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Einflussgrößen auf die Entwicklung empathischen Erlebens und ...

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12. Diskussion<br />

12.3. Einflüsse früher Interaktionserfahrungen <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Autonomieentwicklung<br />

Neben dem normativen Einfluss <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Genese prosozialen Verhaltens wurde der<br />

Kontingenzerfahrung der dreimonatigen Säuglinge eine wichtige Rolle für <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

der Autonomie als zentrale Voraussetzung gemäß sozialkognitiver Theorien zugeschrieben.<br />

Erwartungsgemäß unterschied sich weder <strong>die</strong> Gesamtkontingenzrate noch der Prozentsatz der<br />

Kinder, <strong>die</strong> sich mit 19 Monaten im Spiegel erkannten. Weiterhin gab es kulturspezifische<br />

Kontingenzmuster, <strong>die</strong> mit den Bef<strong>und</strong>en zu distalem <strong>und</strong> proximalem Elternverhalten<br />

korrespon<strong>die</strong>ren. Die primären Bezugspersonen der Berliner Stichprobe zeigten häufiger als<br />

<strong>die</strong> Personen der Stichprobe aus Delhi kontingente Reaktionen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Kinder sehen konnten,<br />

wohingegen Letztere in Reaktion <strong>auf</strong> nonverbale Kindsignale tendenziell häufiger kontingente<br />

Reaktionen zeigten, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Kinder fühlen konnte.<br />

Entgegen der Erwartung bestand allerdings kein Zusammenhang zwischen der<br />

Kontingenzerfahrung der dreimonatigen Säuglinge <strong>und</strong> der späteren Autonomieentwicklung,<br />

<strong>die</strong> über das Selbsterkennen im Spiegel erfasst wurde. Um <strong>die</strong>sen unerwarteten Bef<strong>und</strong> zu<br />

erklären, könnte man argumentieren, dass <strong>die</strong> Zeitabstände ungünstig gewählt wurden. Die<br />

Wahl <strong>die</strong>ser Zeitpunkte richtete sich nach den Zeitpunkten, zu denen nach dem<br />

<strong>Entwicklung</strong>spfadmodell von Keller (2007) <strong>die</strong> beiden ersten universellen<br />

<strong>Entwicklung</strong>s<strong>auf</strong>gaben anstehen, nämlich der Aufbau erster sozialer Beziehungen mit drei<br />

Monaten <strong>und</strong> <strong>die</strong> Ausbildung eines frühen Selbstkonzepts Mitte des zweiten Lebensjahres.<br />

Gegen <strong>die</strong>ses Argument spricht allerdings, dass <strong>die</strong>ser theoretisch postulierte Zusammenhang<br />

in soziokulturellen Kontexten, <strong>die</strong> <strong>die</strong> prototypisch entgegen gesetzten <strong>Entwicklung</strong>spfade<br />

verkörpern, empirisch nachgewiesen werden konnte. Je distaler (Keller et al., 2004) oder<br />

kontingenter (Keller et al., 2005) das Verhalten der primären Bezugspersonen in einem<br />

spezifischen Kontext war, desto höher war der Anteil der Kinder, <strong>die</strong> sich im Spiegel<br />

erkannten. Es könnte allerdings sein, dass sich <strong>die</strong> Interaktionsstile der Mütter in Berlin <strong>und</strong><br />

Delhi einfach zu ähnlich waren, als dass sich der postulierte Zusammenhang klar zeigen ließ.<br />

Es ist generell schwieriger, innerhalb recht homogener Stichproben Zusammenhänge <strong>auf</strong><br />

individueller Ebene nachzuweisen als Gruppen von Personen aus sehr unterschiedlichen<br />

soziokulturellen Kontexten miteinander zu kontrastieren. Daneben könnte es weiterhin sein,<br />

dass <strong>die</strong> Annahme eines direkten <strong>und</strong> unabhängigen Einflusses der frühkindlichen<br />

Erfahrungen <strong>auf</strong> <strong>die</strong> spätere <strong>Entwicklung</strong> im zweiten Lebensjahr falsch ist. Eventuell wäre es<br />

angemessener, davon auszugehen, dass <strong>die</strong> frühkindlichen Erfahrungen vermittelt über eine<br />

Kette von zwischengeschalteten Prozessen <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>en <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong> des<br />

kategorialen Selbst wirkt. Möglicherweise wird der Einfluss, der durch <strong>die</strong>se eher geringen<br />

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