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Einflussgrößen auf die Entwicklung empathischen Erlebens und ...

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5. Theorien zur <strong>Entwicklung</strong> empathisch motivierten Hilfeverhaltens<br />

betriff, besteht der Unterschied darin, dass Bischof-Köhler Empathie als einen<br />

unwillkürlichen, „ratiomorphen“ Prozess beschreibt, während bei Perner mehr willkürliche<br />

Aspekte in Form kognitiver Prozesse mit eingehen. Bei ihm bedarf es einer „minimalen<br />

Fähigkeit zur Perspektivenübernahme“. Jedoch wird bei beiden Fragen, <strong>die</strong> sich das Kind<br />

seiner Meinung nach stellen muss („Was würde ich anstelle des anderen empfinden?“ <strong>und</strong><br />

„Was würde mich trösten?“) nicht klar, worin das „minimal“ bestehen soll. Um <strong>die</strong>s zu<br />

leisten, müsste <strong>die</strong> Fähigkeit zur Perspektivenübernahme weiter entwickelt sein, als es im<br />

zweiten Lebensjahr angenommen werden kann. Insofern scheint Bischof-Köhler mit ihrer<br />

Annahme, dass es sich um einen ratiomorphen Prozess handelt, <strong>auf</strong>gr<strong>und</strong> dessen das<br />

mitempf<strong>und</strong>ene Gefühl als von einer anderen Qualität als das eigene Gefühl erlebt wird, dem<br />

<strong>Entwicklung</strong>sstand des einjährigen Kindes eher gerecht zu werden.<br />

Perners Erklärung des Selbsterkennens im Spiegel unterscheidet sich von Bischof-<br />

Köhler darin, dass zwei unterschiedliche Repräsentationen als synchron identisch erlebt<br />

werden. Laut Perner ist es nicht das subjektive Selbsterleben, das mit dem wahrgenommenen<br />

Spiegelbild identifiziert wird, sondern das kategoriale Selbst (<strong>die</strong> Repräsentation der eigenen<br />

Person <strong>auf</strong> der Vorstellungsebene). Aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong> kommt Perner zu dem Schluss, dass<br />

für das Selbsterkennen im Spiegel kein reflexives Selbstbewusstsein nötig sei. Gleichzeitig<br />

bedarf es jedoch <strong>die</strong>ses reflexiven Selbstbewusstseins, um empathisch motiviertes<br />

Hilfeverhalten zu erklären, da ja <strong>auf</strong>gr<strong>und</strong> des reflexiven Bewusstseins des eigenen <strong>Erlebens</strong><br />

der emotionale Zustand der anderen Person erschlossen wird. Der kritische Punkt an <strong>die</strong>ser<br />

Stelle ist, dass Perner davon ausgeht, dass sich das kategoriale Selbst <strong>und</strong> das reflexive<br />

Selbstbewusstsein zwar gleichzeitig entwickeln, da beide der sek<strong>und</strong>ären Repräsentation<br />

bedürfen, für <strong>die</strong> Erklärung des Selbsterkennens im Spiegel jedoch kein Selbstkonzept in<br />

Form eines reflexiven Selbstbewusstseins nötig ist. Vergleicht man <strong>die</strong> beiden Ansätze<br />

dahingehend, welche Informationen als synchron identisch erlebt werden, könnte man an<br />

Bischof-Köhler <strong>die</strong> Frage richten, woher das Kind ihrer Meinung nach weiß, dass sich etwas<br />

in seinem Gesicht verändert hat. An Perner wiederum könnte man <strong>die</strong> Frage richten, woher<br />

das Kind weiß, wohin es fassen muss, um den Fleck zu berühren. Folglich fehlt bei Bischof-<br />

Köhler der Abgleich zwischen dem wahrgenommenen Spiegelbild <strong>und</strong> der Vorstellung des<br />

eigenen körperlichen Erscheinungsbildes <strong>auf</strong> der Vorstellungsebene, bei Perner <strong>die</strong><br />

Identifikation der kinästhetischen Entsprechung der wahrgenommenen Differenz. Meiner<br />

Meinung nach ist an der Leistung, sich selbst im Spiegel zu erkennen, der Abgleich aller drei<br />

Repräsentationen erforderlich: des wahrgenommenen Spiegelbilds, des reflexiven<br />

Selbstbewusstseins <strong>und</strong> des kategorialen Selbst.<br />

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