Einflussgrößen auf die Entwicklung empathischen Erlebens und ...

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12 3. Der Beginn empathischen Erlebens Nach Hoffmans Stufentheorie werden die empathischen Kompetenzen mit zunehmendem Alter weiter ausdifferenziert und gipfeln schließlich darin, dass Jungendliche mit dem Schicksal einer unbekannten Person oder einer gesellschaftlichen Gruppierung mitempfinden können. Hoffmans Argumentation ist eher theoretisch und fußt hauptsächlich auf anekdotischen Beispielen, die die verschiedenen Stufen zwar veranschaulichen, aber nicht empirisch absichern. Bei den Stufen der globalen Empathie und der egozentrischen Empathie bleibt unklar, warum die angeführten Verhaltensweisen mit einer zunehmenden Ich-Andere- Unterscheidung zusammenhängen und nicht alternativ auf Entwicklungen in der Emotionsregulation zurückgeführt werden können. Außerdem bleibt unklar, was die Ich- Andere-Unterscheidung auf diesen Entwicklungsstufen auszeichnet. Hoffman argumentiert zwar, das Kind würde sich auf der Stufe der globalen Empathie zumindest „schemenhaft“, auf Stufe der egozentrischen Empathie „zunehmend“ und auf der Stufe der quasi-egozentrischen Empathie schließlich vollständig der anderen Person als physisch getrennt bewusst. Meiner Meinung nach rechtfertigt allerdings weder die Verhaltensänderung im empathischen Erleben noch der Hinweis auf eine beginnende Ich-Andere-Unterscheidung die Definition dieser beiden Entwicklungsstufen. Bei der Stufe der quasi-egozentrischen Empathie bleibt außerdem unklar, wie das Kind die mitempfundene Emotion als die Emotion der anderen Person identifizieren kann, wo ihm doch die inneren Zustände der anderen Person unzugänglich sind und es sich nur der physischen Grenze zwischen sich und der anderen Person bewusst wird. Hoffman bleibt zu vage, was die sozialkognitiven Mechanismen betrifft, die die Wahrnehmung der Emotion, nicht jedoch der Bedürfnisse der anderen Person ermöglicht. Trotz dieser Kritik ist es Hoffman hoch anzurechnen, dass er als erster die Entwicklung des empathischen Empfindens mit der sozialkognitiven Entwicklung der Ich- Andere-Unterscheidung in Zusammenhang brachte, denn dieser Gedanke hatte einen maßgeblichen Einfluss auf die spätere Theorieentwicklung. Hoffman überzeugt an dem Punkt, an dem er herleitet, dass erst mit der Erkenntnis, dass die Emotion der anderen Person die Ursache für die mitempfundene Emotion ist, Mitgefühl entstehen kann und diesem Mitgefühl eine zentrale Rolle bei der Motivation prosozialen Verhaltens zukommt: „The cognitive sense of oneself and others as separate, independent entities is so intrinsic to empathically aroused affect as to alter the very quality of the observer’s affective experience. It follows that once children have a sense of themselves as separate from others, something happens to the quality of their empathic distress. […] Once children have separate images of themselves and others, their own empathic distress, which is a parallel response – that is, a
3. Der Beginn empathischen Erlebens more or less exact replication of the victim’s actual or presumed feeling of distress – may be transformed at least in part into a more reciprocal feeling of concern for the victim; and the motive to comfort themselves is correspondingly transformed into a motive to help the victim. […] In other words, the same advance in self-other differentiation that moves children from “egocentric” to “quasi-egocentric” empathy, produces a qualitative transformation of empathic into sympathetic distress. From then on and continuing into adulthood, children’s empathic distress always includes a sympathetic component and, insofar as it does, children want to help because they feel sorry for the victim, not just to relieve their own empathic distress. The sympathetic distress component of empathic distress is thus the child’s first truly prosocial motive“ (Hoffman, 2000, S.87 f.). Es scheint demnach einen zentralen Punkt in der Entwicklung empathischen Erlebens zu geben, an dem es aufgrund der psychischen Ich-Andere-Unterscheidung zu einer qualitativen Veränderung im Erleben kommt und Empathie im eingangs definierten Sinne möglich wird. Diesen Übergang zur echten Empathie in der Mitte des zweiten Lebensjahres hat Hoffman überzeugend in Zusammenhang mit einer Veränderung in der Ich-Andere- Unterscheidung gebracht und damit ein Forschungsfeld eröffnet, das diese These in der Folge empirisch stützte und theoretisch weiter differenzierte. 13
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