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Einflussgrößen auf die Entwicklung empathischen Erlebens und ...

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5. Theorien zur <strong>Entwicklung</strong> empathisch motivierten Hilfeverhaltens<br />

5.1. Das Konzept der synchronen Identifikation<br />

Bei Bischof-Köhler (Bischof-Köhler, 1989, 1994) kommt dem Einsetzen der<br />

Vorstellungstätigkeit eine zentrale Rolle für <strong>die</strong> Erklärung der sozialkognitiven<br />

<strong>Entwicklung</strong>en in der Mitte des zweiten Lebensjahres zu. Die Vorstellungstätigkeit bildet <strong>die</strong><br />

Gr<strong>und</strong>lage für <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong> des kategoriale Selbst (auch Selbstobjektivierung), der Ich-<br />

Andere-Unterscheidung <strong>und</strong> der Empathie. Der zentrale Mechanismus, der <strong>die</strong>se Leistungen<br />

ermöglicht, ist <strong>die</strong> synchrone Identifikation. Die synchrone Identifikation ist ein<br />

Wahrnehmungsakt, der es ermöglicht, dass<br />

„zwei gleichzeitig gegebene, aber räumlich getrennte Sachverhalte als dasselbe erscheinen“<br />

(Bischof-Köhler, 1989, S.339).<br />

Bischof-Köhler geht davon aus, dass bis zum Einsetzen der Vorstellungstätigkeit in<br />

der Mitte des zweiten Lebensjahres <strong>die</strong> Welt des Kindes wahrnehmungs- <strong>und</strong><br />

erinnerungsgeb<strong>und</strong>en ist. Sobald <strong>die</strong> Vorstellungstätigkeit einsetzt, kommt es zu einer<br />

qualitativen Veränderung. Von jetzt an ist es dem Kind möglich, Objekte unabhängig von der<br />

direkten Wahrnehmung oder Erinnerung <strong>auf</strong> der Vorstellungsebene zu repräsentieren. Der<br />

Mechanismus der synchronen Identifikation erlaubt es dem Organismus, zwei gleichzeitig<br />

gegebene, aber räumlich getrennte Phänomene als identisch wahrzunehmen, wobei unter<br />

identisch verstanden wird, dass <strong>die</strong> Phänomene dem Wesen nach dasselbe <strong>und</strong> nicht<br />

notwendigerweise dem Erscheinungsbild nach das gleiche sind. Im einfachsten Fall wäre das<br />

<strong>die</strong> synchrone Identität zwischen dem Sinneseindruck eines Objekts <strong>und</strong> dem<br />

Vorstellungsbild <strong>die</strong>ses Objekts. Das Kind kann das Objekt <strong>auf</strong> der Vorstellungsebene<br />

manipulieren, beispielsweise sich vorstellen, es im Raum zu drehen oder zu bewegen.<br />

Gleichzeitig nimmt das Kind das vorgestellte Objekt jedoch als identisch mit dem<br />

Sinneseindruck des realen Objekts wahr, dessen Raumlage sich nicht verändert hat. Unter<br />

Rückgriff <strong>auf</strong> den Phänomenologen Metzger (1954) spricht Bischof-Köhler in <strong>die</strong>sem<br />

Zusammenhang von Angetroffenem, das als unmittelbar in sich existierend erfahren wird <strong>und</strong><br />

von Vergegenwärtigtem, das als „Abbild von“ oder „hinweisend <strong>auf</strong>“ Antreffbares erlebt<br />

wird.<br />

Eine wichtige Folge der einsetzenden Vorstellungstätigkeit ist <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong> des<br />

kategorialen Selbst, also der Möglichkeit, dass das Kind sich selbst <strong>auf</strong> der Vorstellungsebene<br />

repräsentiert. Beim Kind beginnt sich eine Vorstellung des eigenen äußeren<br />

Erscheinungsbildes zu entwickeln. Eben <strong>die</strong>se <strong>Entwicklung</strong> ermöglicht es, dass das Kind sich<br />

selbst im Spiegel erkennt. Über den Mechanismus der synchronen Identität stellt das Kind <strong>die</strong><br />

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