philanthropische Objektivität der Mediennutzer fördern. Die Medienethik sprichtvon einer Verantwortung im Medienprozess dem Individuum und dem Kollektivgegenüber und sieht die Medien als eine gesellschaftliche Institution an.Schlingensief erkennt diese große Verantwortung an und wählt die öffentlichenMöglichkeiten des Theaters, der Kunst und des Happenings und das populärstedavon - das Fernsehen – lässt ihn am ehesten den ihm anerzogenenGerechtigkeitswahn ausleben. 26 Er benutzt die Medienrealität eben nicht nur umdie lebensweltliche Realität abzubilden, sondern sie durch seine typischen Mittelder Übertreibung, der Widersprüchlichkeit, der Handgreiflichkeit, der degoutantenÄsthetik und dem stets beabsichtigten Irritationsspiel mit den Zuschauern zukritisieren, um so Denkprozesse in Gang zu setzen. Dabei bevorzugt er es ganzoffensichtlich, die Zuschauer spielerisch zu irritieren, wobei diese nie genauwissen, was nun echt, gespielt oder inszeniert ist. Man könnte also sagen, dass ersich der TV-typischen Instrumente nur bedient und die ErfolgsversprechendenWirkungen des Fernsehens ausnutzt, um damit und dadurch gesellschafts- undkulturkritische Politik zu machen. Politik ist immer auch der Versuch, dieKomplexität der Wirklichkeit zu durchschauen und diese Realität im Rahmen desMöglichen erträglicher zu gestalten, wobei es beim „sozialen schlingensiefschenPolitainment“, durchaus auch um einen „Rahmen des Unmöglichen“ in dem Sinne,wie dies der deutsch-schweizerische Schriftsteller Hermann Hesse formulierte:„Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.“ 27Schlingensief vergleicht seine Fernseharbeit gerne mit der Arbeit seines Vaters,der als Apotheker seinen Kunden die Rezepturen stets in dem Bewusstseinaushändigte, dass bekanntlich „die Dosis das Gift“ macht, d.h. dass die in denMedikamenten enthaltenen giftigen Substanzen sich in niedriger Dosierung alsheilsam erweisen. So „vergiftet“ Schlingensief die Rezipienten ein wenig, damit sieeine endgültige Heilung erfahren. 2826 vgl. Interview von Thomas Neuhauser mit Christoph Schlingensief von ARTE- TV im April 2002auf der Homepage www.arte-tv.com, 10.06.0327 Entnommen der Internetseite www.aphorismen.de , 20.05 200328 vgl. Interview von Thomas Neuhauser mit Christoph Schlingensief von ARTE- TV im April 2002auf der Homepage www.arte-tv.com, 10.06.03113
In diesem Sinne vergleicht Peter Kümmel Schlingensief mit einem wohltätigen Gift,mit einer Person, die von einem „menschenfreundliches gerechten Anthrax“träumt, um es den Menschen zu verabreichen, damit diese zu Gutmenschenwerden („Die Zeit“, 21.3 2002).Diese Provokation ist oft eine Selbstprovokation, eine Selbstvergiftung unddadurch eine Selbstheilung. Er vergiftet das Fernsehen mit sich und seinen eigenshervorgebrachten Formaten, damit die Medienmacher unter dieserProvokationsdroge, umzudenken beginnen und ein soziales und sinnvollesProgramm machen.Wenn Schlingensief Aufmerksamkeit und Aufsehen erregen will, damit jemandseine Botschaften weitertransportiert und er gesellschaftlich anerkannt bzw.überhaupt registriert wird, muss er in der heutigen Bilderflut und der überhandnehmenden medialen Polarisierung 29 , eine besondere Ästhetik für seine Formateentwickeln und eine bestimmte Radikalität in der Darstellungsweise seines„Minderheitenfernsehens“ an den „virtuellen Tag“ legen. Auch wenn Schlingensiefim Prozess der allgemeinen Individualisierung, eher Individuen und weniger dieMassen anspricht, wählt er dennoch Themen, die von öffentlichem allgemeinemInteresse sind.„…Wozu also dann weiter grauenhafte Geschichten? Weil wir vor dem Grauen derRealität die Augen schließen, um sie überhaupt auszuhalten. Verdrängung heißtdie Erbsünde Nummer eins, im gesellschaftlichen wie im individuellen Bereich –gegen sie sind wir alle ziemlich machtlos. Vielleicht haben wir die Kunst erfunden,um wenigstens eine kleine Waffe gegen sie zu haben“, (Georg Seeßlen, 1998, S.75) äußert sich der deutsche Filmregisseur Michael Haneke über Kunst undRealität. Ich denke, mit dieser Bemerkung lässt sich die Idee von ChristophSchlingensiefs Werk einmal mehr erklären und auf den Punkt bringen.Schlingensief geht es um ein Ankämpfen gegen die allgemeine Verdrängung von29 Die Polarisierung in unserem Fernsehzeitalter manifestiert sich beispielsweise in den bis zuvierzig Fernsehkanälen und dem fast pathologischen Fernsehverhaltens des „Zappens“ derRezipienten.114
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François Michel CroissantTelevisio
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nur einen für meine Zwecke ausreic
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II. Zum „performativen Realitäts
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Einleitung„Babysitter der Moderne
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Seit der ersten richtigen Talkshow
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I. Normative Muster schlingensiefsc
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„Lindenstrasse“, die er als zum
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seine Theaterstücke und Filme inte
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Er lässt aus mehreren Personen ein
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„Friedenshase“ bezeichnet. Schl
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Mit diesem Format versucht Schlinge
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Mit Argwohn betrachtet Schlingensie
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Zudem beinhaltet „Freakstars 3000
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folgenden Worten seine Unterstützu
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Castingshow“ sowie „Beziehungs-
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darzustellen, die das Gewohnte der
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2.2.1 Zur Klassifizierung der „Ta
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Streitgespräch wird durch eventuel
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Die aktive Vermittlung einer einzig
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Gewohnheits-Seher“ zuweisen. Es g
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Der Erfinder der Reality-Soap „Bi
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Mischung fiktionaler und dokumentar
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wie Essen, Waschen und Aufstehen fa
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unkommentiert dargeboten werden, so
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endgültig seinen ursprünglichen,
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Hauptgegenstand wurde mit der Sendu
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III.Schriftliches Leitfadenintervie
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