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Praxis<br />
Vor diesem Hintergrund wur<strong>de</strong> die neue<br />
Dokumentenordnung auf <strong>de</strong>r Grundlage<br />
<strong>de</strong>s Prozessorientierten Ablagesystems 6<br />
erarbeitet. Das Charakteristische dieser<br />
Metho<strong>de</strong> besteht darin, dass sie zwar ein<br />
allgemeines Muster zugrun<strong>de</strong> legt, dieses<br />
aber sehr gründlich <strong>de</strong>r jeweiligen Organisation<br />
und ihrer Prozessstruktur anpasst.<br />
Begonnen wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb mit einer<br />
Interviewstaffel, an <strong>de</strong>r Vertreter aller<br />
Arbeitsbereiche teilnahmen. In <strong>de</strong>n Interviews<br />
wur<strong>de</strong> die auf <strong>de</strong>n Servern vorgefun<strong>de</strong>ne<br />
Ordnerstruktur analysiert. Ziel war<br />
es, zu einer Bewertung zu gelangen, welche<br />
Ablage- und Suchstrategien erfolgreich<br />
und bewahrenswert sind und welche sich<br />
Gut aufgesetzte Dokumentenmanagement-Projekte<br />
wollen Wege<br />
weisen zu geordneten Beziehungen.<br />
in <strong>de</strong>r Praxis als nicht teamfähig erwiesen<br />
haben. Aus <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>r Interviews<br />
und <strong>de</strong>n Analysen <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Ordnerstruktur<br />
wur<strong>de</strong> eine Prozesslandkarte<br />
entwickelt, die die Arbeitsabläufe <strong>de</strong>r Bibliothek<br />
und ihre Verzahnung transparent<br />
macht (siehe Abbildung 3 auf Seite 216).<br />
Die Prozesse wur<strong>de</strong>n nun gruppiert<br />
und in eine erste Version <strong>de</strong>s Ordnerplans<br />
für die Stadtbibliothek überführt. In dieser<br />
Version wur<strong>de</strong>n nur sogenannte Vorgangsdokumente<br />
berücksichtig, das heißt,<br />
solche Dokumente, die sich unmittelbar<br />
auf die laufen<strong>de</strong>n konkreten Tätigkeiten<br />
<strong>de</strong>r Bibliothek beziehen. Nach einer zweiten<br />
Interviewstaffel wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Ordnerplan<br />
um Systemstellen für nicht vorgangsgebun<strong>de</strong>ne<br />
o<strong>de</strong>r vorgangsübergreifen<strong>de</strong><br />
Dokumente (wie zum Beispiel Formulare<br />
o<strong>de</strong>r Wissensdokumente) erweitert.<br />
Auch für das heikle Problem <strong>de</strong>s Umgangs<br />
mit <strong>de</strong>n »Persönlichen Ordnern«<br />
wur<strong>de</strong> eine Lösung entwickelt, die sicherstellt,<br />
dass ihre Funktion als Favoritenliste<br />
erhalten bleibt. So wur<strong>de</strong>n für die Zukunft<br />
folgen<strong>de</strong> Festlegungen getroffen:<br />
Die »Persönlichen Ordner« als Container<br />
für Kopien von Dokumenten gibt es nicht<br />
mehr. Will man sich eine eigene Ablage<br />
für häufi g benötigte Dateien und Ordner<br />
schaffen, so kann dies nur über »Verknüpfungen«<br />
erfolgen. Um dies zu erreichen,<br />
stellte es sich als erfor<strong>de</strong>rlich heraus, einen<br />
Teil <strong>de</strong>r Mitarbeiten<strong>de</strong>n im Umgang mit<br />
Windows, Explorer und <strong>de</strong>m Einsatz von<br />
Tastenkombinationen zu schulen.<br />
Zur Pfl ege <strong>de</strong>s neuen Ordnerplans<br />
wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Stadtbibliothek ein Access-Programm<br />
zur Verfügung gestellt, mit <strong>de</strong>m<br />
neue Windows-Ordner angelegt wer<strong>de</strong>n<br />
BuB | 63 (2011) 3<br />
können, das Rückenschil<strong>de</strong>r für Papierordner<br />
ausdruckt und das das regelmäßige<br />
»Aufräumen« <strong>de</strong>r Festplatten, also das<br />
Ausson<strong>de</strong>rn veralteter Dokumente, unterstützt.<br />
Das Ergebnis – Alles in Ordnung?<br />
Dokumentenmanagement, hier allgemein<br />
verstan<strong>de</strong>n als Optimierung <strong>de</strong>r Teamablage,<br />
ist ein Thema, das Organisationen<br />
gerne vor sich her schieben. Das Thema<br />
Ordnung gilt nämlich als verstaubt und ist<br />
aufgrund vielfältiger leidvoller Kindheitserfahrungen<br />
(»jetzt räum’ bitte endlich<br />
<strong>de</strong>in Zimmer auf«) auch in unserem limbischen<br />
System meist nicht positiv konnotiert.<br />
Hier müssen Umwertungen stattfi n<strong>de</strong>n,<br />
wenn ein Projekt gelingen soll. Ordnung<br />
muss nicht rigi<strong>de</strong> und unfl exibel<br />
sein, sie kann elastisch und dynamisch<br />
sein und trotz<strong>de</strong>m <strong>de</strong>n Menschen im<br />
Team Orientierung bieten. Dann ist sie<br />
nicht nur mo<strong>de</strong>rn, son<strong>de</strong>rn wird gera<strong>de</strong> in<br />
Zeiten zunehmen<strong>de</strong>r Unübersichtlichkeit<br />
unverzichtbar.<br />
Noch ist nicht sicher, ob das Projekt <strong>de</strong>r<br />
Göppinger Stadtbibliothek alle Erwartungen<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
wird erfüllen können. Aber die wesentliche<br />
Grundlage dafür ist gelegt: Die Ablagestruktur<br />
ist durch das Projekt zu einem<br />
Thema im Team gewor<strong>de</strong>n, es wur<strong>de</strong>n<br />
Dokumentenmanagement-Beauftragte<br />
bestimmt, die sich aktiv um die Ablage<br />
<strong>www</strong>.<strong>B–u–B</strong>.<strong>de</strong> 217<br />
Lesesaal | BuB 217<br />
Cornelia Vonhof ist<br />
Professorin im Studiengang<br />
Bibliotheks-<br />
und Informationsmanagement<br />
an <strong>de</strong>r<br />
Hochschule <strong>de</strong>r Medien<br />
Stuttgart (HdM)<br />
und gehört <strong>de</strong>m BIB-<br />
Bun<strong>de</strong>svorstand an.<br />
Zu ihrem Lehr- und Forschungsgebiet<br />
»Public Management« gehören Themen<br />
wie Management, Organisationsentwicklung<br />
und Qualitätsmanagement. –<br />
Kontakt: vonhof@hdm-stuttgart.<strong>de</strong><br />
und <strong>de</strong>ren Weiterentwicklung kümmern<br />
und zunehmend wird darüber gesprochen:<br />
»Wo kommt <strong>de</strong>nn das wohl hin?« Gemeinsam<br />
wer<strong>de</strong>n Zweifelsfälle entschie<strong>de</strong>n<br />
und die dabei getroffenen Festlegungen<br />
wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Ordnerplan-Software festgehalten,<br />
auf die alle Mitarbeiten<strong>de</strong>n Zugriff<br />
haben. So wird auch <strong>de</strong>r Ordnerplan<br />
selber nicht als unverän<strong>de</strong>rliches Schema,<br />
son<strong>de</strong>rn als ein sich entwickeln<strong>de</strong>s System<br />
verstan<strong>de</strong>n (siehe Abbildung 4 auf dieser<br />
Seite).<br />
Gut aufgesetzte Dokumentenmanagement-Projekte<br />
wollen Wege weisen zu<br />
geordneten Beziehungen: Beziehungen<br />
zwischen Menschen und Dingen und<br />
Beziehungen zwischen Menschen. Als sicherer<br />
Bo<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>n Füßen, um im Alltagsstress<br />
zu »bestehen«.<br />
Abbildung 4. Eine Prozesslandkarte listet die Prozesse eines Unternehmens o<strong>de</strong>r einer Organisation<br />
auf.<br />
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