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Politik<br />

tions- und Rechenschaftsphase) thematisiert<br />

wer<strong>de</strong>n. Daher müsste für die Bibliothek<br />

von Interesse sein:<br />

� Informationsphase: Welche Informationen<br />

wer<strong>de</strong>n auf welche Art und Weise<br />

über die Bibliothek <strong>de</strong>r lokalen Bürgerschaft<br />

im Rahmen <strong>de</strong>s Bürgerhaushaltes<br />

vermittelt?<br />

� Konsultationsphase: Welche Bürgervorschläge<br />

und Diskussionen tangieren<br />

die lokale Informationseinrichtung?<br />

� Rechenschaftsphase: Wer<strong>de</strong>n seitens<br />

<strong>de</strong>s Rates die eingereichten Vorschläge abgelehnt<br />

o<strong>de</strong>r befürwortet? Wie lautet die<br />

Begründung <strong>de</strong>r Entscheidung? Wie wird<br />

über die Umsetzung realisierter Vorschläge<br />

Rechenschaft abgelegt?<br />

Lokale Partizipation<br />

Unabhängig davon, ob die Öffentliche<br />

Bibliothek das lokale Partizipationsverfahren<br />

aktiv verfolgt, sollte sie sich <strong>de</strong>ssen<br />

bewusst sein, dass über ihre Dienstleistungen<br />

ohne ihr Zutun <strong>de</strong>battiert wer<strong>de</strong>n<br />

kann. Auch wenn sie <strong>de</strong>m Verfahren eventuell<br />

kritisch gegenübersteht, da es laut<br />

Umlauf einen hohen Legitimationsdruck<br />

auf die Einrichtung ausüben könnte, sollte<br />

sie die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung nicht scheuen,<br />

weil <strong>de</strong>r Bürgerhaushalt lokal auch<br />

Chancen bietet, die zunächst nicht vermutet<br />

wer<strong>de</strong>n. Welche Berührungspunkte<br />

<strong>de</strong>r Bürgerhaushalt mit <strong>de</strong>r Öffentlichen<br />

Bibliothek in <strong>de</strong>r Informations-, Konsultations-<br />

und Rechenschaftsphase haben<br />

kann, zeigt Abbildung 1 auf Seite 196.<br />

Bezüglich <strong>de</strong>r Auswirkungen auf<br />

Dienstleistungen durch <strong>de</strong>n Bürgerhaus-<br />

1 Christensen, Anne: Partizipative Entwicklung<br />

von Diensten in <strong>de</strong>r Bibliothek 2.0. In:<br />

Bibliotheksdienst 43(2009)5, S. 527ff.<br />

2 Günther, Albert; Beckmann, Edmund:<br />

Kommunal-Lexikon: Basiswissen Kommunalrecht<br />

und Kommunalpolitik. Stuttgart:<br />

Boorberg, 2008, S. 45<br />

3 Sintomer, Yves; Herzberg, Carsten; Röcke,<br />

Anja (Hrsg.): Der Bürgerhaushalt in Europa<br />

– eine realistische Utopie?: Zwischen partizipativer<br />

Demokratie, Verwaltungsmo<strong>de</strong>rnisierung<br />

und sozialer Gerechtigkeit. Wiesba<strong>de</strong>n:<br />

VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2010, S.<br />

80ff.<br />

4 Siehe hierzu auch: Stadler, Heike: Öffentliche<br />

Bibliotheken im Bürgerhaushalt. Potsdam:<br />

Universitätsverlag Potsdam, 2011<br />

5 Umlauf, Konrad: Bibliotheken, Freiwillige<br />

und die Erneuerung <strong>de</strong>r Zivilgesellschaft.<br />

In: Hauke, Petra (Hg.); Busch, Rolf (Hg.):<br />

Ehrensache?! Zivilgesellschaftliches Engagement<br />

in öffentlichen Bibliotheken; Positionen,<br />

Mo<strong>de</strong>lle, Grundlagen. Bad Honnef:<br />

Bock + Herchen (Beiträge zur bibliothekarischen<br />

Weiterbildung, Bd. 16), 2003, S. 40–41<br />

BuB | 63 (2011) 3<br />

Porto Alegre – seit En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 1980er-Jahre<br />

steht die südbrasilianische Stadt für eine<br />

neue <strong>de</strong>mokratische Haushaltsstruktur und<br />

ist seither Best-Practice-Beispiel für zahlreiche<br />

Städte weltweit gewor<strong>de</strong>n. Als die drei<br />

Handlungsprinzipien <strong>de</strong>s Bürgerhaushaltes<br />

von Porto Alegre können genannt wer<strong>de</strong>n:<br />

Basis<strong>de</strong>mokratie (Bürgerversammlungen<br />

in Stadtteilen), soziale Gerechtigkeit<br />

(Verteilerschlüssel für Finanzmittel: Stadtteile<br />

und Infrastrukturbereiche) und Kontrolle<br />

(Rat <strong>de</strong>s Bürgerhaushaltes). Das Haushaltsbeteiligungsmo<strong>de</strong>ll<br />

erreichte schnell an<strong>de</strong>re<br />

brasilianische Städte und Kommunen in<br />

Lateinamerika, aber auch international verbreitete<br />

sich die Partizipation <strong>de</strong>r Bürger<br />

am Haushalt (zum Beispiel Toronto/Nordamerika).<br />

In Europa zeichnet sich eine dynamische<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Bürgerhaushaltes ab. Unterschiedlich<br />

ausgeprägte Verfahrensweisen<br />

fin<strong>de</strong>n Anwendung in Hauptstadtbezirken<br />

von London, Paris, Rom und Berlin. 1 Seit<br />

1999 breitet sich das Bürgerhaushaltsverfahren<br />

in Europa aus. Während 2002 zirka 20<br />

europäische Städte das eigenständige Verfahren<br />

anwen<strong>de</strong>ten, zählte man 2005 bereits<br />

mehr als die doppelte Anzahl an Kommunen,<br />

2009 wur<strong>de</strong> in über 200 Städten <strong>de</strong>r Bürgerhaushalt<br />

praktiziert (zum Beispiel in Italien,<br />

Spanien, Portugal, Schwe<strong>de</strong>n, Norwegen,<br />

Albanien und Bosnien). 2<br />

Neben Porto Alegre wird auch die neuseeländische<br />

Stadt Christchurch oft als Best-<br />

Practice-Beispiel herangezogen. Von ihr<br />

wur<strong>de</strong> die Entwicklung <strong>de</strong>s Bürgerhaushaltes<br />

in Deutschland geprägt. An<strong>de</strong>rs als in<br />

Brasilien stehen nicht Investitionen im Vor<strong>de</strong>rgrund,<br />

son<strong>de</strong>rn öffentliche Dienstleistungen.<br />

Durch die Partizipation <strong>de</strong>r Bürgerschaft<br />

steht in Christchurch die Mo<strong>de</strong>rnisierung<br />

<strong>de</strong>r Verwaltung im Fokus, wobei man<br />

auf <strong>de</strong>n Wissensaustausch mit <strong>de</strong>n Bürgern<br />

setzt. 3<br />

In Deutschland wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />

Mönchweiler (Ba<strong>de</strong>n-Württemberg) <strong>de</strong>r<br />

erste Bürgerhaushalt durchgeführt. Vorausgegangen<br />

war die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft<br />

»Bürgerhaushalt«, welche<br />

auf Initiative <strong>de</strong>r Bertelsmann Stiftung,<br />

<strong>de</strong>r Hans-Böckler-Stiftung sowie <strong>de</strong>r Kommunalen<br />

Gemeinschaftsstelle ins Leben ge-<br />

<strong>www</strong>.<strong>B–u–B</strong>.<strong>de</strong> 197<br />

Lesesaal | BuB 197<br />

Porto Alegre und Christchurch als Vorbild<br />

Der Bürgerhaushalt wird weltweit angewen<strong>de</strong>t /<br />

Dynamische Entwicklung in Europa<br />

rufen wur<strong>de</strong>. Auch in Rheinstetten (Ba<strong>de</strong>n-<br />

Württemberg) wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r Einführung<br />

<strong>de</strong>s Bürgerhaushaltes nach <strong>de</strong>m Vorbild<br />

<strong>de</strong>r neuseeländischen Stadt Christchurch<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 1990er-Jahre begonnen. Zwischen<br />

<strong>de</strong>n Jahren 2000 bis 2004 lief in verschie<strong>de</strong>nen<br />

Städten von Nordrhein-Westfalen<br />

(zum Beispiel in Bergheim, Ems<strong>de</strong>tten,<br />

Hil<strong>de</strong>n und Vlotho) das Pilotprojekt »Kommunaler<br />

Bürgerhaushalt« an, welches ebenfalls<br />

von <strong>de</strong>r Bertelsmann Stiftung und <strong>de</strong>m<br />

Innenministerium <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s mitgetragen<br />

wur<strong>de</strong>. 4<br />

Seit<strong>de</strong>m entwickelte sich die Einführung<br />

<strong>de</strong>s Bürgerhaushaltsverfahrens in <strong>de</strong>utschen<br />

Städten und Gemein<strong>de</strong>n dynamisch. Circa<br />

140 Kommunen sind auf <strong>de</strong>r Onlineplattform<br />

zum Bürgerhaushalt bürgerhaushalt.<br />

org registriert, welche von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>szentrale<br />

für Politische Bildung und <strong>de</strong>r Servicestelle<br />

Kommunen in <strong>de</strong>r einen Welt herausgegeben<br />

wird (Stand: 2010). Ein Kreislauf<br />

charakterisiert <strong>de</strong>n nationalen Bürgerhaushalt,<br />

auch wenn die Umsetzung <strong>de</strong>r einzelnen<br />

Phasen in <strong>de</strong>n Kommunen unterschiedlich<br />

erfolgt. So basiert <strong>de</strong>r Zyklus auf einer<br />

Informations-, Konsultations- und Rechenschaftsphase<br />

zwischen Bürgerschaft und<br />

Verwaltung sowie Politik. 5<br />

Heike Stadler<br />

1 Herzberg, Carsten; Röcke, Anja; Sintomer, Yves<br />

(2006): Von Porto Alegre nach Europa: Möglichkeiten<br />

und Grenzen <strong>de</strong>s Bürgerhaushaltes.<br />

In: Kommunaler Bürgerhaushalt in Theorie und<br />

Praxis am Beispiel Potsdams: theoretische Reflektionen,<br />

zusammenfassen<strong>de</strong> Thesen und Dokumentation<br />

eines begleiten<strong>de</strong>n Projektseminars<br />

/ herausgegeben von Jochen Franzke und<br />

Heinz Kleger. Potsdam: Universitätsverlag Potsdam,<br />

2006, S. 188–201<br />

2 Sintomer, Yves; Herzberg, Carsten; Röcke, Anja<br />

(Hrsg.): Der Bürgerhaushalt in Europa – eine realistische<br />

Utopie?: Zwischen partizipativer Demokratie,<br />

Verwaltungsmo<strong>de</strong>rnisierung und sozialer<br />

Gerechtigkeit. Wiesba<strong>de</strong>n: VS Verlag für<br />

Sozialwissenschaften, 2010, S. 43<br />

3 Herzberg, Carsten: Von <strong>de</strong>r Bürger- zur Solidarkommune:<br />

lokale Demokratie in Zeiten <strong>de</strong>r Globalisierung.<br />

Hamburg: VSA, 2009, S. 105<br />

4 Herzberg, Carsten: Von <strong>de</strong>r Bürger- zur Solidarkommune.<br />

2009, S. 107–111<br />

5 Herzberg, Carsten: Von <strong>de</strong>r Bürger- zur Solidarkommune.<br />

2009, S. 108–109

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