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Credit Suisse bulletin, 1999/04

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SCHAUPLATZ<br />

«<br />

Im November 1<strong>99</strong>7 erlebte ich einen der<br />

bittersten Momente in meinem Leben.<br />

Meine Firma, die Dach und Wand AG,<br />

stand vor dem Aus. Ich musste meine<br />

sieben Mitarbeiter entlassen. Darunter<br />

Familienväter und solche, die direkt in<br />

Arbeitslosenprogramme kamen. Einige<br />

waren schon Jahre dabei, andere hatten<br />

bei mir schon die Lehre gemacht. Das war<br />

hart. Sehr hart. Schliesslich wachsen in<br />

all den Jahren Freundschaften und Beziehungen.<br />

Welch ein Unterschied zu früher.<br />

Vor elf Jahren hatte ich die Firma Dach<br />

und Wand AG übernommen – etwas teuer<br />

zwar, aber immerhin: Die Zeiten waren<br />

gut, es gab genug Aufträge, die Preise<br />

stimmten und die Banken sprachen grosszügig<br />

Kredite. Wir waren damals 18 Leute.<br />

Ich konnte gar nicht mehr selber Hand<br />

anlegen; die Planung und das Reinholen<br />

von Aufträgen forderte mich voll und ganz.<br />

Ehrlich gesagt, verlor ich zeitweise aber<br />

auch den Überblick über meine Teams.<br />

Erfolg hatten wir trotzdem. Doch die Krise<br />

im Baugewerbe ging auch am Kanton<br />

Obwalden nicht spurlos vorbei. Die Wende<br />

kam für mich in den Jahren 1<strong>99</strong>4/95. Von<br />

da an gings bergab. Insbesondere 1<strong>99</strong>6<br />

fuhren wir happige Verluste ein; ich baute<br />

Arbeitsplätze ab. Aber mit sieben Leuten<br />

ist das gerade so eine dumme Betriebsgrösse.<br />

Wir verstanden es nicht mehr,<br />

konkurrenzfähig zu arbeiten. Zudem<br />

stimmten unsere Leistungen nicht – es<br />

WERNER DURRER AUS<br />

ALPNACH GERIET WEGEN<br />

DER BAUKRISE MIT SEINER<br />

FIRMA DACH UND WAND AG<br />

INS STRAUCHELN. SEIN<br />

REZEPT, UM AUS DER<br />

RISIKOZONE ZU KOMMEN:<br />

«ICH ARBEITE HEUTE<br />

HÄRTER UND EFFIZIENTER.»<br />

rächte sich, dass ich nicht mehr Zeit vor<br />

Ort auf den Baustellen zubringen konnte.<br />

Mir gings miserabel. Was für eine Zeit!<br />

Der Buchhalter machte Druck, die<br />

Banken wollten von ihm wissen, wie es<br />

weitergehen sollte. Es gab nur ein Entrinnen<br />

aus der Krise: Leute entlassen,<br />

Betriebskosten reduzieren und als Einmannbetrieb<br />

weiterarbeiten. Für die Bank<br />

war ich ein Risikofaktor. Sie verlegte mich<br />

zu den Spezialfinanzierungen, wo sie auch<br />

andere Betriebe in Schieflage betreut.<br />

Dank unserem neuen Treuhänder und<br />

meiner Freundin bekam ich meinen Betrieb<br />

wieder unter Kontrolle. Der Treuhänder<br />

hielt Kontakt zur CREDIT SUISSE,<br />

die weiter an mich glaubte. Ihre Rolle war<br />

indes abwartend, ich musste mich am<br />

eigenen Kragen aus dem Dreck ziehen.<br />

1<strong>99</strong>8 brachte die Bestätigung. Für mich<br />

wars ein tolles Jahr. Das Konzept ging auf.<br />

Zwar bin ich sozusagen ein Einmannbetrieb.<br />

In Tat und Wahrheit habe ich mich<br />

aber mit befreundeten Firmen zusammengetan,<br />

um auch grössere Aufträge auszuführen.<br />

Wenn Not am Mann ist, helfe ich<br />

bei anderen Firmen aus – und umgekehrt.<br />

So belasten mich keine Angestelltenlöhne,<br />

zugleich komme ich selbst an Aufträge<br />

ran, die sich mit zwei Händen nicht<br />

bewältigen liessen. Ich arbeite heute härter<br />

und effizienter. Dennoch geht es mir je<br />

länger, je besser. Ich kann mir jetzt sogar<br />

wieder Ferien leisten – die ersten nach elf<br />

Jahren.<br />

Als Unternehmer bin ich weiter auf<br />

dem Weg zur Besserung. Trotzdem taxiert<br />

mich die CREDIT SUISSE immer noch<br />

als hohes Risiko ein. Entsprechend mehr<br />

zahle ich für meine Kredite. Darüber bin<br />

ich sehr enttäuscht. Ich finde es ungerecht,<br />

wenn die Bank einen zusätzlich<br />

bestraft. Schliesslich ist der Preiskampf in<br />

meinem Metier schon mörderisch genug.<br />

Und ich habe alles unternommen, um wieder<br />

Boden unter die Füsse zu kriegen.<br />

ICH BIN VON DER<br />

CREDIT SUISSE ENTTÄUSCHT.<br />

»<br />

49<br />

CREDIT SUISSE BULLETIN 4 |<strong>99</strong>

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