bull_99_04
Credit Suisse bulletin, 1999/04
Credit Suisse bulletin, 1999/04
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HANSPETER KURZMEYER, CREDIT SUISSE<br />
«DER FAKTOR ZEIT WIRD<br />
KÜNFTIG NOCH KNAPPER,<br />
ALS ER HEUTE SCHON IST.»<br />
altbekannten Spiel der Marktkräfte, welches<br />
der Ökonom Joseph A. Schumpeter<br />
bereits in den Vierzigerjahren treffend als<br />
«schöpferische Zerstörung» beschrieben<br />
hatte: ein ewiger Wettlauf um Innovationen,<br />
der all diejenigen bestraft, die einen technologischen<br />
Schub verschlafen oder auf<br />
das falsche Pferd setzen.<br />
Schumpeters Vision hat sich erfüllt<br />
Im ausgehenden Jahrtausend ist die<br />
Schumpetersche Welt realer als je zuvor,<br />
dreht sich das Räderwerk des Marktes<br />
noch schneller, folgen sich die Innovationen<br />
noch rascher. Als Beschleuniger wirkt<br />
der entfesselte Wettbewerb – Deregulierung<br />
und Globalisierung sei Dank. Aber<br />
auch die Errungenschaften der Kommunikationstechnologie<br />
lassen die Drehzahl<br />
hochschnellen, denn neue Erkenntnisse<br />
diffundieren heute rascher zur Konkurrenz<br />
als früher. Und am Ende der Kette stehen<br />
die modernen Konsumenten – informiert,<br />
anspruchsvoll, ungeduldig und allzeit bereit,<br />
die Treue zu kündigen, wenn die Konkurrenz<br />
mehr zu bieten hat.<br />
Tempo zahlt sich aus, weiss Philip<br />
Rowland: «Wer zuerst eine neue Idee auf<br />
den Markt bringt, kann ein überproportionales<br />
Stück vom Kuchen ergattern.» So<br />
geschehen beim Renault Mégane Scénic,<br />
dem ersten Monospace der unteren Mittelklasse<br />
– das sind Familienautos, die über<br />
einen variablen Innenraum verfügen. «Noch<br />
lukrativer sind Innovationen», so Rowland,<br />
«wenn die Firma sie mit einem Patent oder<br />
Copyright schützen kann, wie etwa Bosch<br />
mit der Benzin-Einspritzung oder Autoliv<br />
mit dem Airbag.» Auch im Retail Banking<br />
sind die First Mover klar im Vorteil, wie<br />
Hanspeter Kurzmeyer bestätigt: «Dank<br />
unserer Pionierrolle haben wir beim<br />
DIRECT NET in der Schweiz mittlerweile<br />
einen Marktanteil von 35 Prozent erreicht.»<br />
Allerdings sei beim Kampf um Bankkunden<br />
der Zug selten abgefahren, relativiert Urs<br />
Ruoss, Leiter Produktmanagement Konti<br />
und Kredite bei der CREDIT SUISSE:<br />
«Noch verhalten sich die Schweizer in<br />
Sachen Geld wenig progressiv.» Ruoss<br />
verweist auf den Fonds-Sparplan, den die<br />
CREDIT SUISSE bereits Anfang der<br />
Achtzigerjahre lancierte – ohne Erfolg.<br />
«Erst heute konnte sich das Fondssparen<br />
in der breiten Bevölkerung durchsetzen.»<br />
Dennoch dürfe sich eine Bank nicht aufs<br />
Nachahmen beschränken, warnt Ruoss.<br />
IN DER PHARMA BRAUCHTS EINEN LANGEN ATEM<br />
Die Pharma-Uhren ticken anders als in der übrigen Wirtschaft.<br />
Bis ein neues Medikament die Regale der Apotheken füllt, verstreichen<br />
in der Regel zehn bis zwölf Jahre. Rekordverdächtige<br />
Zeiträume verglichen mit anderen Konsumgütern. «Die Pharma<br />
ist eben in vielerlei Hinsicht eine aussergewöhnliche Branche»,<br />
sagt Conrad Engler, Geschäftsleiter der Pharma Information:<br />
«Von 10 000 getesteten Substanzen erreicht nur eine den Markt.<br />
Und für jedes eingeführte Medikament muss eine Firma im<br />
Schnitt 400 bis 500 Millionen Franken an Forschungs- und Entwicklungskosten<br />
aufwerfen.» Doch die Zeit wird auch in der<br />
Pharmabranche immer knapper. Wichtige Jahre kann ein Unternehmen<br />
heute vor allem bei der Registrierung gewinnen: So<br />
ermöglicht ein neues «Fast-Track»-Verfahren, lebensrettende<br />
Medikamente rascher als üblich zuzulassen.<br />
URS RUOSS, CREDIT SUISSE:<br />
«MIT REGELMÄSSIGEN<br />
INNOVATIONEN HEBT SICH<br />
EINE FIRMA VON DER MASSE AB.»<br />
«Unternehmen, die sich regelmässig mit<br />
Innovationen profilieren, können ihren<br />
Markennamen nachhaltig stärken.» Dies<br />
ist nicht einfach ein nettes Detail. Einzigartigkeit<br />
ist vielmehr Gold wert in einer<br />
Zeit, in der Produkte zusehends austauschbar<br />
werden – ob im Retail Banking<br />
oder anderswo.<br />
Ein Ende des Wettrennens ist nicht abzusehen.<br />
«Der Faktor Zeit wird künftig<br />
noch knapper, als er heute schon ist»,<br />
davon ist Hanspeter Kurzmeyer überzeugt.<br />
Entsprechend ambitioniert sind die<br />
Ziele, die sich der Chef des Direct Banking<br />
gesetzt hat: «Auch bei komplexen<br />
Projekten möchten wir die Marke von vier<br />
Monaten Entwicklungszeit schon bald unterschreiten.»<br />
Damit dürfte eines sicher<br />
sein: Der nächste Streich wird nicht lange<br />
auf sich warten lassen – ob in den Banken<br />
oder auf den Landstrassen.<br />
ANDREAS THOMANN, TELEFON 01 333 80 39<br />
ANDREAS.THOMANN@CREDIT-SUISSE.CH<br />
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CREDIT SUISSE BULLETIN 4 |<strong>99</strong>