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ZEIT schnellsten erwiesen, waren auch höhere Todesraten durch Herzerkrankungen wahrscheinlicher. Wir fanden jedoch auch, dass ein rascher Lebensrhythmus nachhaltige Entschädigung bietet. Wenn wir die Studienergebnisse zur nationalen Zufriedenheit in diesen Ländern mit unseren eigenen «MENSCHEN IN SCHNELLEREN ORTEN SIND ZUFRIEDENER.» Ergebnissen verglichen, zeigte sich klar, dass Menschen in Städten mit raschem Lebenstempo eher behaupteten, sie seien mit ihrem Leben zufrieden. Diese Ergebnisse veranschaulichen ein offensichtliches Paradox: Menschen in schnelleren Orten neigen eher zu koronaren Herzkrankheiten, aber sie sind auch zufriedener mit ihrem Leben. Wenn ein schneller Lebensrhythmus Stress erzeugt, der zum Rauchen und zu Herzinfarkten führt, sollte dieser Stress dann nicht auch zu einer unzufriedenen Existenz führen ? Die Wurzel dieser scheinbaren Inkonsistenz, glaube ich, sind die Wirtschaft und die kulturellen Werte, die damit zusammenhängen. Kulturen, die Produktivität und Geldverdienen betonen, erzeugen ein Gefühl von Zeitdruck und ein Wertesystem, das individualistisches Denken begünstigt; Zeitdruck und Individualismus wiederum führen zu einer produktiven Wirtschaft. Diese Kräfte – ökonomische Vitalität, Individualismus und Zeitdruck – haben sowohl positive als auch negative Konsequenzen. Einerseits erzeugen sie Stressfaktoren, die zu ungesunden Verhaltensweisen wie Rauchen und zu koronaren Herzkrankheiten führen. Andererseits bieten sie materiellen Komfort und einen Standard, der die Lebensqualität erhöht. Der wahre Schlüssel zu einem besseren Leben ist, glaube ich, nicht eine blosse Verlangsamung oder Beschleunigung der Lebensweise. Vielmehr geht es darum, ein Gleichgewicht zu erreichen zwischen Produktivität und Musse, um die Früchte der Arbeit zu geniessen. Und hier, glaube ich, hält Westeuropa einen glänzenden Leistungsrekord – verglichen zumindest mit meinem eigenen Land und den führenden Industrieländern Asiens. Der gesündeste Umgang mit der Zeit erfordert Ausgleich und Flexibilität. Viele Situationen werden am besten durch ein Lebenstempo bewältigt – Geschwindigkeit, Achten auf die Uhrzeit, Zukunftsorientierung, die Fähigkeit, Zeit als Geld zu werten. Für andere Bereiche des Lebens – Rast, Musse, das Ausbrüten von Ideen, soziale Beziehungen – ist es besser, eine entspanntere Haltung zur Zeit zu haben. Die Person und Kultur, die beide Modi in ihrem zeitlichen Repertoire zu kombinieren versteht – oder noch besser, die auf eine Vielzahl von Modi zurückgreifen kann – wird mit allen Situationen eher zurechtkommen. Sich schnell zu bewegen, wenn es die Situation erfordert, und loszulassen, wenn der Druck aufhört, sowie die vielen Schattierungen der Zeit zu verstehen, könnten die Antwort auf die Frage sein: «Welches Lebenstempo ist das beste ?» Wie kann man produktiv genug sein, um ein angenehmes Leben zu führen, den Zeitdruck, auf dem die Errungenschaften beruhen, zu minimieren, aber auch Zeit zu finden, soziale Beziehungen und eine zivilisierte Gesellschaft zu pflegen ? Dies ist eine der Künste des modernen Lebens. BULLETIN | ONLINE WEITERE INFOS UND LINKS ZUM THEMA «ZEIT» FINDEN SIE UNTER: WWW.CREDIT-SUISSE.CH/BULLETIN LOTEN DAHORTSANG, BUDDHISTISCHER MÖNCH IN RIKON ZH: «DIE ZUKUNFT IST NICHTS ANDERES ALS EINE ERWARTUNG, DIE WIR GEGENWÄRTIG HABEN.» 10 CREDIT SUISSE BULLETIN 4 |<strong>99</strong>
JETZT IM BUDDHISMUS ZÄHLT VOR ALLEM EINS: DIE GEGENWART. INTERVIEW: CHRISTIAN PFISTER, REDAKTION BULLETIN CHRISTIAN PFISTER Herr Dahortsang, laut meiner Zeitrechnung ist heute der 10. Juli im Jahr 1<strong>99</strong>9. In welchem Jahr findet unser Gespräch für Sie statt ? LOTEN DAHORTSANG Laut tibetanischer Zeitrechnung befinde ich mich im Jahr 2126 – dem Jahr des Erdhasen. Wir begannen, die Jahre zu zählen, als der erste tibetanische König sein Amt antrat. Zudem ist für mich nicht der 10. Juli, sondern der 27. Tag im fünften Monat. Zwar hat auch bei uns das Jahr 12 Monate. Doch jeder Monat dauert 30 Tage, denn wir richten uns nach dem Mondkalender. Mitte Februar feierten wir Neujahr. C.P. Was ist für Sie Zeit ? L.D. Im Buddhismus unterscheiden wir die fünf Grundelemente Feuer, Wasser, Luft, Erde und Raum. Überall im Kosmos entfalten sich diese Elemente. Die ersten vier sind leicht zu erklären. Nehmen wir zum Beispiel die Luft: Indem ich atme,
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