12.07.2015 Aufrufe

Familienbericht 2004 - Bundesamt für Sozialversicherungen - admin ...

Familienbericht 2004 - Bundesamt für Sozialversicherungen - admin ...

Familienbericht 2004 - Bundesamt für Sozialversicherungen - admin ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Arbeitsmarkt eine Zweiteilung in Insider (Männer mittleren Alters)und Outsider (Junge und Frauen) zu beobachten. Die sichersteStrategie für eine junge Frau ist der Versuch, Insider zu werden,d.h. Berufserfahrung, Reputation und Ersparnisse aufzubauensowie die zeitliche und örtliche Flexibilität zu erhalten. Diesspricht gegen Familienverpflichtungen. Angesichts hoher Trennungsratenvermeidet es die risikoscheue Frau auch, sich inAbhängigkeit von einem Mann zu begeben. Lebt sie in einerPaarbeziehung, ist die Erwerbsarbeit beider Partner eine Absicherungbei Jobverlust. Der Markt kann dieses Problem nichtlösen. Er interessiert sich nicht für die Geburtenrate, obwohl sieihn betrifft. Der Markt funktioniert zu kurzfristig. Er sorgt im Gegenteildafür, dass Leute ohne Kinder materiell besser gestelltsind als jene mit Kindern.Wie genau familienpolitische Leistungen und die Geburtenratezusammenhängen, ist weniger klar. Bisher hatten bevölkerungspolitischeAnstrengungen generell nur eine schwache und zeitlichbegrenzte Wirkung. Das Dilemma liegt im negativen Zusammenhangzwischen Wohlfahrtsstaat und Geburtenrate, den die Politikoft übersieht. Der Wohlfahrtsstaat hat den Entscheidungskontextmöglicher Eltern verändert. Paradox daran ist, dass er sich durchdie demographischen Folgen nun selber gefährdet. Existiert überhauptein kausaler Zusammenhang zwischen Familientransferleistungenund Geburtenrate? Geldmangel ist jedenfalls nicht derHauptgrund, keine Kinder zu bekommen. Es sind vor allem jungeMenschen aus höheren sozialen Schichten, die sich gegen Kinderentscheiden. In einem Sammelband zur komparativen Analyseder Familienpolitik in Europa kommt Klaus Peter Strohmeierzum Schluss, dass das entscheidende Moment bei den sozialenund ökonomischen Einschränkungen für Mütter und bei den traditionellenMustern der familieninternen Arbeitsteilung liegt. 30Drei-Generationen-Vertrag und intertemporaleUmverteilungDer Familienlasten- und Familienleistungsausgleich kann ökonomischals ein Kredit der Gesellschaft an die Kinder für derenHumankapitalbildung betrachtet werden. Staatliche Kreditemachen in diesem Fall Sinn, weil die Versicherungs- und Kreditmärktebei Bildungskrediten und generell bei der intertemporalenUmverteilung über den Lebenslauf hinweg versagen. 31 DasProblem ist das Karriererisiko: Wie sich die Investition im Einzelfalldereinst auszahlen wird, ist äusserst ungewiss. Wird statt derindividuellen Perspektive die Gesamtgesellschaft betrachtet,heisst dies, dass der Markt nicht fähig ist, den finanziellen Ausgleichzwischen den Generationen zu schaffen.Die Alterssicherung ist in den modernen Wohlfahrtsstaatenaus demselben Grund weitgehend aus Marktprozessen undfamilialer Verantwortung herausgelöst und über kollektiveArrangements sichergestellt. Nicht so die Absicherung derzweiten Abhängigkeitsphase der Kindheit. Die Idee eines Drei-Generationen-Vertrags versucht, den Absicherungsbedarf in denzwei Abhängigkeitsphasen eines Lebens im Zusammenhang zusehen. Die Alterssicherung der jetzigen Erwerbsgeneration istgrundlegend davon abhängig, dass sie ins Humankapital einerKindergeneration investiert. Der Familienlastenausgleich wirddeshalb konzeptionell als das notwendige Gegenstück zurgesellschaftlichen Lösung der Alterssicherung betrachtet.2.2 ZieleZusammenfassend ergeben sich aus den verschiedenen Motivationenvier hauptsächliche Stossrichtungen der Familienpolitik:Sie ist Armutspolitik (vertikaler Ausgleich), indem sie zu verhindernversucht, dass Menschen aufgrund familiärer Verpflichtungenin finanzielle Nöte geraten und dass deshalb Kinderin der Schweiz in Armut aufwachsen. Sie ist Umverteilungspolitik(horizontaler Ausgleich), indem sie die Leistungen von Familienteilweise abgilt und damit die strukturelle Rücksichtslosigkeitabbaut gegenüber Menschen, die Verantwortung für Kinderübernehmen. Sie ist Gleichstellungspolitik, weil die Arbeits- undRollenteilung in der Familie das Geschlechterverhältnis zentraltangiert. Wenn Familienpolitik die Wünsche junger Frauen nachVereinbarkeit von Familie und Beruf respektiert, hat dies möglicherweiseauch eine positive Wirkung auf die Geburtenrate. Undsie ist Politik für das Wohl des Kindes, indem sie die Interessendes Kindes in den Mittelpunkt stellt.In diese Sicht lassen sich auch bestehende Zielaufzählungen96 Familienpolitik heute – was beinhaltet sie?

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!