03.12.2012 Aufrufe

Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

den ausgeschrieben worden sei und Musterlehrer Reiser somit das<br />

normalmäßige Gehalt beziehe. Da derselbe aber in Erziehung,<br />

Fleiß und Geschicklichkeit einer Gehaltsaußesserung sehr<br />

würdig sei, sei man gerne einverstanden, wenn ihm die Ortsschulund<br />

Gemeindebehörden eine persönliche Gehaltszulage aus dem<br />

Ortsschulfond oder der Gemeindekasse oder aus beiden mit 50<br />

Gulden bewilligten. Die Gemeinde lehnte einen Zuschuss aus der<br />

Gemeindekasse ab, fand aber eine Lösung über die Michaelspflege<br />

und den Schulfond. Reiser erhielt „widerruflich" eine jährliche Zulage<br />

von 50 Guldenl6.<br />

Ein anderes Beispiel aus dem Jahr 1857: Reiser stellte bei der Gemeinde<br />

den Antrag, dass beide Lehrerstellen gleich behandelt<br />

und das fraglich Holz samt Reisig an die erste und zweite Lehrerstelle<br />

frei geliefert werden möchte. Seinem Antrag wurde<br />

schließlich entsprochen' 7 .<br />

Öffentliches Engagement<br />

Über seine Tätigkeit als Lehrer und Schulleiter hinaus war Heinrich<br />

Reiser auch im öffentlichen Leben seiner <strong>Heimat</strong>stadt präsent. Er<br />

gründete die Musikkapelle und den Männerchor 18 . Im Revolutionsjahr<br />

1848 wurde er zum Kapellmeister im Offiziersrang ernannt.<br />

1 '.<br />

Auch im politischen Raum war er engagiert. Er wurde zwei Mal,<br />

1842 und 1845, in den Landtag des Fürstentums Hohenzollern-<br />

Sigmaringen gewählt 20 . In einer Sitzung der Ständeversammlung<br />

vom 11. April 1849 äußerte er sich zum Thema „Fortbildungsschule":<br />

Er finde es unbegreiflich, wie ein Teil der Finanzkommission<br />

sich gegen das Fortbestehen der Fortbildungsschulen habe<br />

aussprechen können, in einer Zeit, wo es allgemein anerkannt<br />

werde, dass die Jugend in ihrer Bildung weiter geführt werden<br />

müsse, als es früher der Fall gewesen sei.<br />

Für sein segensreiches Wirken auf den verschiedenen Gebieten<br />

wurde Reiser mehrfach geehrt. Er bekam den Orden „Ritter des<br />

Königlich Preußischen Kronenordens 4. Klasse". Darüber hinaus<br />

war er Inhaber mehrerer Ehrenmedaillen 21 .<br />

1867, im Alter von 63 Jahren, wurde Reiser wegen Schwerhörigkeit<br />

in den Ruhestand versetzt. Er zog zunächst nach Rheinfelden<br />

zu seinem Sohn Friedrich Hermann, der dort Musikdirektor war.<br />

Nach Angabe der „Zollerheimat" (1. Jahrgang, Nr. 9) soll er in den<br />

1880er Jahren nach Leoben in der Steiermark verzogen und dort<br />

gestorben sein. Im Familienregister der katholischen Pfarrei Gammertingen<br />

1889 ist als Sterbeort Kapfenberg in der Steiermark eingetragen,<br />

allerdings mit Fragezeichen versehen 22 .<br />

Wie sieht Heinrich Reiser seine Arbeit und sich selber?<br />

Die Volksschule soll ihre Zöglinge auf jene Stufe allgemeiner<br />

Menschenbildimg erheben, ivelche sie für ihre künftige Bestimmung<br />

in jeder Richtung fähig und tüchtig macht. Der Schüler<br />

soll besonders durch die poetischen Stücke mit Beihilfe des<br />

Lehrers die Schönheit seiner Muttersprache kennen lernen, weil<br />

diese am meisten dazu geeignet sind, die Vorzüge unserer Sprache<br />

im schönsten Lichte zu zeigen. Sie üben zugleich den größten<br />

Einfluß auf Geschmacks-, Gemüths- und Geistesbildung<br />

überhaupt und nähren den Sinn für alles Schöne, Edle und<br />

Große (Der deutsche Volksschüler, 1852, S. V und VI).<br />

Es ist eine ebenso traurige als allseitige Erfahrung, daß Schüler,<br />

welche die Werktagsschule mit sehr schönen Kenntnissen verlassen<br />

haben, in den zunächst folgenden Jahren das Meiste davon<br />

vergessen und mit einem sehr unbefriedigenden Reste von<br />

60<br />

Wissen und Können aus der Sonntagsschiüe treten. Diese Wahrnehmung<br />

ist besonders für den Lehrer sehr betrübend, indem er<br />

sich genöthigt sieht, auf einen befriedigenden, bleibenden Erfolg<br />

seiner Bemühungen, welcher ihm allein einigen Ersatz für<br />

seine Anstrengungen gewähren könnte, zu verzichten (Lehrund<br />

Lesebuch, 1861, S.V).<br />

Eine Hauptbedingung für das Gedeihen der Fortbildungsschulen<br />

liegt ohne Zweifel darin, dass der Unterricht mit Lebendigkeit<br />

und Eifer ertheilt und dem Schüler möglichst angenehm<br />

gemacht werde, weßhalb der Lehrer sich auch immer auf die<br />

Unterrichtsstunden gehörig vorbereiten soll.. Es sollte wohl<br />

kaum nöthig sein zu erwähnen, dass eine solche anstrengende,<br />

aufopfernde Thätigkeit auch eine angemessene Belohnung<br />

verdiene. Eine solche erhält jedoch der Lehrer nur da, wo die<br />

Vorstände der Gemeinden, sowie diese selbst, die Wichtigkeit<br />

des Jugendunterrichts gehörig anerkennen und würdigen und<br />

die von der Überzeugung ausgehen, dass kein Kapital nutzbringender<br />

angelegt sei, als dasjenige, das man auf den Unterricht<br />

und die Bildung der heranwachsenden jungen Gemeinde verwendet<br />

hat (Lehr- und Lesebuch, 1861, S. VII und VIII).<br />

Diese wenigen Zitate sowie das bereits Gesagte deuten darauf hin,<br />

dass die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörden, Reiser als Lehrerausbilder<br />

zu berufen, gerechtfertigt war. Nun soll aber nicht verschwiegen<br />

werden, dass auch ein begnadeter Pädagoge und Musiker<br />

einem Irrtum unterliegen kann. Obwohl seine musikalischen<br />

Fähigkeiten und Erfolge allgemein anerkannt wurden, wich er seltsamerweise<br />

gerade in der Schulmusik vom üblichen Notensystem<br />

ab und versuchte, über ein Ziffernsystem die Schüler zum rascheren<br />

- und wie er meinte - leichteren Singen und Musizieren zu<br />

führen. Seine Begründung lautete (verkürzt): Der Verfasser hat<br />

hiebei dem Ziffemsystem vor dem Notensystem den Vorzug gegeben,<br />

nicht als ob erden Werth des letzteren verkennen würde,<br />

sondern weil letzteres auf kürzerem Wege erreicht, was man in<br />

dieser Beziehung von der Volksschule, die keine kunstgerechten<br />

Sänger zu bilden hat, erwarten darf (Der deutsche Volksschüler,<br />

1852, S. VIII). Der geneigte Leser möge versuchen, die Melodie<br />

des beigefügten Liedes „Der Mond" zu erschließen und dies<br />

womöglich in trauter Stunde zweistimmig zu zelebrieren.<br />

Uro, 87. l ,= F cbtt G.<br />

2er Sütotii. »tidiam.<br />

- L ®t. 1 • 5 5 4 4 [T~2 5 j 5 4 4 31<br />

It. 3m ftit . [ru, iiei = fern Ith; et l'u fanft titu<br />

12. ttt li.djclt (tili, t!rfd)eW«i, Ba.plltfein 3n-beli, ffiif ffl -- neitt trcui-ten<br />

Iii. ©auf fftr jl • It grait», (jaf©auf f8r btL-ntu<br />

II. St. \ 113 3 2 2 1, 3 3 2 2 t<br />

/ 2 - 2 | 4 4 3 3 | 6 5 4 j 3 3 2 2<br />

I<br />

1. fiet: mir ift im SttMten*frait fo ftb&n gtjdjmüdt atä et?<br />

2. fiiljt, uuS iiifcl [t isi*! $vtttbtR mit fei:Htm tranken l'ifM.<br />

3. st!, inibwtsftbtr mü«bttt Gcr = bt inr ftiiich 31 --fctnb.-ruf'.<br />

4. £«ft; bie je* (ig=ßtn ©e ; fiijwit giejjt tr in mi * frt SJntfl<br />

5. l'iihi, JjftßgrcuVam fco * bfn Stöbert,foiijtgät>ß bu ihn uns iiidjt.<br />

8.Sionb, ber ia*gt$ ßajl uiib Stirbt» fr ititfc nnbfreuuMirf) ieijitt.<br />

|" 2 2 TT TTTj , 73<br />

'S* 7 1 1. 18 8 5 5 3<br />

Abb. 5. Heinrich Reiser glaubte mit einem Ziffemsystem statt<br />

eines Notensystems die Schüler zum rascheren und leichteren<br />

Singen und Musizieren führen<br />

Gammertingen.<br />

zu können. Vorlage: GHWRS

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!