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Barbara Hoffmann Zwischen Integration, Kooperation und Vernichtung

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Der RBH war aber auch in anderer Hinsicht von Bedeutung für blinde Hand wer ker-<br />

In nen der „Ostmark“. In den RBH-R<strong>und</strong>schreiben wurden die Schutzbestimmungen für<br />

das Blindenhandwerk in der „Ostmark“ publiziert. Den blinden HandwerkerInnen im<br />

„Altreich“ wurde im Dezember 1938 per Erlass des Reichswirtschaftsministers verboten,<br />

ihre Blindenwaren im „Land Österreich“ 785 zu verkaufen oder dorthin zu liefern. 786 Diese<br />

Regelung wurde in der Folge bis mindestens zum 30. Juni 1940 ausgedehnt. 787<br />

Im Februar 1940 wurde das deutsche Handwerksrecht in der „Ostmark“ eingeführt. 788<br />

Blinde HandwerkerInnen mussten sich nun in die Handwerksrolle eintragen lassen, als<br />

Voraussetzung dafür, das Blindenhandwerk selbständig ausüben zu dürfen. Die Meisterprüfung,<br />

die dafür eigentlich die Voraussetzung war, wurde von den blinden HandwerkerInnen<br />

aber nicht zwingend verlangt. Sie konnten auf Gr<strong>und</strong> einer Ausnahmebewilligung in die<br />

Handwerksrolle eingetragen werden. 789<br />

Mit Kriegsbeginn verbesserte sich die Auftragslage der blinden HandwerkerInnen,<br />

vor allem durch Aufträge der Wehrmacht, 790 wie Geschosskörbe, Bürsten oder Besen. 791<br />

Der Gewinn bei der Herstellung solcher Heeresbedarfsartikel war allerdings nicht sehr<br />

groß, denn die Wehrmacht zahlte niedrige Stückpreise. Hinzu kam, dass es vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> der Kriegswirtschaft zunehmend schwieriger wurde, Rohmaterial zu<br />

beschaffen. Auf der Tagung der LeiterInnen <strong>und</strong> LehrerInnen deutscher Blindenschulen<br />

1940 wurde daher empfohlen, vermehrt „Jagd nach den Pflanzenarten der engeren<br />

Heimat zu machen.“ 792 Die Werkstätten der Blindenschulen testeten die Verwendung<br />

von Schilf <strong>und</strong> Wurzeln von heimischen Grasarten. Außerdem erließ die NS-Regierung<br />

noch Kriegsauflagenprogramme für blinde HandwerkerInnen. Sie sollten Kohlenkörbe,<br />

Glasballonkörbe <strong>und</strong> Kleineisenpackkörbe sowie auch Körbe für anderen Bedarf wie<br />

z. B. Kartoffelkörbe produzieren. Für diese kriegswichtigen Produktionen wurde nach<br />

Möglichkeit Rohmaterial zur Verfügung gestellt. 793 Eisen hingegen, das die Blindenwerkstätten<br />

zum Beispiel für das Zusammensetzen von Wäscheklammern benötigten,<br />

war kaum mehr beschaffbar.<br />

785 BAB, DGT, R 36/1805, Reichsverband für das deutsche Blindenhandwerk, R<strong>und</strong>schreiben Nr. 5 1939/1940,<br />

S. 5 [GZ AZ III SW 29013/38, Erlass des Reichswirtschaftsministers im Einvernehmen mit dem Herrn<br />

Reichskommissar für die Preisbildung vom 8.12.38].<br />

786 Erlassen wurden diese Vorschriften im Zuge der Verordnung über einen Marktschutz für die österreichische<br />

Wirtschaft vom 27. September 1938 ([D] RGBl., Teil I, S. 1203). Vgl. BAB, R 36/1805, Reichsverband<br />

für das deutsche Blindenhandwerk, R<strong>und</strong>schreiben Nr. 5 (1938/39), S. 5 [GZ AZ III SW 29013/38, Erlass<br />

des Reichswirtschaftsministers im Einvernehmen mit dem Herrn Reichskommissar für die Preisbildung<br />

vom 8.12.38].<br />

787 Der Akt ist nicht vollständig. Über eine Fortsetzung dieser Schutzbestimmungen ist daher nichts bekannt.<br />

Vgl. BAB, DGT, R 36/1805, Reichsverband für das deutsche Blindenhandwerk, R<strong>und</strong>schreiben<br />

Nr. 6 (1939).<br />

788 Vgl. [D] RGBl., Teil I, Verordnung über die Einführung des Handwerkrechts in der Ostmark vom 24. Februar<br />

1940, S. 420–422.<br />

789 Vgl. Claeßen, Handwerker, S. 38–51, hier S. 3; BAB, DGT, R 36/1805, Reichsverband für das deutsche<br />

Blindenhandwerk, R<strong>und</strong>schreiben Nr. 8 (1940), S. 1.<br />

790 Vgl. BAB, DGT, R 36/1762, Arbeitsgemeinschaft für Blindenfürsorge <strong>und</strong> Blindenbildung, Nr. III, 2512/40,<br />

Niederschrift über die erste Tagung der Arbeitsgemeinschaft am 25.10.1940 in Berlin, S. 32.<br />

791 Vgl. Demmel, Nacht zum Licht, S. 194.<br />

792 O. A., Arbeitstagung der Leiter <strong>und</strong> Lehrer, S. 51.<br />

793 Vgl. o. A., Nachrichten des Reichsverbandes für das Blindenhandwerk, S. 62–64, hier S. 63.<br />

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