Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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3 Der Bohnerzabbau in Salmendingen im 18. und 19. Jahrhundert<br />
Die mir zugängliche Quellenlage hierzu ist leider unzureichend, da<br />
bislang kaum erforscht. Im Staatsarchiv Sigmaringen lagern Akten<br />
der Hüttenwerke Thiergarten bzw. Laucherthal, welche zumindestens<br />
auszugsweise von ZILLENBILLER (1975) und MAIER (1958)<br />
ausgewertet wurden, aber sicherlich noch zahlreiche interessante<br />
Details bieten könnten.<br />
Die Bohnerzförderung im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert<br />
war in Salmendingen - wie auch andernorts - ein Nebenerwerb der<br />
Landbevölkerung, vorwiegend außerhalb der Zeit der Feldbestellung<br />
und der Ernte, also in den Wintermonaten. Geschürft wurde<br />
in kleinen Gruben, meist auf Allmandteilen und Stockwäldern. Die<br />
anschließend nicht sorgfältig wieder zugeworfenen Löcher im Boden<br />
und andere Missstände wie Verschmutzung der Fischgewässer<br />
beim Erzwaschen führten offensichtlich häufig zu Ärger mit den zuständigen<br />
Behörden. In einer Verordnung für das Fürstentum Sigmaringen<br />
über das Erzgraben, Waschen und Abführen vom 12.<br />
September 1811 erlässt die Hochfürstliche <strong>Hohenzollerische</strong> Regierung:<br />
"In der Erwägung, daß das Erzgraben seit wenigen Jahren unmäßig<br />
über Hand genommen hat, daß die vielen, ohne Ordnung<br />
eröffneten Erzgruben nicht gehörig ausgearbeitet, die<br />
Öschfelder und Waldungen zwecklos zerstöhret und endlich die<br />
in dem Lande gelegenen Eisenwerke einem fühlbaren Mangel<br />
an Erz für die Zukunft ausgesetzt werden, haben Se. Hochfürstliche<br />
Durchlaucht zu Abwendung dieses unersetzlichen Schadens<br />
und zur Einfuhrung einer ordnungsmäßigen Benutzung<br />
der in der Erde gelegenen Vorräte zu verordnen geruhet:<br />
1) Alles Privatgraben, ohne Ausnahme und Unterschied, auf eigenen,<br />
oder Gemeindsgütern soll für die Zukunft gänzlich aufgehoben<br />
seyn. Nur diejenigen Gruben, die von einzelnen Unternehmern<br />
bereits geöffnet wurden, dürfen von ihnen noch<br />
gänzlich ausgegraben, hingegen aber keine neue Gruben angefangen<br />
werden.<br />
2) In allen Orten, wo Erz gegraben wird, sollen nach den Verhältnissen<br />
der Bevölkerung bestimmte Meisterschaften durch<br />
die Ämter aufgestellt und in Pflichten genommen werden.<br />
3) Nur wirklich steuerpflichtige Bürger sind zu dem Meisterrecht<br />
zugelassen. Bloße Hintersassen aber, oder ledige Leute<br />
hiervon auszuschließen.<br />
4) Zu dem Erzgraben sollen vornehmlich Ausfelder, leerstehende<br />
Plätze in den Waldungen undAllmanden, oder anders unbenützte<br />
Gründe ausgewählt werden. Jedoch sollen die Erzmeister nach<br />
den Umständen und den Erfordernissen der Bergwerke berechtigt<br />
seyn, auch auf bewachsenen Waldflächen, oder auf angebauten<br />
Feldern Erz zu graben, in welchem Fall aber die Anzeige bei dem<br />
betreffenden Amte vorher zu machen ist.<br />
5) Die Erzmeister sind schuldig, bei dem Graben vornehmlich<br />
die bedürfigeren Einwohner aus der Bürgerschaft als Gehülfen<br />
für ihre Arbeit anzustellen, es wäre denn, daß sich diese weigernwollten,<br />
um einen billigen Lohn, worüber das amtliche Erkenntnis<br />
vorbehalten wird, in die Arbeit einzustehen....<br />
7) Keine Grube, ehe selbe gänzlich ausgebaut ist, darf bei Verlust<br />
des Meisterrechts verlassen werden. Von Seiten der Bergverwaltung,<br />
an welche das Erz geliefert wird, soll hierüber<br />
fleißiges Nachsehen gehalten werden.<br />
8) Von keiner Meisterschaft darf mehr als eine Grube zu gleicher<br />
Zeit bearbeitet werden. Währen hingegen, wie zuweilen<br />
auf der Alp geschehen kann, die Gruben sehr klein und unbe-<br />
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deutend, so dürfen 3 Gruben nebeneinander gebauet werden.<br />
9) Den Fuhrleuten aus derjenigen Gemeinde, inner deren Bahn<br />
gegraben wird, kommt die Befugnis zu, in das Fuhrwesen einzustehen<br />
und solches auswärtigen Fuhrleuten zu ziehen. Würden<br />
sie jedoch in den, von den auswärtigen Fuhrleuten angebogenen<br />
Accordpreis nicht eintreten wollen, so steht den Erzmeistern<br />
unbenommen, andere Fuhrleute aus diesseitigen Ortschaften<br />
beizuziehen.<br />
10) Das Einwaschen des Erzes in derLauchert wird überall, wo<br />
das Bett dieses Flusses noch seicht ist, gänzlich verbothen. Nur<br />
von Hitzkofen abwärts, wo der Fluß sich mehr vertiefet, kann<br />
selbes gestattet werden, Alk bereits in der Lauchert bestehenden<br />
Erzwaschen sind daher bei Verlust der Bewilligung dahin<br />
einzurichten, daß der Grund nicht in das Wasser gebracht, sondern<br />
sonst weggeschafft werde...." (MAIER 1958:134f).<br />
Zunächst scheint das Geschäft mit den Bohnerz floriert zu haben,<br />
spätestens mit dem expandierenden Eisenbahnnetz explodierte die<br />
Nachfrage nach Roheisen geradezu. Doch früh erkannte der weitsichtige<br />
Wirtschaftsökonom Ferdinand Steinbeis (1807-1893), damals<br />
als Oberhüttenverwalter in fürstlich fürstenbergischen Diensten<br />
auch für das Hammerwerk Thiergarten zuständig und später<br />
ob seiner Verdienste im Königreich Württemberg geadelt, anlässlich<br />
der Etatberatung für das Geschäftsjahr 1841/42 die daraus erwachsenden<br />
Risiken: "... weil der Eisenwerksbetrieb durch die<br />
Entstehung der Eisenbahnen in eine andere Richtung gewiesen<br />
wird, als sie bisher gangbar war. Es wird in wenigen Jahren so<br />
weit sein, daß die Eisenbahnen mit niedrigsten Frachten das in<br />
England und am Rhein mit Steinkohlen weit billiger als hier<br />
mit Holzkohlen hergestellte Eisen auch nach den süddeutschen<br />
Absatzgebieten schaffen, ganz abgesehen davon, daß künftighin<br />
durch die kommenden Erleichterungen im Transportwesen<br />
viel vorteilhaftere Auswertungsmöglichkeiten gegeben sind, als<br />
sie mit der urwäldlichen Verkohlung in den fürstlichen Werken<br />
in Frage kommen" (SIEBERTZ 1952: 94).<br />
Um die Skepsis von Ferdinand Steinbeis besser verstehen zu können,<br />
muss die wirtschaftliche Effektivität eines Bohnerzhüttenwerks<br />
des 19- Jahrhunderts betrachtet werden. Die vergleichsweise<br />
hochwertigen Bohnerze der Schwäbischen Alb weisen im<br />
Mittel einen Eisengehalt von 28 - 44 % auf, die von Salmendingen<br />
und Veringenstadt teilweise von über 50 %. Sie entstanden als kreidezeitliche<br />
Verwitterungsprodukte der Weißjuraschichten unter<br />
tropischen Klimabedingungen (BORGER 1990). Als grober Richtwert<br />
der bereits ausgereiften Hochofentechnik dieser Zeit wird angegeben:<br />
31 Bohnerz + 11 Holzkohle = 11 Roheisen.<br />
Um eine Tonne geeigneter Holzkohle zu produzieren, mussten ca.<br />
5 Tonnen Buchenholz geschlagen und von Köhlern mehrere Tage<br />
lang arbeitsintensiv aufbereitet werden. Da die Holzvorräte in der<br />
näheren Umgebung der Hochöfen rasch erschöpft waren, wurden<br />
diese aus weit entfernten Waldungen durch Fuhrleute herbeigeschafft,<br />
da weder die Donau noch ihre Nebenflüsse eine Flößerei<br />
wie im Schwarzwald ermöglichten. Vom Hammer Thiergarten ist<br />
bekannt, dass er in großen Mengen Holzkohle aus Ringingen bezog.<br />
In den Jahren 1735-37 wurden dort für das Werk 1571 Bergklafter<br />
Holz verkohlt, das Klafter zu 50 Kreuzer, was einen Gesamtpreis<br />
von 1309 Gulden und 10 Kreuzer ausmachte (KRAUS 1977:<br />
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Steinbeis behielt Recht. Ende der 40-er Jahre des 19. Jahrhunderts<br />
war der Konkurrenzkampf mit den Steinkohle-Eisenhütten des<br />
Ruhrgebietes voll entbrannt. Die einheimische Verhüttung der Erze<br />
mit Hilfe von Holzkohle, eines nur sehr arbeits- und deshalb ko-