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Barbara Hoffmann Zwischen Integration, Kooperation und Vernichtung

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Blindenverband“. 446 Durch den „Arierparagraphen“ wurden blinde Menschen jüdischer<br />

Herkunft nach dem „Anschluss“ vom RBV ausgeschlossen. 447 Andere Funktionäre des „Verbandes<br />

der Blindenvereine Österreich“ arbeiteten allerdings 1938 im RBV weiter. In der<br />

öffentlichen Darstellung wurde die Zusammenarbeit mit dem „Hilfsverein der jüdischen<br />

Blinden“ aus der Zeit vor 1938 allerdings verleugnet. 448 Proteste gegen den Ausschluss der<br />

ehemaligen jüdischen „VereinskollegInnen“ sind nicht überliefert.<br />

In der RBV-Zeitschrift „Die Blindenwelt“ wurde die erzwungene „Eingliederung“ der<br />

Blindenselbsthilfevereine in den RBV als „freiwillig“ dargestellt. 449 Karl Satzenhofer, der<br />

ehemalige Obmann des „Verbandes der Blindenvereine Österreichs“ 450 , veröffentlichte<br />

im Mai 1938 in der Zeitschrift „Die Blindenwelt“ einen Artikel, in dem er von einer<br />

angeblich großen AnhängerInnenschaft der NationalsozialistInnen unter den blinden<br />

Menschen in Österreich berichtete: „Wohl niemand in Oesterreich hat den Zusammenschluß<br />

mit dem Deutschen Reich sehnlicher herbeigewünscht als die Blinden.“ 451 Sein<br />

Beitrag gibt einen Hinweis darauf, welche Motivation blinde Menschen gehabt haben<br />

könnten, die „Zwangseingliederung“ ihrer Vereine in den RBV zu begrüßen: „Was wir<br />

von der Eingliederung in das große Deutsche Reich <strong>und</strong> damit in den RBV. erwarten, das<br />

läßt sich in zwei Worten ausdrücken: Ordnung <strong>und</strong> Arbeit.“ 452 Das stark zersplitterte<br />

Blindenwesen der <strong>Zwischen</strong>kriegszeit konnte angesichts der in Österreich herrschenden<br />

enormen Arbeitslosigkeit den blinden Menschen nur bedingt helfen. Dies nutzte der<br />

RBV „Ostmark“, um blinden Menschen mit der Aussicht auf Besserung ihrer Lage an<br />

das NS-Blindenwesen zu binden.<br />

Als kommissarischer Geschäftsführer <strong>und</strong> Leiter der Landesgruppe „Ostmark“ wurde<br />

der „Parteigenosse“ Franz Hartl eingesetzt. 453 Die gleiche Funktion übte er über das „ostmärkische<br />

Blindenfürsorgewesen“ aus. Er galt damit als Generalkommissar für das „ostmärkische<br />

Blindenwesen“. 454 Die beiden Vereinsgruppierungen im Blindenwesen wurden also<br />

zunächst in Personalunion geführt. Nach dem „Anschluss“ wurde so offenbar versucht, die<br />

446 Altmann, Blindenwesen, S. 146–162, hier S. 152–153; Bachleitner, Vogel, Jakob Wald, S. 32–33, hier<br />

S. 33.<br />

447 Vgl. weiterführend: Kapitel II.11.2, IV.2; Die jüdischen Blindenorganisationen wurden 1938 zwangsweise<br />

in das „Israelitische Blindeninstitut“ „eingegliedert“. Vgl. Kapitel IV.5.<br />

448 In einem Aufsatz von Satzenhofer in „Die Blindenwelt“ über das Blindenselbsthilfewesen in Österreich<br />

zwischen 1934 <strong>und</strong> 1938 wird die Beteiligung des „Hilfsvereins der jüdischen Blinden“ an dem „Verband<br />

der Blindenvereine Österreichs“ nicht erwähnt. Vgl. Satzenhofer, Blindenselbsthilfewesen, S. 127–130,<br />

hier S. 127.<br />

449 Vgl. Gersdorff, Willkommensgruß, S. 86–87, hier S. 87. [Franz Holzer war bis zum „Anschluss“ der Leiter<br />

des Verbandes der Blindenvereine Österreichs. Vgl. ÖStA, AdR, Stiko Wien, Kt. 366, Zl. 22/F, Sg. 2, Verband<br />

der Blindenvereine Österreichs.]<br />

450 Satzenhofer war vor der NS-Zeit Obmann des „Ersten Österreichischen Blindenvereins“. Zur genauen<br />

Dauer seiner Amtsperiode konnten keine Angaben gef<strong>und</strong>en werden. Später war er für den RBV aktiv. In<br />

welcher Funktion ist nicht bekannt, aber er verfasste Beiträge in der Zeitschrift „Die Blindenwelt“ über die<br />

Tätigkeit des RBV in der Ostmark.<br />

451 Satzenhofer, Blindenselbsthilfewesen, S. 127–130, hier S. 130.<br />

452 Satzenhofer, Blindenselbsthilfewesen, S. 127–130, hier S. 130.<br />

453 Vgl. o. A., Verzeichnis, S. 141–160, hier S. 154.<br />

454 Vgl. Satzenhofer, Neuorganisation, S. 160–162. [Zitiert wird hier aus der digitalisierten Punkschriftausgabe<br />

des AIDOS. Die bibliographischen Angaben entsprechen den Angaben dieser Quelle. Aus der originalen<br />

Brailleschriftausgabe kann nicht zitiert werden, da die Autorin nicht über die Kenntnisse verfügt,<br />

diese zu lesen.]<br />

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