bull_99_04
Credit Suisse bulletin, 1999/04
Credit Suisse bulletin, 1999/04
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ZEIT<br />
wird meistens vor allem für eines verwendet:<br />
um noch mehr in den Tag hineinzustopfen.<br />
So verstanden, wird Zeitmanagement<br />
nicht zur Lösung, sondern zu<br />
einem Teil der Zeitnot.<br />
Diese Falle nehmen auch die Zeitberater<br />
selber wahr. «Viele wollen einfach wissen,<br />
wie sie alle möglichen Aufgaben unter<br />
einen Hut bringen können», sagt Bruno<br />
Schnarwiler, Management-Berater der<br />
CREDIT SUISSE. So bleibe man ständig<br />
an der Oberfläche des Zeitproblems. Die<br />
Arbeitsweise habe aber vielmehr mit persönlichen<br />
Werten, Verhaltensmustern und<br />
inneren Programmen zu tun. Jeder Mensch<br />
habe verschiedene Rollen: als Partner,<br />
Mutter, Vorgesetzter, Fachfrau usw. Aus<br />
jedem Bereich kommen ständig neue Anforderungen,<br />
für jeden Bereich braucht es<br />
Zeit. Zielkonflikte und Dilemmas sind programmiert.<br />
Schnarwiler misstraut daher<br />
allzu einfachen Rezepten. «Zeitmanagement<br />
kann nur ein Hilfsmittel sein», betont<br />
er. Wer seine Zeit besser in den Griff<br />
bekommen will, braucht zuerst eine Selbstanalyse:<br />
«Was ist mir wichtig ? Wie viel<br />
ist mir Karriere Wert ? Warum ? Weshalb<br />
gelingt mir dies oder jenes schlechter oder<br />
besser ?» Erst auf dieser Basis könne<br />
dann über Zeitmanagement weiter entschieden<br />
werden, sagt Schnarwiler.<br />
Erfolg dank Eigenverantwortung<br />
«Die meisten Menschen stellen sich diese<br />
Fragen kaum», so Bruno Schnarwilers Erfahrung.<br />
Sie klagen ständig über Zeitdruck<br />
und Überlastung. Doch auch die<br />
Erkenntnis, etwas ändern zu müssen, ist<br />
noch lange kein Garant für eine anhaltende<br />
Veränderung. Die Bereitschaft, an sich<br />
zu arbeiten, ist zwar eine Voraussetzung<br />
für den Erfolg, aber sie genügt nicht.<br />
Warum schiebe ich Entscheide immer<br />
vor mich hin, wieso glaube ich nichts<br />
delegieren zu können, warum gelingt es<br />
mir nie, auf Termin mit einer Arbeit fertig<br />
zu werden ? «Tief verwurzelte Verhaltensmuster<br />
und meistens unbewusste Selbstkonzepte<br />
lassen sich nicht von einem Tag<br />
auf den andern ändern», betont Schnarwiler.<br />
Oft empfiehlt der Management-<br />
Berater darum Lernpartnerschaften mit<br />
Kollegen oder auch die Unterstützung<br />
durch einen Therapeuten.<br />
Die Mühe lohnt sich. «Denn das Ziel<br />
eines Zeitmanagements ist mehr Eigenverantwortung<br />
und Selbstbestimmung»,<br />
sagt Schnarwiler. Daraus schöpfe man<br />
eine bessere Leistungsfähigkeit und mehr<br />
Lebensqualität. Das sind grosse Ziele.<br />
Nur in Buchdeckel-Texten und in Workshop-Einladungen<br />
wird versprochen, es<br />
sei alles eine Frage von gutem Willen und<br />
einigen Tricks. Erfahrene Management-<br />
Berater wie Bruno Schnarwiler sehen<br />
es realistischer: «Es ist eine lebenslange<br />
Aufgabe.»<br />
SCHNELLKURS FÜR ZEITGESCHÄDIGTE<br />
Hier ein paar Ratschläge, frei nach dem Motto: «Was Sie schon längst<br />
wissen, aber noch immer nicht tun»:<br />
Tun Sies sofort. Oberstes Gebot eines erfolgreichen Zeitmanagements.<br />
Schieben Sie nichts auf die lange Bank ! Nichts verschlingt so viel Zeit wie<br />
das ständige Hinausschieben von Aufgaben. Und was belastet einen mehr<br />
als der Gedanke an all diese unerledigten Aufgaben ? Machen Sie sich zur<br />
Gewohnheit, Dinge sofort zu erledigen.<br />
Tun Sies später sofort. Selbstverständlich können und sollten Sie nicht<br />
alles sofort tun. Die Projektskizze, die einen halben Tag beansprucht, oder<br />
die Besprechung mit dem Mitarbeiter, die Sie noch vorbereiten müssen –<br />
das braucht alles seine Zeit. Aber: Entscheiden Sie sofort, wann Sie etwas<br />
tun werden ! Tragen Sie es ein, machen Sie eine Notiz und legen Sie es auf<br />
die Seite !<br />
Tun Sie alles nur einmal. Wenn Sie eine Aufgabe anpacken, bringen Sie sie<br />
zu Ende. Es braucht keine wissenschaftlichen Studien, um zu wissen, dass<br />
das ständige Wiederaufnehmen einer Arbeit Energie und Zeit verschleisst.<br />
Planen Sie schriftlich. Man sollte nicht ständig an die Aufgaben denken,<br />
die man noch zu erledigen hat. Wer schriftlich plant, entlastet das<br />
Gedächtnis. Die tägliche Planung verhilft auch zur besseren Übersicht und<br />
ermöglicht die Kontrolle. Wobei gilt: Planen Sie realistisch, sorgen Sie für<br />
Pufferzeiten – wenn Sie können.<br />
Sagen Sie nein. Die wirksamste Art, seine Zeit in den Griff zu bekommen.<br />
Entledigen Sie sich aller Aufgaben, die Sie eigentlich nicht tun müssen<br />
oder wollen – leicht gesagt.<br />
Bleiben Sie cool. Es kommt oft anders, als man denkt. Denken Sie an die<br />
alte Managerweisheit: Je genauer man plant, umso härter trifft einen der<br />
Zufall.<br />
24<br />
CREDIT SUISSE BULLETIN 4 |<strong>99</strong>