Hessischer Mittelstandsbericht 2006 - HA Hessen Agentur GmbH
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<strong>HA</strong> <strong>Hessen</strong> <strong>Agentur</strong> <strong>GmbH</strong> – Standortentwicklung –<br />
münden. In der Tat existiert in Familienunternehmen häufig eine ausgeprägte wechselseitige<br />
Bindung zwischen Mitarbeitern und Unternehmen bzw. Eigentümerfamilie<br />
– „Identifikation“ wird gelebt und ist nicht zur Worthülse geworden. Die Beschäftigten<br />
werden meist in jungen Jahren rekrutiert, im Unternehmen selbst ausgebildet und<br />
zeichnen sich durch eine langjährige Betriebszugehörigkeit aus. Auch das Übertragen<br />
von familiären Beziehungsmustern auf die Mitarbeiter trägt dazu bei, dass die<br />
Bindung viel enger als in „anonymen“ Großunternehmen ist. Entsprechend schwerer<br />
fällt es, sich von Personal zu trennen und dementsprechend intensiver sind die Anstrengungen,<br />
dies zu vermeiden. 101 Damit einher geht eine hohe Leistungsbereitschaft<br />
der Belegschaft, die oft über die eines „normalen“ Beschäftigungsverhältnisses<br />
hinausgeht. Bisweilen wird hierin gar ein „einzigartige[r] Wettbewerbsvorteil im<br />
Hinblick auf die Mitarbeitermotivation und die vorherrschende Arbeitsatmosphäre“ 102<br />
der Familienunternehmen gesehen.<br />
Ob dieser Wettbewerbsvorteil jedoch auch in Zukunft noch in dem Maße Bestand<br />
haben wird, ist fraglich: 29 % der befragten Familienunternehmer sind voll und ganz<br />
der Ansicht, dass zukünftig Familienunternehmen weniger als bislang Arbeitskräfte<br />
lebenslang beschäftigen können. Lediglich 4 % vertreten die Gegenposition. Insgesamt<br />
gesehen liegt der Mittelwert bei 2,26, wobei ein hoher Anteil (25 %) die mittlere<br />
Kategorie „drei“ angegeben hat, was zum Teil als „weiß nicht“ interpretiert werden<br />
kann. Mit zunehmendem Wettbewerb und kurzfristigerer Ausrichtung auch der Unternehmensstrategie<br />
sind zwei Ursachen für diese vermutliche Entwicklung bereits<br />
thematisiert worden. Hinzu tritt mit der wirtschaftlichen Lage ein eher konjunktureller<br />
Bestimmungsgrund, der sich allerdings von Branche zu Branche unterschiedlich<br />
darstellt. So fällt denn auch bei den hessischen Familienunternehmen des Baugewerbes<br />
die Zustimmung überdurchschnittlich hoch aus; viele Unternehmen im Baugewerbe<br />
mussten innerhalb weniger Jahre einen beträchtlichen Teil ihrer Belegschaft<br />
entlassen. Die Befragung zeigt im Hinblick auf das Alter des Unternehmens<br />
eine klare Tendenz: Je jünger das Unternehmen, desto größer die Zustimmung zur<br />
eingangs angeführten These. Möglicherweise sind die alteingesessenen Mehrgenerationen-Familienunternehmen<br />
optimistischer, da sie bereits auf viele Jahrzehnte erfolgreiche<br />
Unternehmensvita zurückblicken können, während bei den „Newcomern“<br />
verständlicherweise die Unsicherheit stärker ausgeprägt ist.<br />
Ein weiterer Grund könnte hier eine Rolle spielen: Junge, neu gegründete Unternehmen<br />
– insbesondere wissensorientierte Dienstleistungsunternehmen – attrahieren<br />
in der Regel junge, hoch qualifizierte Mitarbeiter, deren Ansprüche an die Quali-<br />
101 Hierauf sind die Familienunternehmen durchaus stolz, wie zahlreiche Äußerungen von Unternehmern im Rahmen der<br />
Befragung zu Internationalisierung und EU-Osterweiterung des Hessischen <strong>Mittelstandsbericht</strong>s 2005 gezeigt haben. Vgl.<br />
zu den Risiken einer solchen engen Bindung zwischen Familienunternehmen und Beschäftigten Wimmer, R., Groth, T. u.<br />
Simon, F.B. (2004), S. 54f.<br />
102 Wiechers, R. (<strong>2006</strong>), S. 319.<br />
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