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Credit Suisse bulletin, 1999/04

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SCHAUPLATZ<br />

grossen Unternehmen aus der Verantwortung<br />

schleichen. «So, wie wir das Kreditgeschäft<br />

betrieben, konnte es doch nicht<br />

weitergehen», kontert Walter Fluck, in der<br />

Geschäftsleitung für die Spezialfinanzierungen<br />

zuständig (Interview S. 48).<br />

Selbst 1<strong>99</strong>8 musste die CREDIT<br />

SUISSE rund 660 Millionen Franken für<br />

gefährdete Kredite zurückstellen. Ein Fall<br />

für Spezialisten also. Denn eins ist klar:<br />

Hilft die Bank den Kunden, auf die Beine zu<br />

kommen, so hilft sie sich selber – auch wenn<br />

der personelle Aufwand dafür enorm ist.<br />

Jedes Prozent des Kundenstamms,<br />

das man wieder ins normale Geschäft<br />

zurückbringen kann, schlägt massiv auf<br />

die Erfolgsrechnung. Ganz zu schweigen<br />

vom volkswirtschaftlichen Nutzen fitter<br />

Unternehmen. Insgesamt arbeiten bei der<br />

CREDIT SUISSE rund 350 Fachleute im<br />

Bereich Spezialfinanzierungen – in der<br />

Schweiz auf 15 Standorte verteilt. Mit von<br />

der Partie ist Regina Faes. Die Berner<br />

Selfmade-Frau, HWV-Absolventin und<br />

Mutter von einem Sohn ist seit zehn<br />

Jahren im Bankgeschäft: erst als Firmenberaterin<br />

an der Kundenfront und seit zwei<br />

Jahren im Bereich Spezialfinanzierungen<br />

in Zürich. Ihr Team beschäftigt sich mit<br />

Firmensanierungen.<br />

Wenns schlecht läuft, trennt sich die<br />

Bank vom Kreditnehmer. Nach einem<br />

Happy-End steht die Firma wieder auf<br />

einer gesunden Basis. «Unser Hauptziel<br />

ist es, die Kunden wieder ins normale<br />

Geschäft zurückzubringen», betont Faes.<br />

So oder so – am meisten beeinflusst die<br />

Erfolgschancen die Frage, ob es gelingt,<br />

mit dem Kunden zusammenzuarbeiten.<br />

Vielfach brauchts Druck von aussen<br />

Je länger eine erfolglose Firma zuwartet,<br />

desto harziger wirds, sie wieder auf Erfolgskurs<br />

zu bringen. Beharren die Firmenverantwortlichen<br />

auf ihrem erfolglosen Weg,<br />

dann wirds schwierig bis aussichtslos.<br />

«Wenn sie hingegen mitmachen, können<br />

gute Lösungen für oft grosse Probleme<br />

gefunden werden», weiss Regina Faes.<br />

Grundsätzlich sollte ein Kreditnehmer nicht<br />

länger als zwei, drei Jahre in den hohen<br />

Risikoklassen verbleiben. «Wir machen<br />

keine konzeptlosen Hauruckaktionen. Wir<br />

engagieren uns mittel- und längerfristig,<br />

um die Schwachstellen der Firma auszumerzen»,<br />

erklärt die Fachfrau. Dabei<br />

begegnet Regina Faes des öftern dem<br />

gleichen Phänomen. Vielfach brauchen<br />

Firmenchefs Druck von aussen, um ihre<br />

prekäre Lage eingestehen zu können.<br />

Und hier liegt die Krux. «Häufig haben wir<br />

es mit Firmenchefs zu tun, die ihre Unternehmen<br />

über Jahrzehnte mit enormem<br />

Einsatz aufgebaut haben», erzählt Faes.<br />

«Sie hatten das Gefühl, alles im Griff zu<br />

haben. Als One-Man-Show und Chrampfer<br />

legten sie sich mächtig ins Zeug, schenkten<br />

aber den finanziellen Aspekten der<br />

Geschäftsführung zu wenig Beachtung.»<br />

Doch das geht meist nur bis zu einer gewissen<br />

Firmengrösse; irgendwann brauchts<br />

professionelle Unterstützung. «Wir können<br />

keinen Fall nach Schema F abwickeln»,<br />

Risikoklassen<br />

Beschreibung<br />

betont Regina Faes. Hinter jedem Fall<br />

stecken Schicksale und besondere Umstände<br />

(siehe Seite 49). «Wenn wir einen<br />

Kunden wieder in eine bessere Risikoklasse<br />

hieven können, gibt mir das grosse<br />

Befriedigung», sagt Faes.<br />

«Manche Fälle gehen mir nahe»<br />

Für den Erfolg der Bemühungen gibts indes<br />

keine Garantie. Psychologisch bleibt<br />

das Geschäft für die CREDIT SUISSE-<br />

Crews ein heikles Unterfangen. Zwar sind<br />

Morddrohungen Einzelfälle – dennoch:<br />

Taktgefühl und Einfühlungsvermögen stehen<br />

im Anforderungsprofil der Mitarbeitenden<br />

in den Spezialfinanzierungen an<br />

oberster Stelle. «Manche Fälle gehen mir<br />

sehr nahe», gesteht Regina Faes ein. Mal<br />

ist sie als Psychologin, mal als klug und<br />

nüchtern rechnende Bankerin gefordert –<br />

das eine lasse sich vom andern nie trennen.<br />

Regina Faes schmunzelt: «Es gibt<br />

Tage, da fällt einem das leichter. An anderen<br />

wiederum…»<br />

SO SCHÄTZT DIE CREDIT SUISSE IHRE KUNDEN EIN<br />

Geringes Risiko R1 Kurz- und mittelfristig äusserst stabil; langfristig sehr stabil;<br />

zahlungsfähig auch bei schwersten ungünstigen Entwicklungen.<br />

R2<br />

Kurz- und mittelfristig sehr stabil; langfristig stabil; Rückzahlungsquellen<br />

auch bei anhaltend ungünstigen Entwicklungen<br />

genügend.<br />

R3<br />

Kurz- und mittelfristig auch bei grösseren Schwierigkeiten<br />

zahlungsfähig; langfristig können kleine ungünstige Entwicklungen<br />

aufgefangen werden.<br />

Mittleres Risiko R4 Kurzfristig sehr stabil, innert eines Jahres sind kreditgefährdende<br />

Änderungen nicht zu erwarten; mittelfristig genügend<br />

Substanz, um überleben zu können; langfristige Entwicklung<br />

noch unsicher.<br />

R5<br />

Kurzfristig stabil, innert eines Jahres sind kreditgefährdende<br />

Änderungen nicht zu erwarten; mittelfristig können nur kleine<br />

ungünstige Entwicklungen aufgefangen werden.<br />

Hohes Risiko R6 Weitere ungünstige Entwicklungen können bereits innert<br />

Monaten zu Kreditverlusten führen.<br />

R7<br />

Kreditverluste (Kapital und/oder Zinsen) sind mit hoher<br />

Wahrscheinlichkeit zu erwarten.<br />

R8<br />

Kreditverluste (Kapital und/oder Zinsen) müssen angenommen<br />

werden, d.h., es besteht Rückstellungsbedarf; weitere<br />

ungünstige Entwicklungen führen direkt zum Kreditverlust.<br />

kurzfristig: weniger als 1 Jahr mittelfristig: 1 bis 5 Jahre langfristig: 5 bis 10 Jahre<br />

47<br />

CREDIT SUISSE BULLETIN 4 |<strong>99</strong>

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