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Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Selbstverständnis als neutraler Chronist<br />

Bei seiner Beschäftigung mit der regionalen Geschichte war Walter<br />

Bleicher ein Autodidakt ohne eigentliche wissenschaftliche Ausbildung.<br />

Theorien der aktuellen Geschichtswissenschaft stand er<br />

ebenso fern wie modernen fachlichen Standards der Quellenkritik,<br />

der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte oder auch der Einbettung<br />

seiner lokalen Befunde in den allgemeinen Forschungskontext.<br />

Bleicher verstand sich als neutraler Chronist, der die Quellen<br />

selbst sprechen ließ und sich mit dem eigenen Urteil und der eigenen<br />

Bewertung bewusst zurückhielt - getreu dem Leitmotiv des historiographischen<br />

Altmeisters Leopold von Ranke, wonach der Historiker<br />

nicht die Vergangenheit zu richten und die Gegenwart zu<br />

belehren habe, sondern „blos zeigen (solle), wie es eigentlich gewesen".<br />

Seine Forschungen führten Walter Bleicher in alle für<br />

seine Fragestellungen relevanten Archive, die Staatsarchive in Sigmaringen,<br />

Stuttgart und Ludwigsburg suchte er ebenso auf wie die<br />

kirchlichen Archive, die Kommunalarchive oder auch die für die<br />

Geschichte des Saulgauer und Sigmaringer Raums in besonderer<br />

Weise gehaltvollen Adelsarchive, darunter auch das Thum und Taxis<br />

Zentralarchiv in Regensburg mit seiner wichtigen Überheferung<br />

zur Grafschaft Friedberg-Scheer.<br />

Höchst bedauerhch ist, dass sich Bleicher als exzellenter und intimer<br />

Kenner der regionalen Geschichtsquellen trotz allen Einwirkens<br />

von Historikern und Archivaren bis zum Schluss nicht dazu<br />

entschließen konnte, seine Veröffentlichungen mit nachvollziehbaren<br />

Quellenbelegen zu versehen und damit seinem heimatgeschichthchen<br />

Lebenswerk einen bleibenden Nutzwert auch für<br />

künftige Forschergenerationen zu verleihen. Bei seinen Forschungen<br />

und Veröffentlichungen war Walter Bleicher ein Einzelkämpfer<br />

und Generalist alter Schule, der sich einen historischen Durch-<br />

Walter Bleicher an seinem 80. Geburtstag2005. Vorlage: Privatbesitz<br />

OTTO H. BECKER<br />

„Die letzten Tage der französischen<br />

Regierung von Sigmaringen"<br />

nach Francis Bout de l'An<br />

Teil II und Schluss [Teil I in HH Nr. 3/2006 S. 37 f.]<br />

12<br />

marsch durch alle Geschichtsepochen, von den erdgeschichtlichen<br />

Grundlagen und ersten Siedlungsspuren bis zur Gegenwart zutraute.<br />

Teamarbeit, das Einfügen in ein Publikationsprojekt mit<br />

mehreren Autoren und verteilten Themen und Schwerpunkten,<br />

war seine Sache nicht. Als ihm bei der Vorstellung des Bandes<br />

„Mengen. Erinnerungen in Bildern" 1999 von seinen Mitautoren<br />

„Teamunfähigkeit" vorgehalten wurde, verstand er dies sichtlich<br />

als Kompliment für seinen autonomen Arbeitsstil!<br />

Ungeachtet solcher Einwände aus fachlich-wissenschaftlicher Sicht<br />

hat Walter Bleicher ein respektables Lebenswerk hinterlassen, das<br />

nach seiner Ordnung und Verzeichnung durch das Kreisarchiv Sigmaringen<br />

entsprechend dem Willen des Verstorbenen dauerhaft<br />

als Forscher-Nachlass im Stadtarchiv Mengen verwahrt werden<br />

soll. Bleicher war in den vergangenen Jahrzehnten zweifellos einer<br />

der produktivsten <strong>Heimat</strong>forscher Oberschwabens, der mit seinen<br />

Quellenrecherchen, Veröffentlichungen, Vorträgen und Auskünften<br />

vielen Menschen die Geschichte ihrer eigenen <strong>Heimat</strong> nahe gebracht<br />

und erschlossen hat. Auch wenn er mit einer gewissen Härte<br />

des Charakters und der Neigung zu raschem Gekränktsein sich im<br />

Umgang mit anderen Menschen häufig schwer tat, bleibt die Erinnerung<br />

an eine markante und willensstarke Persönlichkeit, die<br />

sich noch im Alter mit enormer Disziplin die Geheimnisse der edv<br />

aneignete und über Jahre hinweg mit selbstloser Treue seine zum<br />

Pflegefall gewordene Ehefrau versorgte. In seinem Forschernachlass<br />

und seinen zahlreichen Veröffentlichungen wird der Chronist<br />

des Altkreises Saulgau über seinen Tod hinaus fortwirken.<br />

Quellen und Literatur:<br />

Landratsamt Sigmaringen, Stabsbereich Kultur und Archiv, Dienstregistratur<br />

Az. 361.26 Persönhchkeiten A - H<br />

Lebensbeschreibung von Walter Bleicher<br />

(„Mein Vater") durch seine Tochter Doris<br />

Kummli-Bleicher v. 6. März 2006 (Kreisarchiv<br />

Sigmaringen)<br />

Doris Kummli-Bleicher: Werksliste Walter Bleicher.<br />

Masch.-schr. 2006.<br />

Protokoll der Zeitzeugenbefragung von Doris<br />

Kummli-Bleicher durch Kreisarchivar Dr. E.<br />

Weber v. 8. März 2006<br />

(Kreisarchiv Sigmaringen)<br />

Protokoll der Zeitzeugenbefragung von Walter<br />

Bleicher, Mengen, durch Kreisarchivar Dr. E.<br />

Weber v. 11. Okt. 1996<br />

(Kreisarchiv Sigmaringen)<br />

Edwin Ernst Weber: Vorstellung des Buches<br />

„Chronik der Gemeinde Heudorf" von Walter<br />

Bleicher am 27. Mai 1994 in Scheer-Heudorf,<br />

TVposkript (Kreisarchiv Sigmaringen)<br />

Im dritten Abschnitt mit der Überschrift „Von Sigmaringen nach<br />

Wangen" geht Bout de l'An zunächst auf den Abzug der Franzosen<br />

im Frühjahr 1945 ein. Danach war jedes Ministerium, jede Partei<br />

und jede mehr oder weniger geduldete Organisation mit der Abfahrt<br />

ihrer Anhängerschaft in Richtung Tirol beschäftigt. Die Züge<br />

wurden geradezu im Sturm genommen. Der Arzt Ferdinand Destouches,<br />

besser bekannt unter dem Pseudonym „Celine", der nach<br />

dem Berichterstatter aufgebrachter wie noch nie war, soll seine

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