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Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Entzug der Stadtrechte durch Preußen<br />

Mit der territorialen Flurbereinigung Deutschlands durch Napo-<br />

leon zu Beginn des 19- Jahrhunderts und der sich anschließenden<br />

Bauernbefreiung büßen die Hettinger zunächst ihre ritterschaftlichen<br />

Ortsherren ein und werden zu Untertanen des Fürsten von<br />

Hohenzollern-Sigmaringen, ehe sie in der Folge durch die Ablösung<br />

von Grundherrschaft, Zehntherrschaft, Leibherrschaft, Fronverpflichtungen,<br />

Bannrechten etc. auch noch ihrer feudalen Beschränkungen<br />

ledig werden. Mit dem Übergang der Landeshoheit<br />

an Hohenzollern-Sigmaringen durch die sog. Mediatisierung 1806<br />

und sodann 1827 mit dem Verkauf der verbhebenen Feudalrechte<br />

und Eigengüter durch Freiherr Friedrich Adalbert Speth von Zwiefalten,<br />

den letzten männlichen Spross des ritterschaftlichen Geschlechts,<br />

an den Sigmaringer Fürsten verliert Hettingen aber<br />

gleichzeitig auch seine angestammte Funktion als Adelsresidenz<br />

und als Verwaltungssitz, der in Gestalt des Obervogteiamts bereits<br />

1814 zum Oberamt Gammertingen geschlagen wird. Hettingen ist<br />

jetzt ohne die herrschaftliche Überhöhung ein kümmerliches und<br />

ärmliches Ackerbürgerstädtchen mit gleichbleibend rund 600 Einwohnern,<br />

das den neuen preußischen Herren als derart bescheiden<br />

erscheint, dass sie ihm 1883 zusammen mit Gammertingen,<br />

Veringenstadt, Trochtelfingen und Haigerloch die Stadtrechte entziehen.<br />

Bis 1951 muss Hettingen dann in der Folge bekanntlich<br />

warten, ehe ihm durch die damalige württembergisch-hohenzollerische<br />

Landesregierung die Stadteigenschaft wieder zurückgegeben<br />

wurde.<br />

Wilfried Liener beschreibt in seinem Beitrag die nur wenig spektakulären<br />

Verhältnisse im landwirtschaftlich geprägten Örtchen Hettingen<br />

im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die Wiedereinführung<br />

von jährhch zwei Jahrmärkten 1852 ist ein Fortschritt, noch mehr<br />

der Bahnanschluss 1907, der Aufbau einer zentralen Wasserversorgung<br />

bis 1914, die Errichtung eines neuen, bis heute<br />

schmucken Schulhauses am südlichen Stadteingang 1904 und<br />

schließlich auch die Errichtung eines Kindergartens mit Schwe-<br />

OTTO H. BECKER<br />

Schlösser im Wandel - ein Kolloquium<br />

des <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />

In der im vergangenen Jahr von der Gesellschaft Oberschwaben<br />

und dem Staatsarchiv im Prinzenbau und im Landeshaus in Sigmaringen<br />

gezeigten Ausstellung „Adel im Wandel" wurde die Entwicklung<br />

des Adels vom 18. bis ins 20. Jahrhundert dokumentiert.<br />

In der viel beachteten Schau blieben jedoch u.a. die Schicksale der<br />

vielen ehemals hochherrschaftlichen Schlösser und Burgen unberücksichtigt,<br />

die infolge der politischen und wirtschaftlichen<br />

Umbrüche der Vergangenheit von ihren adehgen Eigentümern veräußert<br />

wurden.<br />

Auch in Hohenzollern gelangten die meisten Schlösser in jüngster<br />

Vergangenheit an Gebietskörperschaften oder an Privatleute, die<br />

diese anschließend ganz neuen Nutzungen zuführten. So baute beispielsweise<br />

der neue Eigentümer im Schloss Inzigkofen Appartements<br />

ein. Aus Schloss Glatt ist ein Kultur-und Museumszentrum<br />

des Landkreises Rottweil geworden. Schloss Hohenfels beherbergt<br />

die Unterstufe der Schule Schloss Salem. Das ursprünglich<br />

Speth sehe Schloss Hettingen ist nunmehr Sitz der Gemeindever-<br />

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sternstation und öffentlichen Baderäumen 1930. Wie allenthalben<br />

in Hohenzollern und Oberschwaben nimmt seit der zweiten Hälfte<br />

des 19- Jahrhunderts auch das Vereinsleben mit der Gründung von<br />

Musikverein, Turnverein, Gesangverein und Militärverein einen<br />

markanten Aufschwung und bringt neue Formen einer bürgerlich<br />

geprägten Geselligkeit und Gemeinschaft in den Bauernort. Bittere<br />

Einschnitte in die Ortsgeschichte bringen die beiden Weltkriege sowie<br />

die Gewalt- und Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus,<br />

die mit ihren auch im kleinen Hettingen auftretenden Abgründen<br />

und Verbrechen Norbert Möller in der Jubiläumsschrift dokumentiert.<br />

Erscheint der Fortschritt im Lauf früherer Jahrhunderte als<br />

Schnecke, so erfährt die von Wilfried Liener untersuchte Entwicklung<br />

seit den 1950er Jahren eine atemberaubende Beschleunigung:<br />

Innerhalb weniger Jahre entwickelt sich das bescheidene<br />

Ackerbürgerstädtchen zum dynamischen Industriestandort mit<br />

ausgreifenden Gewerbe- und Wohngebieten, wo die Landwirtschaft<br />

nur noch eine Randexistenz führt. Seine kommunale Eigenständigkeit<br />

vermag Hettingen 1975 zu retten und durch den Zusammenschluss<br />

mit dem Albdorf Inneringen zu stärken. Anstelle des adligen<br />

Stadtherrn residiert heute der Bürgermeister als gewählter<br />

oberster Repräsentant der Bürgergemeinde mit seiner Verwaltung<br />

im schmuck sanierten Schloss über dem Städtchen - ein eindrücklicheres<br />

Zeugnis für die in den letzten zwei Jahrhunderten<br />

eingetretenen grundstürzenden Veränderungen der öffentlichen<br />

und kommunalen Verhältnisse ließe sich wohl kaum finden!<br />

Literatur<br />

Herbert Burkarth: Geschichte der Herrschaft Gammertingen-Hettingen.<br />

Sigmaringen 1983.<br />

Edwin Ernst Weber u. Wilfried Liener (Red.): Dorfleben hinter Stadtmauern.<br />

600 Jahre Stadt Hettingen 1407 - 2007. Hettingen 2007.<br />

Überarbeitete Fassung des Festvortrags beim zentralen Festakt<br />

am 24. Juni 2007 zum Jubiläum 600Jahre Stadt Hettingen anlässlich<br />

der urkundlichen Erstnennung als Stadt 1407.<br />

waltung. Aus dem ehemals hohenzollerischen Residenzschloss<br />

Haigerloch ist ein „Gastschloss" geworden. Wohnzwecken dient<br />

heute das Schloss Lindich. Im Alten Schloss in Hechingen befindet<br />

sich heute das <strong>Hohenzollerische</strong> Landesmuseum.<br />

Diesen Wandel hat der <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Geschichtsverein</strong> in einer<br />

Ganztagesveranstaltung mit dem Thema „Von Achberg bis Glatt.<br />

Zur Umwidmung herrschaftlicher Schlösser und Landhäuser in<br />

Hohenzollern" am 13. Oktober 2007 in der renovierten und sanierten<br />

Villa Eugenia in Hechingen erstmals in einer Gesamtschau<br />

aufgezeigt und auch bewertet. Für die Veranstaltung konnten als<br />

Referenten aus den Reihen des <strong>Geschichtsverein</strong>s gewonnen werden:<br />

Dr. Otto H. Becker (Sigmaringen), Stadtarchivar Thomas<br />

Jauch M.A. (Hechingen), Dr. Ralf Laschimke (Straßberg), Studienrat<br />

Georg Loges (Hettingen), Redakteur Uwe A. Oster M.A. (Hechingen),<br />

Kreisarchivar Dr. Edwin Ernst Weber (Sigmaringen) und<br />

Kreisarchivar Dr. Andreas Zekorn (Bahngen). Als Referenten stellten<br />

sich ferner die Kreisarchivare Bernhard Rüth (Rottweil) und<br />

Kai Sprenger M.A. (Ravensburg) zur Verfügung.<br />

Behandelt wurden die folgenden Sitze: Schloss Hohenfels (Dr.<br />

Becker), Schloss und Kloster Inzigkofen (Dr. Weber), Schloss Hettingen<br />

(Herr Loges), Schloss Achberg (Herr Sprenger), Schloss<br />

Lindich und Villa Eugenia (Herr Oster), Burg Straßberg (Dr. La-

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