Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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Baum bald licht vor schattigem Grund, bald ist es umgekehrt, und<br />
die Umrisse des im Dunkeln stehenden Gehölzes heben sich ab<br />
vom hell leuchtenden Laub im Hintergrund. Im Park sind Bäume<br />
mit glatter Rinde neben solche mit stark rissiger Borke gesetzt. Und<br />
Blätter mit geschlossener Form und weichem, fließendem Rand<br />
stehen im Kontrast zu solchen mit fingerförmig aufgebrochener<br />
Kontur. Umgeben von Laubbäumen setzen dann vereinzelt Koniferen<br />
Akzente durch ihre andersartige Gestalt und Farbe - oder<br />
Gehölze, deren Blattfarbe sich von derjenigen anderer Bäume abhebt,<br />
wie jene Blutbuche nahe des Weihers, die bis zum Sommer<br />
2001 die Zäsur zweier unterschiedlicher Räume pointiert hervorhob:<br />
Das Dunkel der meist im Schatten hegenden steilen Nordund<br />
Osthänge verstärken die dort gehäuft stehenden Koniferen und<br />
bilden kontrastreiches Gegenüber zum helleren Gehölzsaum.<br />
Abb. 3: Blick vom Unteren Parterre auf die Terrassenmauer<br />
und die Fassade des Neuen Prinzenbaus um 1900. Vorlage:<br />
Fürstl. Hohenz. Sammlungen Sigmaringen<br />
In der Bewegung eröffnen sich dem Wandelnden ständig neue Bilder.<br />
Und auch für den Ruhenden bleiben die Szenen nicht statisch.<br />
Denn unaufhaltsam wandelt der Lauf der Sonne die Erscheinung<br />
der einzelnen Szenen. Und Wind und Wolken beleben die Bilder<br />
auf ihre Weise. Wer aufmerksam dem Winde lauscht, wird bald erstaunt<br />
sein, welch Unterschiede wahrzunehmen sind unter Ahorn<br />
und Buche, Linde oder Eiche. Bald erfüllt ein leises Zittern der<br />
Blätter die Luft, bald fährt der Wind durch tanzendes Geäst und<br />
entlockt dem Gehölz ein kräftiges Rascheln.<br />
Die Wege führen an der Peripherie der großen Freiräume entlang<br />
und verschwinden immer wieder hinter Büschen. Oder sie queren<br />
die Freiräume und die Sichtachsen, die den Blick lenken und auf<br />
ausgewählte Objekte richten. Immer wieder kommen auf diese<br />
Weise Prinzenbau und Schloss ins Blickfeld (Abb. 4), aber auch<br />
einzeln stehende Bäume oder die Kuppel der Hedinger Erlöserkirche.<br />
Und zugleich führen die Sichtachsen nah und fern zusammen.<br />
In der Regel sind die Wege im landschaftlich geprägten Teil so gelegt,<br />
dass der Blick von ihnen aus in die Tiefe des Raumes zu<br />
schweifen vermag, und die Distanz des Raumes vor Augen liegt.<br />
Eher selten fallen Gehrichtung und Blickrichtung zusammen, wie<br />
dies besonders im südhchen Teil des Landschaftsgartens der Fall<br />
ist. Dort taucht beispielsweise an verschiedenen Stellen in der Gehrichtung<br />
der Kuppelbau der Hedinger Kirche auf, der sich über der<br />
fürstlichen Gruft erhebt. Und ist dann doch die Richtung ein kurzes<br />
Stück gemeinsam, fängt der Weg an, sich sanft zu krümmen,<br />
und eh man sich gelenkt versieht, wird zunächst der Fuß und<br />
schließlich auch das Auge in eine andere Richtung geleitet - oder<br />
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der Weg führt nach unten und das nahende Gehölz entzieht die Architektur<br />
dem Blick. Was im Augenbhck gegenwärtig ist, ist einen<br />
Schritt weiter bereits Vergangenheit und weicht dem neu Erspähtem,<br />
dem sich neu Eröffnenden, neuen Szenen. Dann gabelt sich<br />
plötzhch der Weg, und die Entscheidung ist gefordert, links oder<br />
rechts zu gehen - oder auch umzukehren.<br />
Abb. 4: Blick über den Weiher, dem zentralen Element des landschaftlich<br />
geprägten Gartenteils, in nordwestliche Richtung<br />
entlang der im März 2007 wieder freigelegten Sichtachse mit<br />
Prinzenbau und Schloss. Foto: F.-S. Gäßler, März2007<br />
Beim Weiher sind die Gegensatzpaare gehäuft anzutreffen. Auf<br />
Himmel und Erde treffen wir, auf Land und Wasser. Das Fließende<br />
und das leicht zu Bewegende des Wassers steht der Dauerhaftigkeit,<br />
der Unbeweglichkeit und der Härte des Felsens gegenüber,<br />
die der Zeit zu trotzen scheinen. Und in ähnlicher Weise stehen<br />
sich Biegsames und Sperriges gegenüber: Gras, das sich dem Tritt<br />
des Fußes beugt, dem Gehölz, das den Schritt hemmt. Die ebene<br />
Fläche steht im Kontrast zur Böschung und die sanft ausschwingenden<br />
Hänge zum schroff abfallenden Fels. Wie auch andernorts<br />
zu sehen - möchte man einwenden. Und doch sind die einzelnen<br />
Elemente in ihrer unterschiedlichen Wesensart auf kleinem Raum<br />
so zueinander gefügt, dass sich in ihnen Grunderfahrungen widerspiegeln<br />
können: Kein Weg führt zwischen Fels und Wasser entlang;<br />
steil bricht der Fels ab ins Wasser und ist dem Zugriff des Betrachters<br />
entzogen. Wie so manches im Leben bleibt er unerreichbar.<br />
Noch auf festem Grund stehend, bringt einen Schritt weiter das<br />
Bodenlose die unüberwindbare Distanz und hemmt den Fuß, nach<br />
vorne, dorthin zu treten, wo der Grund nicht mehr sichtbar ist und<br />
unter der spiegelnden Oberfläche des Wassers verschwindet. Der<br />
Bhck unter die Oberfläche ist verwehrt; mit bloßem Auge ist die<br />
Tiefe nicht auszuloten. Erreichbares und dem Zugriff Entzogenes<br />
nimmt das Auge wahr. Derart gibt es Bereiche, die bestimmten Sinnen<br />
verschlossen bleiben - das Rätselhafte existiert neben der ver-