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Credit Suisse bulletin, 1999/04

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S.A. Die Sättigungsgrenze ist bestimmt<br />

noch nicht erreicht. In Skandinavien beispielsweise<br />

ist die Mobilfunkdichte um<br />

einiges höher. In Finnland kommen auf<br />

100 Einwohner bereits 58 Mobiltelefone.<br />

Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass<br />

die Verbreitung in den anderen Industrieländern<br />

letztlich tiefer liegen wird. Ihre<br />

Frage ist aber durchaus berechtigt. Der<br />

Telekommunikationsmarkt ist seit Anfang<br />

1<strong>99</strong>8 liberalisiert. Diax konnte aber erst<br />

knapp ein Jahr später starten, Orange gar<br />

erst Ende Juni dieses Jahres. Grund dafür<br />

war unter anderem, dass die neuen Mobilfunkanbieter<br />

zuerst einmal ein eigenes<br />

Mobilfunknetz aufbauen mussten. Gleichzeitig<br />

war es angesichts der hohen Anzahl<br />

Neuanmeldungen für die neu konzessionierten<br />

Anbieter aber wichtig, möglichst<br />

rasch in den Markt einzusteigen. Ihr Markteintritt<br />

erfolgte zwar spät, aber bestimmt<br />

nicht zu spät, zumal sich das Akquisitionspotenzial<br />

nicht auf Personen beschränkt,<br />

die sich ein Mobiltelefon erst anschaffen.<br />

Die drei Mobilfunkanbieter können<br />

schliesslich auch bestehende Kunden abwerben<br />

und so den Markt mit ihrem eigenen<br />

Angebotsverhalten beeinflussen.<br />

B.J. Sie sprechen die Preisnachlässe an.<br />

Wird mobil telefonieren einmal so billig sein<br />

wie über das Festnetz ?<br />

S.A. Im Moment sieht es nicht danach<br />

aus. Diese Einschätzung lässt sich ökonomisch<br />

sehr schön begründen. Wenn der<br />

Markt nur von wenigen Anbietern dominiert<br />

wird, handelt es sich um ein sogenanntes<br />

Oligopol. Im Mobilfunk liegt mit<br />

lediglich drei Anbietern heute eine solche<br />

oligopolistische Angebotsstruktur vor. Jeder<br />

der drei Oligopolisten weiss, dass sein<br />

Verhalten bei der Konkurrenz Reaktionen<br />

auslösen wird – das heisst, die Anbieter<br />

sind strategisch interdependent. Sie sind<br />

sich auch bewusst, dass ein Preiskampf,<br />

ist er einmal vom Zaun gerissen, hart wird.<br />

Darum werden die Konkurrenten ihn zu<br />

vermeiden suchen; denn massive Preissenkungen<br />

wären nur zu aller Nachteil.<br />

B.J. Aber die Preise im Mobilfunk sind doch<br />

bereits gesunken.<br />

S.A. Ja, schon, aber von einem Preiskrieg<br />

kann nicht die Rede sein. Stattdessen<br />

differenzieren die drei Anbieter ihre Angebote,<br />

um sich einem direkten Preisvergleich<br />

zu entziehen. Dies widerspiegelt<br />

sich in ihren Dienstleistungen und der<br />

Preisgestaltung, die sich nicht eben durch<br />

eine hohe Transparenz auszeichnen. Der<br />

Kunde muss wissen, wie er sein Mobiltelefon<br />

einsetzen wird und aufgrund dessen<br />

auswählen. Intransparente Preisstrukturen,<br />

die eben einen solchen direkten<br />

Preisvergleich verunmöglichen, sind ein<br />

geeignetes Mittel, einen Preiskrieg zu vermeiden.<br />

B.J. Das war vorsichtig ausgedrückt. Wird es<br />

in den nächsten Jahren bei einem bisschen<br />

Wettbewerb bleiben ?<br />

S.A. Das lässt sich nicht im Voraus sagen,<br />

weil jeder der heute konzessionierten<br />

Anbieter jederzeit die Preise massiv senken<br />

und die Mitkonkurrenten praktisch dazu<br />

zwingen kann nachzuziehen. Überdies ist<br />

auch denkbar, dass weitere Anbieter als<br />

Service-Provider in den Markt eintreten.<br />

Sie würden Gesprächsminuten bei den<br />

Netzbetreibern ein- und den Kunden weiterverkaufen.<br />

Des Weiteren treibt einmal<br />

mehr die technologische Entwicklung den<br />

Wettbewerb voran. Ich denke da an den<br />

Wechsel von GSM auf UTMS.<br />

B.J. GSM, UTMS ?<br />

S.A. GSM ist die Technologie, auf welcher<br />

der Mobilfunk heute in Europa basiert.<br />

UTMS soll die Nachfolgegeneration werden<br />

und in der Schweiz ab 2002 das GSM-<br />

Netz vorerst ergänzen, später ersetzen.<br />

«IN DER SCHWEIZ HAT<br />

JEDER DRITTE EIN HANDY.<br />

IN FINNLAND BEREITS JEDER ZWEITE.»<br />

Die zwei dafür vorgesehenen Frequenzen<br />

sollen Anfang 2000 versteigert werden.<br />

UTMS zeichnet sich überdies durch höhere<br />

Bandbreiten aus, sodass Mobilfunk<br />

sich auch für die Bild- und Datenübermittlung<br />

eignen wird. Damit wird es auch<br />

attraktiv, über das Mobilnetz ins Internet<br />

einzusteigen. UTMS wird also einen Quantensprung<br />

in der Konvergenz von Ton, Bild<br />

und Daten darstellen.<br />

B.J. Ist der Aufbau so vieler Netze überhaupt<br />

sinnvoll ?<br />

S.A. Aus Sicht des Wettbewerbs machen<br />

die Investitionen durchaus Sinn. Jedenfalls<br />

ist dadurch sichergestellt, dass kein<br />

Anbieter den Wettbewerb verhindern<br />

kann. Zudem bestehen zum Teil bereits<br />

Übertragungsengpässe, sodass sich vor<br />

allem in den Städten und Agglomerationen<br />

ein Ausbau aufdrängt. Und nicht zuletzt<br />

sind die neuen Anbieter aufgrund der Konzessionsbestimmungen<br />

verpflichtet, ein<br />

eigenes Netz aufzubauen. Dass Orange<br />

auf das Swisscom-Netz abstützt, ist nur<br />

als Übergangslösung erlaubt.<br />

B.J. Sie sagen, dass anbietereigene Infrastrukturen<br />

dem Wettbewerb dienen. Aber<br />

beim Festnetz bleibt ja das Monopol der<br />

Swisscom ebenfalls bestehen.<br />

S.A. Das stimmt nicht ganz. Einige neue<br />

Anbieter haben zum Teil riesige Investitionen<br />

in ein eigenes Telefonnetz vorgenommen.<br />

Auf diesem überwinden sie bei<br />

Ferngesprächen die weiten Distanzen und<br />

schalten sich mittels Anschlussknoten ins<br />

Netz der Swisscom ein, über welches das<br />

Gespräch bis in den Haushalt geleitet<br />

wird. Bei dieser sogenannten «letzten Meile»<br />

behält die Swisscom tatsächlich ihre<br />

44 CREDIT SUISSE BULLETIN 4 |<strong>99</strong>

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