Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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mit wichtige Bausteine zur besonderen Identität und zum eigenen<br />
Profil dieser Gemeinde. Die besondere Achtsamkeit und Fürsorge<br />
gegenüber diesen jetzt gesicherten und für die heimatkundliche<br />
wie wissenschaftliche Forschung zugänglichen Schätzen ihrer eigenen<br />
Geschichte legte der Kreisarchivar den Verantwortlichen der<br />
Gemeinde, aber auch allen Bürgern von Krauchenwies ausdrücklich<br />
ans Herz.<br />
Geringßigig überarbeitete Fassung eines Vortrags zur Eröffnung<br />
einer Ausstellung mit „Schätzen" aus dem Gemeindearchiv<br />
Krauchenwies am 4. Juni 2005 in der Gemeindehalle<br />
„Waldhorn" in Krauchenwies.<br />
JÜRGEN SCHEFF<br />
Aus der Not geboren: Bohnerzabbau<br />
auf der Zollemalb bei Salmendingen<br />
im 18. und 19. Jahrhundert.<br />
1 Einleitung<br />
Die Förderung eisenhaltiger Bohnerze aus Karsthohlformen der<br />
Schwäbischen Alb durch die einheimische Bevölkerung im 18. und<br />
19- Jahrhundert stellt ein bisher kaum bearbeitetes Kapitel Wirtschafts-<br />
und Sozialgeschichte dar. Obwohl seit langem als wichtige<br />
ehemalige Zuverdienstquelle von Bauern und Tagelöhnern erkannt,<br />
fehlt bislang eine umfassende Aufarbeitung der zum Teil<br />
bergmännisch betriebenen Bohnerzförderung auf der Alb. Mit Ausnahme<br />
der Arbeiten von ZILLENBILLER (1975), der schwerpunktmäßig<br />
das Fördergebiet um Veringenstadt behandelt, und MAIER<br />
(1958) ist das Phänomen des Erzsuchens, soweit mir bekannt, in<br />
seiner gesamten sozialen Bedeutung ganzheitlich nie bearbeitet<br />
worden. Zwar ist das Phänomen des Bohnerzgrabens dank der vielerorts<br />
zu findenden Abbaugruben in der Bevölkerung noch gegenwärtig,<br />
doch sind schriftlich fixierte Zeitzeugenberichte über<br />
das Vorgehen und die Probleme der Erzgräber bei ihrer nicht ungefährlichen<br />
Tätigkeit nur selten und meist in Zusammenhang mit<br />
Unfällen vorhanden. Der Bohnerzabbau um Salmendingen bildet<br />
hier eine Ausnahme! Es ist das Verdienst zweier <strong>Heimat</strong>forscher,<br />
unabhängig voneinander Fakten über den lokalen Bohnerzabbau<br />
gesammelt zu haben, welche sich gegenseitig ergänzen: Pfarrer<br />
Friedrich Eisele in seiner im Jahr 1899 niedergeschriebenen<br />
Pfarrchronik von Salmendingen sowie Lehrer Josef Bieger, der<br />
1935 die Erinnerungen der 84-jährigen Tochter des letzten Erzmeisters<br />
von Salmendingen, Johann Georg Schmid, schriftlich festhielt.<br />
Mit Hilfe dieser beiden Quellen soll versucht werden, einige<br />
bislang kaum beachtete Aspekte des Bohnerzabbaus auf der Zollemalb<br />
bei Salmendingen zu beleuchten.<br />
2 Anfänge der der Bohnerznutzung auf der Alb<br />
Die Kunst, aus Erzen metallisches Eisen zu gewinnen, hat ihren Ursprung<br />
in Vorderen Orient sowie in Ägypten. Im 2. vorchristlichen<br />
Jahrtausend, vereinzelt bereits im 3. Jahrtausend, sind dort eiserne<br />
Waffen und Schmuckstücke belegt, doch überwiegt noch die Bronzenutzung.<br />
Ab dem 12. Jahrhundert v. Chr. wird im Vorderen Orient<br />
sowie in Griechenland das Eisen das gewöhnliche Metall für<br />
Gebrauchsgegenstände. Nördlich der Alpen treten vereinzelte Eisengegenstände<br />
erstmals im 10. bis 8. Jahrhundert v. Chr. im Fun-<br />
32<br />
Quellen und Literatur:<br />
Gemeindearchiv (GA) Krauchenwies<br />
Sybille Glatz, Irmgard Christel und Armin Heim (Bearb.): Das Gemeindearchiv<br />
Krauchenwies. Findbuch. (1453) - 1593, 1701 -<br />
1991. Kreisarchiv Sigmaringen 2005 (masch.-schr. vervielfältigt)<br />
Landratsamt Sigmaringen, Stabsbereich Kultur und Archiv, Dienstregistratur,<br />
Az. 044.30 Kommunale Archivpflege: Krauchenwies<br />
Archivpflege in den Gemeinden K - 0,1934 - 1971 (Staatsarchiv<br />
Sigmaringen Ho 337 Nr. 13)<br />
Entsendung der Archivreferendare Dr. Schwebel und Dr. Nissen<br />
nach Hohenzollern, um Gemeindearchive zu ordnen, 1939,1942<br />
(Staatsarchiv Sigmaringen Ho 337 Nr. 18)<br />
dinventar von Gräbern der spätbronzezeitlichen Urnenfelderkultur<br />
auf, wohl Importartikel aus Süd- und Südosteuropa. Während der<br />
frühkeltischen Hallstattzeit (8. - 5. Jh. v. Chr.) lässt sich einheimisches<br />
metallverarbeitendes Gewerbe nachweisen. Die ältesten ergrabenen<br />
Verhüttungsplätze in Baden-Württemberg datieren in die<br />
2. Hälfte des 5- Jahrhunderts und somit bereits in die spätkeltische<br />
Latenezeit. Auf der Uracher Alb, nahe des Landesgestüts St. Johann,<br />
konnten in den Jahren 1995/96 nach intensiver geomagnetischer<br />
Prospektion einer vor Schlacken übersäten Ackerfläche mehrere<br />
kleine Rennöfen ergraben werden.<br />
Während für die Zeit der römischen Okkupation im 1. bis 3- nachchristlichen<br />
Jahrhundert bislang Hinweise auf einheimische Erzverhüttung<br />
gänzlich fehlen, setzt nach der alamannischen Landnahme<br />
ab dem 5. Jahrhundert im Umfeld der Schwäbischen Alb<br />
eine intensive Nutzung sowohl der Braunjuraerze als auch der<br />
Bohnerze der Albhochfläche ein, die bis in die Neuzeit Bestand haben<br />
sollte (KEMPA 1996). Für Salmendingen ist der Betrieb von<br />
Rennöfen urkundlich erstmals für das Jahr 1525 gesichert (KRAUS<br />
1978: 26). Im Salmendinger Heiligenrodel werden "Bläwinen",<br />
also Blauöfen in der Nähe von Monk und Kornbühl erwähnt. Ab<br />
dem 16./17. Jahrhundert wurden die kleinen, in der Nähe der lokalen<br />
Lagerstätten errichteten Rennöfen von echten Hochöfen verdrängt,<br />
welche unter herrschaftlicher Obhut von Fachkräften geführt<br />
wurden. Von Salmendingen aus durften auf Grund landesherrlicher<br />
Verträge im Allgemeinen nur das fürstlich fürstenbergische<br />
Hammerwerk Thiergarten im Donautal (gegründet 1671) als<br />
auch die hohenzollerischen Hüttenwerke Laucherthal nahe Sigmaringen<br />
(gegründet 1708) beliefert werden. Vereinzelt durfte gegen<br />
Entrichtung eines Zolls auch an einen Zwischenhändler im württembergischen<br />
Ofterdingen geliefert werden; der Verhüttungsplatz<br />
war dann Friedrichsthal bei Freudenstadt.<br />
Mit dem Beginn der Mechanisierung und Industrialisierung gegen<br />
Ende des 18. Jahrhunderts bzw. in der ersten Hälfte desl9- Jahrhunderts<br />
stieg die Nachfrage nach dem Werkstoff Eisen weltweit rasant<br />
an. Technische Neuerungen wie Dampfmaschinen, mechanische<br />
Webstühle, Rundwirkstühle, aber auch die aufkommende Rüstungsindustrie<br />
waren ohne dieses Metall nicht denkbar. Als die Eisenbahn<br />
nach der Jungfernfahrt der legendären Dampflok "Adler"<br />
im Jahr 1835 zwischen Nürnberg und Fürth ihren kometenhaften<br />
Aufstieg auch in Deutschland nahm, war der Eisenbedarf für Schienen<br />
und anderes Zubehör kaum mehr zu decken, so dass systematisch<br />
nach sämtlichen nutzbaren Erzvorkommen gesucht wurde.<br />
Noch 1776 betrug die Roheisenproduktion der Welt etwa 0,2 Mio<br />
Tonnen, 1865 waren es etwa 10 Mio Tonnen, was in gerade 90 Jahren<br />
eine Steigerang um das 50-fache bedeutet (LINDER 1981: 331).