„Friedenshase“ bezeichnet. Schlingensief, der von einigen sogar als legitimer ErbeBeuys´ angesehen wird, setzt sein „Happening“ von 1997 direkt mit demBeuysschen „Happening“ auf der „Dokumenta 7“ von 1982 in Beziehung. DessenMotto, „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ greift Schlingensief auf, wenn er imRahmen seines Happenings formuliert: „Was sind schon 7000 Eichen gegen 6Millionen Arbeitslose“ (Lochte & Schulz, 1998). Ansonsten ähnelte diese Aktioneinem Kommunenhaften Sit-in à la John Lennon und Yoko Ono, bei demSchlingensief mit seinen Freunden 48 Stunden lang vor der Orangerie trinkt, isst,wohnt und liebt und unter anderem für den Weltfrieden demonstriert. Dabei wurdeauch die Frage nach dem Kunstbegriff gestellt; so blockierte Schlingensief mitmehreren Sandsäcken den Weg zur Orangerie und beschimpfte einige Besucherder Dokumenta, die auf dem Weg <strong>zum</strong> Café die Sandsäcke betraten, sie machtennicht einmal vor Kunstwerken halt. Sicherlich war der Höhepunkt dieser Aktionjedoch, der durch entsprechende Plakate unterstützte Aufruf „Tötet Helmut Kohl“,wofür Schlingensief und seine Anhänger vorübergehend auch verhaftet wurden.Wie seine Vorbilder verbindet Christoph Schlingensief das Leben mit der Kunstund die Kunst mit dem Leben. Frei nach der Auffassung, dass man als Künstlerauch Politiker sei, zieht Schlingensief gerne den Schutzmantel des Künstlers an,um in dieser Tarnung um so leichter mit seinen politischen Waffen hantieren zukönnen. Er weiß sie gut zu gebrauchen, um die in seinen Augen lediglichsimulierenden „Schaufensterpolitiker“ zu kritisieren. (vgl. „Nachtstudio“, 2002,Volker Panzer)1.3.3 „Chance 2000“Die Gründung der Partei „Chance 2000 - Partei der letzten Chance“ sowie dasdamit zusammenhängende Theaterstück „Chance 2000 - Wahlkampfzirkus 98´“und die Polit-Aktion „Baden im Wolfgangsee“ im Ferienort des Altkanzlers HelmutKohl waren den Arbeitslosen gewidmet und stellten sozusagen eine Weiterführungdes Happenings auf der Dokumenta X in Kassel dar. Flugblätter warben mitSlogans wie „Chance 2000 macht Unsichtbares sichtbar“, „Chance 2000 managt19
Selbstbewusstsein und Selbstdarstellung“ oder „Erobert die Medien“(Schlingensief, 1998, S.18). Dem Gefühl dieser vielen Menschen, nicht mehrgebraucht zu werden und austauschbar zu sein, wollte Schlingensief Ausdruckverleihen. Dieser negativen Selbsteinschätzung wollte er entgegen arbeiten, indemer die Betroffenen aufforderte, sich zu zeigen und der Öffentlichkeit damit klar <strong>zum</strong>achen, dass sie da sind und eine Stimme haben. Dabei beabsichtigte er, dieArbeitslosen zu motivieren sich selbst zu wählen und sich so ihre Stimmen selbstzu geben, anstatt sich von Politikern für deren Zwecke missbrauchen zu lassen.Sie sollten damit einen Wert verkörpern, als der sie in der Öffentlichkeit bislangnicht wahrgenommen wurden. „Chance 2000“ wollte die Akzeptanz derArbeitslosen in der Gesellschaft fördern und rief sie – damals fast 6 Millionen – auf,gemeinsam mit Schlingensief in den Wolfgangssee zu springen, um ihn <strong>zum</strong>Überlaufen zu bringen und Altkanzler Kohl „nasse Füße“ zu verschaffen.1.3.4 „U 3000“Im November 2000 veranstaltet Schlingensief eine neue Show auf MTV, eineMischung aus „Trash-Show“, Unterhaltungs- und Spielshow und wie üblich einemkünstlerischen Happening. Die Sendung ist auf nur 8 Folgen konzipiert. Diesmal istder Schauplatz eine U-Bahn die durch das nächtliche Berlin rast, so auch derName „U3000“. Es sind jede Menge Gäste geladen, Prominente wie auchUnprominente, normale Fahrgäste, Freunde und Schauspieler des Gastgebers undausgewählte Musikgruppen. Vertreter der seichten Unterhaltung treffen aufSozialhilfe empfangende Familien, die ihr Privatleben vor der Öffentlichkeitausbreiten sollen. Das Publikum hat dann die Aufgabe darüber abzustimmen, obdie so geschilderten Familienschicksale mit der Wirklichkeit übereinstimmen odernicht. In jeder Folge wird außerdem eine sinnlose Wette à la „Wetten dass“veranstaltet, in der ein alter Mann, der den Kultursenator Berlins verkörpern soll, inder eiskalten Spree gegen eine Familie schwimmt, die - Gäste der nächstenSendung - versuchen muss, ihr Auto mit einem Vorschlaghammer total zudemolieren, bevor der Schwimmer am Ziel ist.20
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Schlingensief thematisiert. Das Fam
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