Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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DR HOLZWURM<br />
S ischt schlimm mit da Leut ond s ischt schlimm mit dr Zeit,<br />
denn d Wealt ischt heut voola Respektlosigkeit.<br />
Au d Tieria sogar haod et vill maih Respekt,<br />
suscht hett ma e'r Kirch et da Holzwurm entdeckt.<br />
Ond hett ma drweaga im Blättle doch it<br />
an langa Artikel verbrocha drmit.<br />
So daß sogar s oifachschte Kirchaliacht woißt,<br />
wo s herkonnt, was machet, des Tier, ond wia s hoißt.<br />
E'r Orgel denn ka-n es am ehnschta verstaoh,<br />
denn do duet dear Kerle sich bläsala lao.<br />
Sitzt na auf dia Flötla ond zuzzlet ond zielt,<br />
wenn s Chor so schö singt ond dr Thedore spielt,<br />
Ond so als dr Stoazinger Hoforganischt<br />
wahrscheinle wohl au schao weng wurmmäßig ischt.<br />
Drum spielt 'r wohl oft au so leirig ond lahm<br />
ond ischt voar dr Kircha duß suscht au so zahm.<br />
Doch des hotjo schliaßle noitzzdeand mit dearn Wurm,<br />
wo nuehlet e'r Orgel ond boahret im Turm.<br />
Im Dachstuehl, do ischt des schao weniger schö,<br />
denn dogohts um d Sparra, ond dia wearat hee!<br />
De'scht et wia bei'n Leuta, wo's maischtens ganz guet<br />
au mit ama Dachsparra weniger duet.<br />
Ond weil des so ischt ond a dringende Sach,<br />
steigt sicher dr Pfarr aos jetzt au bald aufs Dach.<br />
Ondploget aos wieder äll Sonnteg ond milkt<br />
dia Gealdbeutel, bis halt dr Wurm ischt vertilgt.<br />
Bei'r Kanzel, do isch scheints koiSach noh, wo brennt,<br />
weil suscht drauf dear Ma et so rumfuuchtla könnt.<br />
Ond neischla aufs Gleander, so daß do beizeit<br />
da Holzwurm bestimmt de ganz Arbet et freut.<br />
Doch manchmol, do deuchts me au do schao weng lätz,<br />
suscht gäbs drauf et oft so a wurmstichigs Gschwätz.<br />
Dr Wurm macht sich noitz draus ond drum au, i denk,<br />
halt weiter wia suscht: au det dun en da Bänk.<br />
Ganz bsonders, seit do jetzt die Heizong ischt dra,<br />
wo er sich weng pfleaga ond warm halta ka.<br />
Bei'n Mannsbilder kriagt'r jo gratis drzua<br />
d Woch dure noh extra sei butzete Ruah.<br />
S ischt bloß guet, daß dBöda noh guat sind ond nui,<br />
suscht hettat a d Weiber jo lang schao e'n Knui.<br />
Ganz bsonders de sälle, wo ganz guet sind dra<br />
beim Pfarr ond en d Kirch gaod im Abonnema.<br />
Obs zwar graoß vill Weat bot, bezweifla i stark,<br />
denn meischtens isch bloß so a scheiheiligs Weark.<br />
Ondfaltet de sälle am eifrigschta d Händ,<br />
wo nohear so gallig ond giftnudlig sind.<br />
64<br />
Doch des ischt et mei Sach ondgoht mi noitz a,<br />
do ändret bestimmt au der Holzwurm noitz dra.<br />
Der woißt, wie ällz mind auf dr Welt ischt ond mau<br />
ond mürb, denn im Beichtstuehl, do hocket der au.<br />
Ond machet deam Wurm do im Gwissa, deam Stenz,<br />
wo inwendig tiägt, seim Kolleg, Konkurrenz.<br />
Ond loset drbei ond loschoret ond sieht<br />
drum ällaweil au, was so scheiheiliggschieht.<br />
Doch s Schlimmste vo ällam ond s graischte Malör:<br />
Mir haod schao da Holzwurm sogar i'n Altär.<br />
Des ischt et so oifach ond au mit dr Zeit<br />
a Sach, wo oim z schaffet ond z nodenket geit.<br />
Denn wenn ma noitz duet dra ond gucket et drauf,<br />
ka's sei, derfrißt aos de ganz Kirchagschiicht auf.<br />
Drum trag jeder bei, dass dr Herr des verhüet,<br />
ond et aosr Pfarr gao noh arbeitslos wiad.<br />
Ond zoiget au, daß mir im Gstell ond im Grind<br />
noh guet beianand ond et wurmmäßig sind.<br />
Sind luschtig mitnander ond lachat drzua<br />
ond laod jetzt dean Holzwurm, dean arrna, in Ruah.<br />
ANMERKUNGEN<br />
1 Laudatio, vorgetragen beim Festakt am 10. März 2007 im Gemeindehaus<br />
Weckenstein, Storzingen.<br />
2 Dieses Gedicht erschien erstmals in den „<strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
Blättern" vom 9- Februar 1935.<br />
3 A. BUMILLER, Aus dem Zollerland. Plaudereien über Land<br />
und Leute, Sigmaringen (M. Lieners Hofbuchdruckerei)<br />
1949,196 unter dem Gedicht „'s Bauraweib". „Dr Schnailuft"<br />
ebd. 70.<br />
4 B. GERN, Sonnawirbel. Ein Schwäbisches Herbarium, mit<br />
Zeichnungen von Christian Ritter, Reuthngen 1983; DERS.,<br />
Sonnaschei und Reaga. Schwäbische Monatsbilder, mit Zeichnungen<br />
von Christian Ritter, Reuthngen 1985. Alle drei Büchlein<br />
sind noch lieferbar. Christian Ritter starb 2005 im 90. Lebensjahr.<br />
5 B. GERN, Brief an H. Reyhing vom 6.6.1949-<br />
6 Vgl. Schwäbisches Wörterbuch, bearbeitet von Hermann Fischer<br />
Bd. 2, Tübingen 1908, ll69f (s.v. verheiglen); ebd. Bd.<br />
3 (1911) 1345f (s.v. heiglen). Auch dort wird speziell zerzaustes<br />
Haar genannt.<br />
7 B. GERN, Sonnawirbel. Ein schwäbisches Herbarium. Zeichnungen<br />
von Christian Ritter, Reuthngen (Karl Knödler) 1983.<br />
8 B. GERN, Sonnawirbel (s. Anm. 7) 87.<br />
9 Ein „Mäser" ist ein Knorren oder Wurzelstock.<br />
10 GUGGUSELE. Schwäbische Kinderlieder. Mundarttexte von<br />
Bruno Gern mit Bildern von Sr. Maria Innocentia Hummel<br />
und Melodien von Martin D. Loritz, hg. von Martin D. Loritz<br />
und Marius Reiser 2007. Zu beziehen über das Bürgermeisteramt,<br />
Rathausplatz 1,72510 Stetten am kalten Markt.<br />
11 Ich habe das Gedicht behutsam redigiert und um einige<br />
Strophen gekürzt.