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Einflussgrößen auf die Entwicklung empathischen Erlebens und ...

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12. Diskussion<br />

Der alternative Mechanismus, der oben entwickelt wurde, ermöglicht situationsgeb<strong>und</strong>enes<br />

Hilfeverhalten, das ohne <strong>die</strong>se Prozesse auskommt.<br />

Die kulturvergleichenden (Whiting, 2003; Whiting & Whiting, 1975) <strong>und</strong><br />

anthropologisch (de Guzman et al., 2005; Graves & Graves, 1983) orientierten Arbeiten<br />

bemühten eher soziostrukturelle Parameter, <strong>die</strong>, vermittelt über <strong>die</strong> Struktur des Alltags <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> entsprechenden Interaktionserfahrungen, <strong>die</strong> Unterschiede im Hilfeverhalten <strong>und</strong> der<br />

allgemeinen prosozialen Orientierung erklären sollten. In <strong>die</strong>sen Arbeiten kommt der aktiven<br />

Einbindung der Kinder in anfallende Routinetätigkeiten im Haushalt eine zentrale Rolle für<br />

<strong>die</strong> Förderung der prosozialen Motivation zu. Durch den direkten Vollzug <strong>und</strong> das Erleben<br />

der unmittelbaren Konsequenzen wird das eigene Verhalten als wichtig <strong>und</strong> wirksam<br />

erfahren, da es in direktem Bezug zu der Befriedigung primärer Bedürfnisse der Familie steht.<br />

Diese Erfahrungen wirken demnach direkt <strong>auf</strong> das Verantwortungsgefühl <strong>und</strong> <strong>die</strong> prosoziale<br />

Motivation der Kinder rück. Allerdings messen <strong>die</strong> Autoren <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong>n neben <strong>die</strong>sen<br />

Prozessen auch dem Modelllernen eine wichtige Rolle zu, da Kinder in dem Maße, in dem sie<br />

relevantes Verhalten zeigen, auch das relevante Handeln anderer Personen beobachten.<br />

Ähnlich argumentieren andere Autoren, <strong>die</strong> weder kulturvergleichend arbeiten, noch den<br />

Routinetätigkeiten denselben Stellenwert geben, dass das Modelllernen eine entscheidende<br />

Rolle bei der <strong>Entwicklung</strong> prosozialer Verhaltensneigungen spielt (Rushton, 1982; Zahn-<br />

Waxler & Radke-Yarrow, 1982), insbesondere bei der Internalisierung prosozialer Werte <strong>und</strong><br />

Normen (Grusec, 1982).<br />

Diese zentrale Rolle des Modelllernens ist im Zusammenhang mit <strong>die</strong>ser Arbeit umso<br />

wichtiger, da in dem autonom-relationalen Kontext in Delhi nicht <strong>die</strong>selben ökologischen <strong>und</strong><br />

ökonomischen Bedingungen bestanden wie das in den Stichproben der anthropologisch<br />

ausgerichteten Arbeiten der Fall war. In Delhi waren <strong>die</strong> Kinder nicht <strong>auf</strong>gr<strong>und</strong> externer<br />

Zwänge früher oder in einem stärkeren Maße an Haushaltstätigkeiten beteiligt oder in <strong>die</strong><br />

Betreuung jüngerer Geschwister mit eingeb<strong>und</strong>en. Viel eher schien es so, als wäre das sowohl<br />

in Delhi als auch in Berlin in einem ähnlich geringen Ausmaß der Fall. Dadurch erfährt das<br />

Kind sein eigenes Handeln nicht in dem Maße als direkt notwendig <strong>und</strong> wichtig, wie das in<br />

der six-culture study angenommen wurde. Demzufolge sollte dem Modelllernen <strong>und</strong> den<br />

weiter oben beschriebenen Mechanismen ein höherer Stellenwert zukommen.<br />

Das wirft ein interessantes Licht <strong>auf</strong> den Zusammenhang zwischen den Eigenschaften<br />

des soziostrukturellen Kontexts <strong>und</strong> der normativen Orientierung der Personen, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>sem<br />

Kontext leben. Eingangs wurde im Sinne des soziostrukturellen Ansatzes argumentiert, dass

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