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Credit Suisse bulletin, 1999/04

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WALTER FLUCK, MITGLIED DER GESCHÄFTSLEITUNG CREDIT SUISSE<br />

«KREDITE SIND DA,<br />

UM BEZAHLT ZU WERDEN.»<br />

CHRISTIAN PFISTER Sie und Ihre Teams nehmen<br />

sich der Kunden an, die in Schwierigkeiten<br />

geraten sind. Was entscheidet dabei über<br />

den Erfolg?<br />

WALTER FLUCK Wir müssen zuerst die<br />

Situation sauber analysieren. Auf die<br />

Analyse folgen Massnahmen, die wir mit<br />

dem Kunden vereinbaren. Dabei legen<br />

wir alles offen; er muss die Zusammenhänge<br />

erkennen: Was die Gründe, was<br />

die Auswirkungen sind. Nur so können wir<br />

Vertrauen gewinnen. Schliesslich muss<br />

unser Kunde die Veränderungen wollen<br />

und vorantreiben. Zwang wäre da völlig<br />

untauglich. Und vergessen wir nicht den<br />

Faktor Zeit: Massnahmen müssen zügig<br />

angepackt werden.<br />

C.P. Die CREDIT SUISSE schreibt wieder<br />

schwarze Zahlen. Könnten Sie die faulen<br />

Kredite jetzt nicht problemlos verkraften?<br />

W.F. Wir wären schlechte Unternehmer,<br />

wenn wir das einfach so hinnehmen würden.<br />

Kredite sind aus unserer Sicht da, um<br />

zurückbezahlt zu werden. Darum haben<br />

wir unsere Partnerschaft mit Unternehmen<br />

in Schieflage professionalisiert. Arbeiten<br />

wir hier top, eröffnen sich für Kunde wie<br />

Bank rosige Perspektiven.<br />

C.P. Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass angeschlagene Betriebe mit Ihrer<br />

Hilfe wieder fit werden?<br />

W.F. Ich würde es mit der Situation in<br />

einem Spital vergleichen: Meldet sich der<br />

Patient frühzeitig, sind seine Heilungschancen<br />

viel grösser. Wer zu lange wartet,<br />

kommt zwar wieder aus dem Spital – aber<br />

vielleicht mit einem bleibenden Schaden.<br />

C.P. Und konkret?<br />

W.F. Wir können davon ausgehen, dass<br />

in ungefähr der Hälfte der Fälle eine<br />

Sanierung Erfolg hat. Es ist aber noch<br />

nicht möglich, genaue Zahlen zu liefern.<br />

Wir sind ja noch mittendrin, der Frage Herr<br />

zu werden. Tatsache ist indes, dass alle<br />

betroffenen Firmen in den Konkurs gingen,<br />

wenn sich unsere Spezialistenteams nicht<br />

ihrer annehmen würden.<br />

C.P. Die CREDIT SUISSE hat in den letzten<br />

Jahren im Kreditgeschäft Milliarden verloren.<br />

Dreht das Unternehmen jetzt den<br />

Kredithahn zu?<br />

W.F. Nein, im Gegenteil. Wir gewähren<br />

immer mehr Kredit – 1<strong>99</strong>8 beispielsweise<br />

waren es im Vergleich zum Vorjahr drei<br />

Prozent mehr. Wir verzeichnen also trotz<br />

sorgfältigerer Politik einen Zuwachs im<br />

Kreditgeschäft.<br />

C.P. Was bringt die neue Kreditpolitik?<br />

W.F. Wir schaffen klare Verhältnisse und<br />

Transparenz. Früher war es für einen<br />

Kunden nur schwer nachzuvollziehen, wie<br />

wir seinen Kredit veranschlagten. Heute<br />

wissen alle, woran sie sind. Das gilt auch<br />

für unsere Mitarbeiter, welche Kredite<br />

verkaufen. Der Kunde ist informiert, in<br />

welcher Risikoklasse er sich befindet. Und<br />

angeschlagenen Kunden in schlechten<br />

Risikoklassen zeigen wir auf, wie sie sich<br />

verbessern und damit ihre Zinskosten<br />

senken können (siehe Box S. 47).<br />

C.P. Kleinunternehmer wie Werner Durrer<br />

aus Alpnach (siehe Porträt rechts) beklagen<br />

sich darüber, dass Sie Firmen in<br />

Schwierigkeiten auch noch mit einem<br />

höheren Zinsfuss bestrafen. Haben Sie kein<br />

Herz für die KMU?<br />

W.F. Die KMUs sind für die CREDIT<br />

SUISSE von enormer Bedeutung. Wir tun<br />

alles dafür, ihnen ein fairer und kompetenter<br />

Partner zu sein. Doch das ist hier nicht<br />

die Frage. Wir wollen mit unseren Preisen<br />

weder Herrn Durrer noch irgend jemand<br />

anderen bestrafen. Doch wir machen unsere<br />

Arbeit professionell. Und das heisst<br />

im Falle der Kredite: Nehmen wir ein<br />

höheres Risiko in Kauf, dann wollen wir<br />

auch dafür bezahlt werden. Es ist wie mit<br />

einer Autoversicherung: Verursachen Sie<br />

einen Schaden, dann müssen Sie in der<br />

Folge einen Teil des Schadens übernehmen,<br />

indem Sie höhere Prämien bezahlen.<br />

C.P. Was sind Ihre Ziele?<br />

W.F. Die CREDIT SUISSE will das Geschäft<br />

mit den gefährdeten Krediten in<br />

Dimensionen rücken, wo wir sagen können:<br />

Es ist für die Bank und den Kunden<br />

vertretbar. Für mich und meine Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter liegt die Latte hoch:<br />

Wir müssen die Risiken um 75 Prozent<br />

reduzieren. Diese Vergangenheitsbewältigung<br />

ist eine riesige Aufgabe. Dabei dürfen<br />

wir aber nicht vergessen, in die Zukunft zu<br />

schauen. Unser Unternehmen muss dramatische<br />

Entwicklungen, etwa in der Telekommunikation<br />

oder in der Landwirtschaft,<br />

in ihre Beurteilung von Kreditgeschäften<br />

schon heute einfliessen lassen. Sonst<br />

müssen wir uns plötzlich wieder mit neuen<br />

Krisenfällen auseinander setzen.<br />

48 CREDIT SUISSE BULLETIN 4 |<strong>99</strong>

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