Hessischer Mittelstandsbericht 2006 - HA Hessen Agentur GmbH
Hessischer Mittelstandsbericht 2006 - HA Hessen Agentur GmbH
Hessischer Mittelstandsbericht 2006 - HA Hessen Agentur GmbH
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Hessischer</strong> <strong>Mittelstandsbericht</strong> <strong>2006</strong> – Familienunternehmen<br />
60<br />
decke dünn. 92 Darüber hinaus gilt bei Familienunternehmen der Bedarf an Finanzmitteln<br />
im Vergleich zu großen Konzernen als strukturell höher93 – sei es z. B. durch<br />
Entnahmen der Familie, die auch in schlechten Zeiten des Unternehmens ihren Lebensunterhalt<br />
sichern muss.<br />
Viele der befragten hessischen Familienunternehmen beklagen Schwierigkeiten,<br />
von den Banken Kredite zu erhalten. Aussagen wie „restriktive Kreditvergabe“,<br />
„(mehr als) zögerliche Banken“, oder „Hausbanken winken immer ab“ sind keine<br />
Einzelfälle. 94 Familienunternehmen sind für Kreditgeber oft wenig interessant, da<br />
u. a. die Transparenz häufig zu wünschen lässt, so dass die Risiken schwer kalkulierbar<br />
sind. Ob das hinter der Abkürzung „Basel II“ stehende Regelwerk ursächlich<br />
für die Verknappung der Kredite und die Verschlechterung der Konditionen ist oder<br />
„nur“ einen Teil dazu beigetragen hat, soll an dieser Stelle nicht thematisiert werden.<br />
Fest steht, dass seit Basel II ein – in der Regel von den Kreditinstituten – vergebenes<br />
Unternehmensrating zentral für die Kreditgewährung ist. Für das Familienunternehmen<br />
ist es damit von entscheidender Bedeutung, ein erstklassiges Rating zu erlangen.<br />
Die Finanzkennziffern des Unternehmens sind für die Feststellung des Ratings<br />
von hoher Bedeutung, aber es werden noch weitere Faktoren wie z. B. die Regelung<br />
der Unternehmensnachfolge herangezogen. 95 Insgesamt führt das Rating allerdings<br />
auch zu einer realistischeren Bewertung des Unternehmens und trägt damit<br />
auch zur Vermeidung von Vermögensillusionen – nicht nur bei Dritten, sondern auch<br />
bei dem betroffenen Unternehmen selbst – bei.<br />
Die Befragungsergebnisse zeigen, dass die Unternehmen im Zusammenhang mit<br />
Basel II von weiter steigenden Anforderungen seitens der Banken ausgehen: Für<br />
54 % der hessischen Familienunternehmen trifft die These, dass sie zukünftig mehr<br />
Sicherheiten bieten und mehr Geschäftszahlen und -strategien offen legen müssen<br />
als bisher, „voll und ganz zu“. Mit einem Mittelwert von 1,64 fällt die Zustimmung nur<br />
wenig geringer als zur vorangegangenen Frage zum Lobbyismus bzw. zur Interessenvertretung<br />
aus. Das Antwortverhalten ist weitestgehend unabhängig von der Unternehmensgröße,<br />
d. h. selbst die Kleinstunternehmen teilen diese Ansicht. Hessische<br />
Familienunternehmen mit ausgeprägter Auslandsorientierung (hoher Auslandsumsatz<br />
/ oder Standorte im Ausland) sehen hingegen in geringerem Ausmaße<br />
erhöhte Anforderungen auf sich zukommen. Die enge Einbindung in die Weltwirtschaft<br />
dürfte bei diesen Unternehmen bereits für ein höheres Maß an Transparenz<br />
92 Vgl. z. B. die jüngste Umfrage des Verbandes der Vereine Creditreform e.V. Neuss (<strong>2006</strong>), S. 30f.<br />
93 Vgl. Hennerkes, B.-H. (2004), S. 355.<br />
94 Dies deckt sich mit Äußerungen des Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Familienunternehmen, Sterr-Kölln, der<br />
feststellt: „In den Chefetagen der Banken ist das Verständnis für Familienunternehmen deutlich gesunken“. Vgl. o. V.<br />
(2005a), S. 9.<br />
95 Diese eher „weichen“ Faktoren sollten keinesfalls unterschätzt werden: So klagte ein Familienunternehmen gegenüber<br />
dem Verfasser, dass ihm ein Kredit nicht gewährt worden sei, weil – nach Auskunft des Unternehmers – „ein paar Kleinigkeiten“<br />
in der Unternehmensnachfolge nicht geregelt waren.