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Einflussgrößen auf die Entwicklung empathischen Erlebens und ...

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8. Soziokulturelle Einflüsse <strong>auf</strong> das frühe Hilfeverhalten<br />

In kulturvergleichenden Untersuchungen konnten Keller <strong>und</strong> Mitarbeiter zeigen, dass<br />

der Anteil an 19-monatigen Kindern, <strong>die</strong> sich selbst im Spiegel erkennen, stark variiert,<br />

sobald man den soziokulturellen Kontext systematisch variiert. Es erkannten sich umso mehr<br />

Kinder im Spiegel, je höher der Stellenwert war, den <strong>die</strong> Autonomieentwicklung innerhalb<br />

<strong>die</strong>ser Kontexte einnahm. So erkannten sich 68% der 19-monatigen Kinder aus Athen, 50%<br />

der Kinder aus San Jose in Costa Rica <strong>und</strong> nur 3% der Kinder im ländlichen Nordwesten<br />

Kameruns, <strong>die</strong> der ethnischen Gruppe der Nso angehörten (Keller et al., 2004). In einer<br />

anderen Untersuchung erkannten sich 73% der 19 Monate alten Kinder aus Berlin <strong>und</strong> nur<br />

15% der Kinder aus Nso-Familien (Keller et al., 2005). Gegen <strong>die</strong> Alternativerklärung, dass<br />

<strong>die</strong> Unterschiede im Selbsterkennen im Spiegel genauso gut durch Unterschiede in dem Grad<br />

der Spiegelerfahrung erklärt werden könnten, spricht eine Untersuchung von Kärtner, Keller<br />

<strong>und</strong> Yovsi (eingereicht). Darin konnte gezeigt werden, dass <strong>die</strong> erwarteten Unterschiede in<br />

den Erkennerraten zwischen den soziokulturellen Kontexten über einen Zeitraum von sechs<br />

Wochen stabil blieben. Im Verl<strong>auf</strong> <strong>die</strong>ser sechs Wochen wurde im Wochenrhythmus das<br />

Selbsterkennen im Spiegel erhoben, dem eine fünf bis 20-minütige freie Spiegelinteraktion<br />

vorausging. Würde sich <strong>die</strong> zunehmende Spiegelerfahrung im Falle der zu Beginn 18- oder<br />

19-monatigen Kinder positiv <strong>auf</strong> das Selbsterkennen im Spiegel auswirken, sollten <strong>die</strong> Kinder<br />

aus dem interdependenten Kontext im L<strong>auf</strong>e der Untersuchung zu den Kindern aus der<br />

independenten Stichprobe <strong>auf</strong>schließen, was jedoch nicht der Fall war. Aufgr<strong>und</strong> <strong>die</strong>ser<br />

Bef<strong>und</strong>e kann der Schluss gezogen werden, dass <strong>die</strong> sozialkognitive Fähigkeit, sich selbst <strong>und</strong><br />

Andere als autonome Handlungsträger zu begreifen beziehungsweise zwischen eigenem <strong>und</strong><br />

fremdem Erleben zu differenzieren, in den verschiedenen soziokulturellen Kontexten<br />

unterschiedliche <strong>Entwicklung</strong>sverläufe <strong>auf</strong>weist.<br />

Die zentrale Frage, <strong>die</strong> sich hier stellt, ist <strong>die</strong> nach den Sozialisationserfahrungen der<br />

Kinder, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Unterschiede in der Autonomieentwicklung erklären können. Welche<br />

Interaktionserfahrungen sind es, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Autonomieentwicklung des Kindes im zweiten<br />

Lebensjahr beeinflussen? Eine Erklärung bietet <strong>die</strong> Theorie der <strong>Entwicklung</strong>spfade von Keller<br />

(2007). Dem Modell nach stellen sich dem Kind eine Reihe universeller<br />

<strong>Entwicklung</strong>s<strong>auf</strong>gaben, <strong>die</strong> jeweils kontextspezifisch, dass heißt in Abhängigkeit der<br />

Alltagserfahrungen, <strong>die</strong> der jeweilige soziokulturelle Kontext bereithält, gelöst werden. Von<br />

den dort beschriebenen integrativen <strong>Entwicklung</strong>s<strong>auf</strong>gaben sind für <strong>die</strong>se Arbeit <strong>die</strong> ersten<br />

beiden zentral: der Aufbau erster sozialer Beziehungen mit circa drei Monten, sowie <strong>die</strong>

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