />
bearbeitet. So etwas macht Mitarbeitern das Leben zur Hölle. Sie wissen es genau,<br />
dass sie es besser wissen und ich keine Ahnung davon habe, dürfen aber trotzdem<br />
nichts ohne Freigabe ändern und die, die es ändern dürfen, interessieren sich eigentlich<br />
nicht dafür.<br />
Wir haben das jetzt umgedreht, d.h. die Mitarbeiterin kann das ändern und ich muss<br />
es nur wissen. Sie kann die Regel ändern, aber ich will benachrichtig werden. Das<br />
macht unser Wiki. Wenn ich als Regelinhaber die Seite auf „beobachten“ setze,<br />
bekomme ich eine Mail, wenn sie das geändert hat. Das führt wenigstens dazu, dass<br />
die Mitarbeiterin nicht demotiviert ist, dadurch dass sie in einem Prozess gefangen<br />
ist. Und welche Alternativen hätte sie vorher gehabt? Sie hätte sich über die Regel<br />
hinwegsetzen können, was für sie nicht gut wäre, weil sie sich einem Verfolgungsrisiko<br />
aussetzt. Für mich wäre es nicht gut, weil ich nicht mehr weiß, was in unserem<br />
Laden los ist. Viel schlimmer wäre noch gewesen, sie hätte Dienst nach Vorschrift<br />
gemacht und der Prozess wäre so ineffizient ausgeführt worden, wie ich ihn mir<br />
irgendwann einmal ausgedacht habe. Da bietet <strong>Enterprise</strong> <strong>2.0</strong> mit allen Medien und<br />
technischen Unterstützungen heute ein Instrument, wo die Führungskraft in ihrer<br />
Vetorolle immer noch da ist. Ich kann reagieren wenn ich möchte, aber ich muss<br />
nicht mehr jeden Quatsch freigeben, nur weil ich zufälligerweise irgendwann einmal<br />
diese Regel definiert habe. Darin liegt meiner Meinung nach das große revolutionäre<br />
Potenzial von Web <strong>2.0</strong> Applikationen und in der Umdefinition von Führung zu<br />
Rückzug auf eine Vetorolle, statt alles unter Freigabevorbehalt zu setzen. Wir haben<br />
bei uns die Beobachtung gemacht, dass dadurch die Stimmung erheblich besser<br />
wurde und vor allem unsere Regeln mittlerweile auch vernünftig funktionieren. Ich<br />
weiß, wenn eine Regel so formuliert ist wie sie ist, wird sie genauso gelebt. Das einzige,<br />
was die Mitarbeiterin in dem Fall nicht machen darf, ist, dass sie die Regel<br />
nicht ändert und sich anders verhält. Das wird nicht toleriert bei uns, hat aber auch<br />
nie Anlass zum Eingreifen gegeben. Das funktioniert von sich aus.<br />
Prof. Hess:<br />
Bevor wir auf ein zweites Themenfeld gehen, vielleicht noch eine Anmerkung, um<br />
die Diskussion in eine andere Richtung zu lenken. Mein Eindruck ist, dass Konsens<br />
herrscht, zumindest hier auf dem Podium, dass das neue Formen der Organisation<br />
und der Führung sind, die von der Beobachtung her eher langfristig wirken. Es<br />
braucht lange Zeit, um das umzusetzen. Nun gibt es aber in vielen Bereichen einen<br />
kurzfristigen operativen Druck, wenn zum Beispiel eine Qualitätssituation<br />
schwierig ist usw. Daher folgende konkrete Frage an das Podium: Gilt das wirklich<br />
auch in Unternehmen, die kurzfristig unter wirtschaftlichem Druck sind? Kann man<br />
da wirklich diese eher mittel- bis langfristige Perspektive fahren oder muss man das<br />
eher zurückstellen? Gibt es da Erfahrungen, Einschätzungen? Würden Sie das<br />
genauso als Berater oder als Manager umsetzen, wenn Sie wirklich nicht diesen<br />
Spielraum von zwei Jahren hätten, um das umzusetzen sondern einen kurzfristigen<br />
Modus?