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Einflussgrößen auf die Entwicklung empathischen Erlebens und ...

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8. Soziokulturelle Einflüsse <strong>auf</strong> das frühe Hilfeverhalten<br />

8. Soziokulturelle Einflüsse <strong>auf</strong> das frühe Hilfeverhalten<br />

Der soziostrukturelle Ansatz von Keller (2007), der auch <strong>die</strong>ser Arbeit zugr<strong>und</strong>e liegt,<br />

fußt theoretisch <strong>auf</strong> dem Modell, das Whiting <strong>und</strong> Whiting (1975) der six-culture study<br />

zugr<strong>und</strong>e legten. Der Gr<strong>und</strong>gedanke dabei ist, dass <strong>die</strong> soziokulturelle Orientierung, das heißt<br />

<strong>die</strong> normative Orientierung <strong>und</strong> <strong>die</strong> Struktur des Selbstkonzepts, innerhalb eines<br />

soziokulturellen Kontexts als Anpassungsleistung an <strong>die</strong> Umwelt verstanden wird. Der<br />

Umweltbegriff in <strong>die</strong>sem Modell umfasst dabei vor allem ökologische Bedingungen, wie das<br />

Klima <strong>und</strong> <strong>die</strong> landschaftlichen Gegebenheiten. Diese wirken sich direkt <strong>auf</strong> zentrale<br />

Populationsparameter wie beispielsweise <strong>die</strong> Bevölkerungsdichte, <strong>die</strong> Geburten- <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Sterblichkeitsrate aus. Alle <strong>die</strong>se Faktoren wirken ihrerseits <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Ökonomie <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Sozialstruktur rück. Je nach ökologischen <strong>und</strong> ökonomischen Bedingungen unterscheiden sich<br />

beispielsweise <strong>die</strong> Siedlungsmuster, <strong>die</strong> Haushaltszusammensetzung <strong>und</strong> <strong>die</strong> Familienstruktur.<br />

In einem subsistenzwirtschaftlich organisierten, technisch niedrig entwickelten System sind<br />

<strong>die</strong> Arbeitszeiten im Haushalt generell höher, der Arbeitsprozess ist weniger stark arbeitsteilig<br />

organisiert <strong>und</strong> wechselseitige Abhängigkeiten sind für <strong>die</strong>sen Kontext charakteristisch. In<br />

<strong>die</strong>sem Kontext ist <strong>die</strong> Großfamilie <strong>die</strong> günstigste Organisationsform <strong>und</strong> enge Beziehungen<br />

sowohl innerhalb der Familie als auch zu anderen Familien sind unerlässlich (Graves &<br />

Graves, 1983; Whiting & Whiting, 1975). In modernen Informations- <strong>und</strong><br />

Dienstleistungsgesellschaften hingegen sind <strong>die</strong> Arbeitsprozesse stark arbeitsteilig organisiert,<br />

<strong>die</strong> einzelnen Personen gehen spezialisierten Tätigkeiten nach <strong>und</strong> der Zeitanteil für<br />

Hausarbeit wird durch Maschinen <strong>und</strong> Dienstleister stark reduziert. Wechselseitige<br />

Abhängigkeiten sind in einem viel geringeren Maße vorhanden, viel eher erfordert der<br />

Arbeitsmarkt ein hohes Maß an Mobilität <strong>und</strong> Flexibilität. In <strong>die</strong>sem Kontext ist <strong>die</strong><br />

Kernfamilie <strong>die</strong> günstigste Organisationsform <strong>und</strong> eine Erziehung zur Unabhängigkeit ist von<br />

Vorteil (Kagitçibasi, 2007).<br />

Die beiden skizzierten Umwelten können als Prototypen für Umwelten verstanden<br />

werden, in denen <strong>auf</strong> der einen Seite Relationalität im Sinne einer starken<br />

zwischenmenschlichen Bezogenheit (interpersonal relatedness) <strong>und</strong> <strong>auf</strong> der anderen Seite<br />

Autonomie (autonomy) das vorherrschende Organisationsprinzip der soziokulturellen<br />

Orientierung <strong>und</strong> des Selbstkonzepts ist. Im ersten Fall wäre ein interdependentes<br />

Selbstkonzept, im zweiten ein independentes Selbstkonzept adaptiv. Neben <strong>die</strong>sen beiden<br />

prototypischen Kontexten <strong>und</strong> den entsprechenden Selbstkonzepten wird in der Literatur ein<br />

dritter Kontext beschrieben, der Aspekte beider Prototypen vereint (Kagitçibasi, 2007; Keller,<br />

2007). Dabei handelt es sich vorwiegend um <strong>die</strong> gebildete Mittelschicht aus ehemals

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