Hessischer Mittelstandsbericht 2006 - HA Hessen Agentur GmbH
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<strong>Hessischer</strong> <strong>Mittelstandsbericht</strong> <strong>2006</strong> – Familienunternehmen<br />
6.7.1 Problematik und Reformbemühungen<br />
50<br />
Gegenstand des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes sind sämtliche Änderungen<br />
in der Vermögenszuordnung, die sich aus einer Eigentumsübertragung infolge<br />
eines Todesfalls oder einer freigiebigen Zuwendung unter Lebenden (Schenkung)<br />
ergeben. Die Erbschaftsteuer wird auf den Erwerb durch den Erwerber erhoben,<br />
d. h. als Erbanfallsteuer. Für den Erbfall und für die Schenkung unter Lebenden<br />
gelten im Wesentlichen die gleichen gesetzlichen Regelungen. 81 Das derzeitige<br />
System der Erbschaftsbesteuerung in Deutschland tangiert im Falle der Vermögensübergabe<br />
den Bestand der Familienunternehmen in mehrfacher Hinsicht. Ein<br />
besonders bedeutsamer Aspekt ist hierbei, dass infolge der Erbschaftsbesteuerung<br />
dem Unternehmen – unter Umständen innerhalb eines eher kurzen Zeitraumes und<br />
im Falle eines unerwarteten Ablebens des Erblassers auch unvorhersehbar – liquide<br />
Mittel in beachtlicher Höhe entzogen werden.<br />
Dieser Liquiditätsentzug betrifft in ähnlicher Weise sowohl Personengesellschaften<br />
als auch Kapitalgesellschaften. Bei Personengesellschaften ist direkt das in das Unternehmen<br />
eingebrachte Vermögen von der Besteuerung betroffen82 , während bei<br />
Kapitalgesellschaften die Kapitaleinlage tangiert wird. Die zur Steuerabführung benötigten<br />
Finanzmittel müssen vom Begünstigten aufgebracht werden, was sich – bei<br />
Anlagevermögen – unter Umständen als durchaus schwierig erweisen kann. So<br />
müssen die betreffenden Anlagegüter evtl. mit einem erheblichen Buchverlust verkauft<br />
werden oder es ist schlichtweg zu wenig verwertbares Vermögen vorhanden,<br />
so dass das Familienunternehmen in seiner Existenz gefährdet ist. Sowohl von unter<br />
Umständen ausgelösten Umstrukturierungsmaßnahmen, Teilverkäufen als auch<br />
von einem Konkurs werden Arbeitsplätzen betroffen sein.<br />
Zahlreiche Unternehmen müssen die Erbschaftsteuerlast über die Aufnahme von<br />
Fremdkapital finanzieren, da angesichts der oftmals geringen Eigenkapitaldecke gerade<br />
bei Familienunternehmen83 häufig keine andere Wahl besteht. Die gestiegene<br />
Verschuldung beeinflusst wiederum die Bonität des Unternehmens und verschlechtert<br />
die Konditionen bei Kapitalaufnahme. Die zukünftigen Finanzierungsspielräume<br />
werden reduziert und damit können notwendige Investitionen möglicherweise nicht<br />
mehr getätigt werden. Die Bildung von Liquiditätsreserven für den Fall der Erbschaftsteuerzahlung<br />
würde die Problematik zwar entschärfen, dürfte jedoch häufig<br />
die Ertragskraft der Unternehmen übersteigen.<br />
Vor allem die größeren Familienunternehmen sind in den meisten Fällen auch über<br />
die Grenzen Deutschlands hinaus tätig, so dass sich die Erbschaftsteuer in<br />
81 Vgl. zu einer ausführlichen Darstellung sowohl der steuerrechtlichen als auch der erbrechtlichen Grundlagen Huber, H.-<br />
G. u. Sterr-Kölln, H. (<strong>2006</strong>), S. 199ff.<br />
82 Ausnahmen bilden die Einlage des Kommanditisten in einer KG und die stille Gesellschaft.<br />
83 Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel 7.