Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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an der Walhalla bei Regensburg, wo er acht Jahre tätig war. Durch<br />
Vermittlung des bayrischen Königshauses erhielt er Aufträge nach<br />
Griechenland, wo ein Sproß des bayrischen Hauses Wittelsbach<br />
den griechischen Thron inne hatte. Auch Fürst Konstantin von Hohenzoliern-Hechingen<br />
finden wir unter den Auftraggebern unseres<br />
Meisters. Zu seinen besten Arbeiten gehören die Altäre der Kirchen<br />
St. Jodak, St. Martin und St. Jakob in Landshut und in der Pfarrkirche<br />
in Velden-Niederbayern und Frontenhausen St. Jakob.<br />
Ein glücklicher Zufall führte nun Hanna und Gerhard Sauter aus<br />
Haigerloch-Trillfingen nach einer Wallfahrt in Altötting im Jahr<br />
2006 in die Kirche des niederbayrischen Ortes Marktl. Dort fanden<br />
sie den Taufstein, in dem Papst Benedikt XVI. als Neugeborener am<br />
Karsamstag, 16. April 1927, das Sakrament der Taufe empfing. An<br />
der Kirchenwand entdeckten sie eine Beschreibung, dass der neugotische<br />
Hochaltar der Kirche und der davor stehende Taufstein<br />
von dem berühmten Künstler Anselm Sickinger geschaffen wurden.<br />
(Abb. 1,2 und 6)<br />
Der Text auf der Erinnerungstafel zum Taufstein trägt folgenden<br />
Wortlaut:<br />
„Der Taufstein -Taufbecken unseres Hl. Vaters<br />
Der Taufstein ist das Juwel der Kirche. Besondere Bedeutung erhielt<br />
er durch die Wahl von Joseph Kardinal Ratzinger zum<br />
Papst.<br />
Am Karsamstag, 16. April 1927, wurde hier Joseph Alois<br />
Ratzinger wenige Stunden nach seiner Geburt - um<br />
08.30 Uhr - durch das Sakrament der Taufe zur Kindschaft<br />
Gottes berufen.<br />
Der Taufstein wurde von dem Münchner Bildhauer Anselm<br />
Sickinger (1807 -1873) für die im Jahre 1857 neu errichtete<br />
St. Oswaldkirche in Marktl geschaffen. Er ist ein sechseckiger<br />
Stein aus Donau-Kalkstein mit sechs unterschiedlichen Engelsköpfen<br />
und das, wie man heute weiß, künstlerisch ivertvollste<br />
Stück in Marktl. Aus seiner Werkstatt stammt auch der St. Oswaldaltar,<br />
der vom damaligen neugotischen Bau erhalten ist.<br />
Beim Umbau der Kirche im Jahre 1965 wurde der alte Taufstein<br />
aus der Kirche entfernt und durch einen im modernen Stil geschaffenen<br />
ersetzt. Bis vor wenigen Jahren fristete er ein unbeachtetes<br />
Dasein im Pfarrgarten. Der <strong>Heimat</strong>bund rettete ihn,<br />
brachte ihn ins Museum und stellte ihn jetzt der Pfarrkirche<br />
wieder zur Verfügung. Nach kleinen Reparaturen wurde der<br />
Taufstein in neuem Glanz am Gründonnerstag des Jahres 2006<br />
wieder in der Kirche aufgestellt. Die neue Abdeckung aus Glas<br />
mit derJakobsmuschel ist eine Arbeit des Künstlers Franz Hämmerle<br />
aus Windach am Ammersee. Papst Benedikt XVI schreibt<br />
in einer persönlichen Grußbotschaft an die Marktler:<br />
,... und ich bin froh, dass der Taufstein nun wieder seinen<br />
Platz in der Pfarrkirche gefunden hat. Es ist ein<br />
schönes Symbol dafür, dass unser Glaube nicht der Vergangenheit<br />
angehört, deren Zeugnisse man in Museen<br />
aufbewahrt, sondern dass er lebensspendendes Zentrum<br />
unseres Daseins ist.'"<br />
Dem ausführlichen Werk „Die Frauenkirche in München" von Peter<br />
Pfister und Hans Ramisch ist zu entnehmen, dass der neugotische<br />
Hochaltar der Frauenkirche von Josef Knabl und Anselm<br />
Sickinger 1861 gefertigt und durch Brand beim Bombenangriff auf<br />
München 1945 zerstört wurde.<br />
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Abb. 3• Hochaltar in der Frauenkirche München. Den Hochaltar<br />
in der Münchner Frauenkirche schufen Joseph Knabl und<br />
Anselm Sickinger 1861. Dieser wurde 1945 durch Luftangriff<br />
zerstört. Vorlage: Die Frauenkirche in München.<br />
In Anselm Sickingers Werkstätte wurden die zwölf Apostel an der<br />
Predella (Sockel des Altaraufsatzes) dieses Hochaltars geschaffen.<br />
(Abb. 4.)<br />
Die von Sickinger stammende Kanzel und ein Altar im Kapellenkranz<br />
der Münchner Frauenkirche fielen ebenfalls diesem Brand<br />
zum Opfer. Eine größere Anzahl schöner gotischer Grabdenkmale<br />
auf verschiedenen Friedhöfen Münchens wurden ebenfalls in<br />
Sickingers Werkstätten hergestellt. Anselms Vetter, der Bildhauer<br />
Jakob Sickinger aus Owingen, der bis nach Anselms Tod in den<br />
Werkstätten in bedeutender Position tätig war, arbeitete besonders<br />
in Marmor.<br />
Anselm Sickinger verstarb 66-jährig am 17.10.1873 in München.<br />
Seinen ersten Sohn verlor er in dessen bestem Alter von 38 Jahren,<br />
und seinen jüngsten 26-jährig an Tuberkulose infolge einer Staublunge.<br />
Sie sollten die Nachfolger des Vaters werden. Der mittlere<br />
Sohn Adalbert verkaufte nach des Vaters Tod die gesamten Werkstätten.<br />
Er arbeitete als Architekt. Seinem Willen gemäß fiel das beträchtliche<br />
Vermögen nach seinem Ableben in 1920 als Stiftung an<br />
die Stadt München. Es sollte den Hilfsbedürftigen der Stadt zugute<br />
kommen. Im Zweiten Weltkrieg wurden auch die Werkstätten der<br />
Sickinger durch Bombenhagel vernichtet. Das Gelände, auf dem<br />
diese einstmals standen, erhielt nach den Aufräumarbeiten die Bezeichnung<br />
„Sickinger Platz". Die Landeshauptstadt München ehrte<br />
Anselm Sickinger (1807-1873), seine verstorbenen drei Söhne Anselm<br />
(1830-1867) und dessen Frau Barbara (1835-1870), Adalbert<br />
(1837-1920), Adolf-Joseph (1845-1871), seinen Enkel Adalbert<br />
(1878-1896), seine Frau Theresia (1806-1974) und seine