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Barbara Hoffmann Zwischen Integration, Kooperation und Vernichtung

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Gestaltung der freien Wohlfahrtspflege widersprachen.“ 404 Nach § 5 der neuen Satzungen<br />

bedurften Beschlüsse der Mitgliederversammlung zur Durchführung der Zustimmung<br />

durch die NSV. 405 Außerdem sollte der „Arierparagraph“ eingeführt werden. Die diesen<br />

Vorgaben entsprechenden neuen Satzungen des „Odilien-Vereins“ wurden am 9. Dezember<br />

1938 vom Stillhaltekommissar genehmigt. 406 Ein Bericht von Anton Berchtold aus dem<br />

Jahre 1967 bestätigt die gleiche Vorgehensweise für den „Blindenfürsorgeverein für Tirol<br />

<strong>und</strong> Vorarlberg“. 407<br />

Darüber hinaus wurden weitere Maßnahmen getroffen, um die Vormachtstellung der<br />

NSV im Blindenwesen zu manifestieren. Nach dem „Anschluss“ wurde unter Leitung der<br />

NSV eine Arbeitsgemeinschaft aus Blindenselbsthilfe- <strong>und</strong> Blindenfürsorgeverbänden in<br />

Wien ins Leben gerufen. 408 Durch regelmäßige Treffen sollte über die Fragen des „ostmärkischen“<br />

Blindenwesens beraten werden. Wenn sich die beteiligten Vertreter der Fürsorge <strong>und</strong><br />

Selbsthilfe nicht einigen konnten, traf die NSV-Gauamtsleitung Wien eine Entscheidung. 409<br />

Im Jänner 1941 wurde diese Entwicklung in Wien durch die Gründung der „Blindenführung“<br />

weitergeführt. Sie setzte sich zusammen aus VertreterInnen des RBV, der BlindenlehrerInnenschaft,<br />

des Blindenfürsorgewesens <strong>und</strong> der Gemeinde Wien. Die „Blindenführung“<br />

sollte über alle offenen Fragen des Wiener Blindenwesens beraten. Die erste Sitzung fand<br />

am 14. Juli 1941 statt. Darin wurde beschlossen, die stellvertretende Leiterin des „Amtes<br />

für Volkswohlfahrt, Abteilung allgemeine Wohlfahrt“, Dr. Kernmayr, zu ersuchen, den<br />

Vorsitz zu übernehmen. 410<br />

Die von der NSV forcierte Zusammenarbeit von Blindenfürsorge- <strong>und</strong> SelbsthilfevertreterInnen<br />

sollte die Produktivität des NS-Blindenwesens steigern. Warum RBV <strong>und</strong> DBV<br />

nicht überhaupt zusammengelegt wurden, konnte nicht eruiert wurden. Bereits 1936 hatte<br />

es in Deutschland solche Bestrebungen, eine Zusammenlegung beider Dachorganisationen,<br />

allerdings gegeben. Die Gründung eines Einheitsverbandes war geplant. VertreterInnen des<br />

RBV <strong>und</strong> des DBV verhandelten unter der Leitung des Hauptamtes für Volkswohlfahrt über<br />

die Statuten. 411 Dieser Versuch scheiterte allerdings vorerst, auf Gr<strong>und</strong> welcher Umstände<br />

ist nicht bekannt.<br />

404 Sicherheitsdirektion-Archiv Graz, Fasc. 0/118/1975, abgedruckt in: Liebmann, Behindertenbetreuung,<br />

S. 77–106, hier S. 86. [Der gesamte Text ist in der Dissertation abgedruckt: <strong>Hoffmann</strong>, Blinde Menschen in<br />

der „Ostmark“, S. 530.]<br />

405 Vgl. ÖStA, AdR, Bürckel-Materie, Kt. 197, Zl. 4351/20, Satzungen des Odilien-Vereins zur Fürsorge für die<br />

Blinden Steiermarks in Graz [1938].<br />

406 Vgl. ÖStA, AdR, Bürckel-Materie, Kt. 197, Zl. 4351/20, Satzungen des Odilien-Vereins zur Fürsorge für die<br />

Blinden Steiermarks in Graz [1938].<br />

407 Vgl. Berchtold, Rückblick, S. 1–14, hier S. 8. Berchtold war zur Zeit dieser Publikation (1967) Direktor der<br />

Blindenanstalt in Innsbruck. Im Kapitel über das Schulwesen wird die Geschichte dieser beiden Einrichtungen<br />

in Graz <strong>und</strong> Innsbruck in der NS-Zeit behandelt. Vgl. Kapitel II.4.5.2 <strong>und</strong> II.4.5.3.<br />

408 Vgl. Hartmann, Angliederung, S. 71–74, hier S. 73.<br />

409 Vgl. Hartmann, Angliederung, S. 71–74, hier S. 73.<br />

410 Vgl. o. A., Zur Chronik des Blindenwesens, Wien, S. 216–217.<br />

411 Vgl. BAB, DGT, R 36/1757, Nr. 294, RBV an den DGT eingegangen am 18. Januar 1936, Betreff: Gründung<br />

eines Einheitsverbandes.<br />

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