Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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Die Gemeinde Krauchenwies konnte am 4. und 5. Juni 2005 eine -<br />
im tatsächlichen Sinne des Wortes - „historische" Leistung feiern:<br />
Zum ersten Mal in ihrer urkundlich belegten Geschichte von immerhin<br />
800 Jahren besitzen Krauchenwies und seine Bürger eine<br />
„geordnete" und „gesicherte" Vergangenheit. Diese „Ordnung"<br />
und „Sicherung" ist in genau 2464 Akten, Bänden, Karten und Plänen<br />
erfolgt, die mit einem Umfang von immerhin 36,5 laufenden<br />
Metern das Kommunalarchiv der Ortschaft ausmachen. Nach langen<br />
Jahren der Verwahrlosung und schmerzlicher Verluste wurden<br />
die im Gemeindearchiv enthaltenen einmaligen Zeugnisse der dörflichen<br />
Vergangenheit im Auftrag und mit beträchtlichem Kostenaufwand<br />
der Gemeinde jetzt erstmals durch Mitarbeiter und Hilfskräfte<br />
des Sigmaringer Kreisarchivs geordnet, konservatorisch<br />
sachgemäß verpackt und in einem dickleibigen Findbuch von über<br />
500 Seiten verzeichnet - als Grundlage für eine verstärkte Beschäftigung<br />
mit der Krauchenwieser Geschichte in der Zukunft<br />
durch die Ortsbevölkerung, durch <strong>Heimat</strong>forscher und Wissenschaftler.<br />
Ausgewählte „Schätze" aus dem kommunalen Archivbestand<br />
wurden bei einer Ausstellung am 4. und 5. Juni 2005 in der<br />
Gemeindehalle „Waldhorn" in Krauchenwies der zahlreichen Öffentlichkeit<br />
vorgestellt.<br />
Dokumente aus der dörflichen Innenschau<br />
Im Unterschied zur vorrangig obrigkeitlich bestimmten Außenschau<br />
der Überlieferung in den Staats- und Adelsarchiven enthalten<br />
die Unterlagen in den Kommunalarchiven die Innensicht der<br />
dörflichen Geschichte. Während in den von fremden Schreibern<br />
und Herren verfassten obrigkeitlichen Quellen die Bauern, Taglöhner,<br />
Handwerker und Gewerbetreibenden des „Dritten Standes" in<br />
allererster Linie als Abgaben- und Steuerzahler, als zu reglementierende<br />
und zu verwaltende Untertanen oder auch als zu maßregelnde<br />
Übeltäter in Erscheinung treten, finden sich in den von<br />
schreibkundigen Leuten aus den eigenen Reihen geführten kommunalen<br />
Schriftzeugnissen die Dorfbewohner als „Subjekte" der<br />
Geschichte, die ihre innerörtlichen Angelegenheiten vielfach<br />
höchst selbstbewusst und streitbar selbst bestimmen und gestalten.<br />
Erwachsen sind die „Schätze" des Kommunalarchivs auch im Fall<br />
von Krauchenwies aus der „normalen" und alltäglichen Verwaltungstätigkeit<br />
des örtlichen Bürgermeisteramtes und seiner Vorgängerdienststellen.<br />
Über ihren ursprünglichen verwaltungsbezogenen<br />
Daseinszweck hinaus erfahren die älteren Akten, Rechnungen,<br />
Amtsbücher, Karten und Pläne mit wachsender Patina gewissermaßen<br />
eine Metamorphose zu aussagekräftigen und wertvollen<br />
Zeugnissen zur Geschichte des Ortes und seiner Bevölkerung<br />
durch die Jahrhunderte.<br />
Wie bei so vielen kleineren Gemeinden zumal im ländlichen Raum,<br />
wo die Kommunalverwaltung lange Zeit eine Feierabendangelegenheit<br />
ortsansässiger Bauern und Gewerbetreibender war, ließ auch<br />
in Krauchenwies die Fürsorge für die Zeugnisse der eigenen Geschichte<br />
häufig arg zu wünschen übrig. Zwar lässt sich im Unterschied<br />
zu den meisten kleineren Nachbarorten in Krauchenwies<br />
bereits im 18. Jahrhundert ein „Gemeindshaus" nachweisen (GA<br />
Krauchenwies III Best.-Nr. 1098) und besitzt das kommunale Verwaltungsschriftgut<br />
im 19- Jahrhundert im eigenen Rathaus (GA<br />
Krauchenwies III Best.-Nrn. 790 sogar ein festes Domizil. Damit<br />
nicht genug: Die Anfänge eines geordneten Registraturwesens können<br />
anhand der Archivunterlagen bis in die 1830er Jahre zuriickverfolgt<br />
werden: Schultheiß Stökle legt im April 1837 ein „Inventarium<br />
über die Gemeinde-Acten von Krauchenwies" an, das die in<br />
der „Gemeindslade" verwahrten aktuellen und historischen<br />
29<br />
Rechts- und Verwaltungsdokumente minutiös auflistet und durchnummeriert<br />
(GA Krauchenwies I Best.-Nr. 275). Der Verweis auf<br />
die „Gemeindslade" offenbart, dass auch in Krauchenwies zu dieser<br />
Zeit die Gemeindeunterlagen noch in einem mobilen Behältnis<br />
aufbewahrt wurden, wie dies bis weit in das 19- Jahrhundert hinein<br />
in den oberschwäbischen und hohenzollerischen Landgemeinden<br />
verbreitet üblich bleibt. Einige Jahre darauf werden auf der<br />
Grundlage des Registraturplans für die Justiz- und Verwaltungsbehörden<br />
im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen vom 3- Mai<br />
1843 dann auch in Krauchenwies die Gemeindedokumente nach<br />
dem vorgegebenen alphabetischen Rubrikensystem geordnet und<br />
abermals in einem Inventar der Gemeinderegistratur sorgfältig erfasst<br />
(GA Krauchenwies I Best.-Nr. 275).<br />
Die solchermaßen vor mehr als 150 Jahren angelegten Registraturlisten<br />
lassen das Herz jedes Geschichtsfreunds und Archivars<br />
spürbar höher schlagen: Neben Sigmaringer Regierungsverordnungen<br />
aus der ersten Hälfte des 19- Jahrhunderts sowie den obligatorisch<br />
von den hohenzollerischen Gemeinden zu abonnierenden<br />
Amtsblättern (zunächst seit 1809 das Wochenblatt und sodann<br />
seit 1835 das Verordnungs- und Anzeigeblatt) und Gesetzessammlungen<br />
führen die Verzeichnisse ortsgeschichtliche Zeugnisse bis<br />
zurück in das 15. Jahrhundert auf. Eine nahezu durchlaufende Serie<br />
von Gemeinderechnungen ab 1773/74 befindet sich ebenso<br />
darunter wie Urbare von 1680 und 1760, drei Steuerbücher von<br />
1741, Herrschaftsverträge über die Eidsteuer von 1604 und die<br />
dörflichen Fronverpflichtungen von 1618, diverse Grenz- und<br />
Triebbeschriebe mit den Nachbarorten aus dem 17. und 18. Jahrhundert,<br />
eine Grenzbereinigung mit Hausen von 1517 und gar ein<br />
Weidbrief mit Ablach von 1444.<br />
Ungeachtet dieser hoffnungsvollen Anfänge gerät die kommunale<br />
Schriftgutverwaltung in Krauchenwies alsbald wieder in Unordnung<br />
und erleiden zumal die älteren, für die laufenden Verwaltungsgeschäfte<br />
nicht mehr benötigten archivalischen Dokumente<br />
ein bitteres Geschick. Ein Großteil der im Inventar von 1837 aufgehsteten<br />
„Schätze" aus der dörflichen Geschichte geht in der<br />
Folge durch Vernachlässigung, ungünstige Lagerbedingungen,<br />
Platzmangel und zumal die noch zu schildernden Einbußen beim<br />
Kriegsende 1945 verloren und war bei der jetzt erfolgten Ordnung<br />
und Erschließung des Krauchenwieser Kommunalarchivs nicht<br />
mehr auffindbar.<br />
Ordnung und Inventarisierung des Gemeindearchivs 1939<br />
Ende der 1930er Jahre unternimmt die auf Initiative des damaligen<br />
Sigmaringer Staatsarchivleiters Dr. Franz Herberhold geschaffene<br />
Archivberatungsstelle des Landeskommunalverbandes der <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
Lande eine breit angelegte Aktion zur Sicherung und<br />
Erschließung des allenthalben von Vernachlässigung und Verlust<br />
bedrohten kommunalen Archivgutes in Hohenzollern. Im Zusammenhang<br />
dieser auch vom Sigmaringer Landratsamt unterstützten<br />
archivpflegerischen Intervention in den Kommunen richtet auch<br />
der Krauchenwieser Bürgermeister offenbar 1939 erstmals einen<br />
Archivraum in seinem Rathaus ein und wird im Sommer desselben<br />
Jahres von zwei preußischen Archivreferendaren, die innerhalb<br />
weniger Wochen eine Vielzahl hohenzollerischer Kommunalarchive<br />
besuchen, auch die hiesige Archivüberlieferung geordnet<br />
und in einem Inventar kursorisch erfasst. Das Verzeichnis listet mit<br />
Kopftitel und Laufzeit insgesamt 384 archivwürdige Gemeindearchivalien<br />
auf, unter denen sich immerhin noch ein beträchtlicher<br />
Teil der 1837 inventarisierten Dokumente entdecken lässt (GA<br />
Krauchenwies II Best.-Nr. 61).