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KACHEN #15 (Sommer 2018) Deutsch Ausgabe

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INTERVIEW n<br />

Rund 100 Gäste hatten Anfang April das Vergnügen, auf der MARIE ASTRID in den Genuss der sternegekrönten Küche von Harald<br />

Wohlfahrt zu kommen, dem deutschen Großmeister der Haute Cuisine. <strong>KACHEN</strong> hatte Gelegenheit, exklusiv mit dem Koch über<br />

seine Zukunftspläne und seine besondere Beziehung zu Luxemburg zu sprechen.<br />

TEXT BARBARA FISCHER-FÜRWENTSCHES FOTOS ENTENTE TOURISTIQUE DE LA MOSELLE<br />

<strong>KACHEN</strong>: Herr Wohlfahrt, Ihr bisheriges Berufsleben und damit<br />

auch den größten Teil Ihrer Zeit haben Sie quasi in der Küche der<br />

Schwarzwaldstube verbracht. Seit Ende 2017 sind Sie ein „freier<br />

Mensch“. Wie fühlt es sich an, dem Sternedruck nicht mehr tagtäglich<br />

standhalten zu müssen?<br />

HW: Ich habe heute ein anderes Lebensgefühl und andere Prioritäten.<br />

Ich habe mehr zu mir selbst gefunden und bin nicht mehr Gefangener<br />

meines Erfolgs. Es ist ein gutes Gefühl, selbstbestimmt und frei von<br />

Zwängen zu leben.<br />

<strong>KACHEN</strong>: Sie sind bekannt für Ihr hohes Maß an Disziplin, hohe<br />

Belastbarkeit und Arbeitsethik. Können Sie das Mehr an Freizeit<br />

überhaupt genießen?<br />

HW: Ja, in jedem Fall. Ich habe viele Anfragen aus dem<br />

„<br />

In- und<br />

Ausland, mache aber nur noch, wozu ich Lust habe – dabei muss<br />

ich nur noch lernen, Nein zu sagen (lacht)! Das bin ich<br />

auch meiner Frau schuldig.<br />

<strong>KACHEN</strong>: In einem früheren Interview sagten Sie, Koch<br />

zu sein sei eine Berufung und man solle dieser Passion<br />

so lange nachgehen, wie man gesundheitlich auf der<br />

Höhe sei. Was sind Ihre Zukunftspläne? Wird Harald<br />

Wohlfahrt sich neu erfinden? Haben Sie das Ziel und den<br />

Ehrgeiz, an anderer Stelle nochmals nach den Sternen<br />

zu greifen?<br />

HW: Ich bin seit über 40 Jahren in diesem sehr harten Beruf und<br />

trotzdem noch topfit, was ich auch der großartigen Unterstützung<br />

meiner Frau zu verdanken habe. Meine drei Kinder habe ich kaum<br />

groß werden sehen, umso wichtiger ist es mir jetzt, Zeit für meine<br />

Familie zu haben. Besondere Freude machen mir meine beiden<br />

Enkelkinder.<br />

Meine berufliche Zukunft steht auf drei Säulen: Ich berate das<br />

Festspielhaus Baden-Baden in kulinarischen Belangen, ein Haus, das<br />

mit seinem hohen Renommee und Standing gut zu mir passt. Dann<br />

habe ich mit meinem Freund Raphael Ianniello eine Gesellschaft für<br />

Eventcatering gegründet, die Harald Wohlfahrt Fine Dining UG.<br />

Raphael ist ein talentierter Koch und guter Organisator und er ist<br />

mit einer Moselwinzerin verheiratet. Gemeinsam werden wir Events<br />

Für diesen<br />

Beruf muss<br />

man sich mit<br />

vollem Herzen<br />

entscheiden.<br />

wie das heute Abend organisieren. Und dann bin ich immer noch<br />

Gastgeber im Palazzo Stuttgart. Zurück in die Sternemühle werde<br />

ich sicher nicht mehr gehen.<br />

<strong>KACHEN</strong>: Was verbindet Sie mit der Mosel und mit Luxemburg?<br />

Heute kochen Sie auf der Marie Astrid, im Mai beim Event Mythos<br />

Mosel? Zufall oder eine besondere Liebe?<br />

HW: Ich komme schon seit Jahren regelmäßig nach Luxemburg<br />

zu einer Benefizveranstaltung im Cercle Munster für herzkranke<br />

Kinder in Laos. Zudem waren viele meiner langjährigen Kunden<br />

in der Schwarzwaldstube Luxemburger – ich habe daher eine hohe<br />

Affinität zu diesem Land und die Sprache ist mir vertraut. An die<br />

Mosel zieht es mich natürlich auch über meinen Partner Raphael,<br />

der in Trittenheim lebt.<br />

<strong>KACHEN</strong>: Anders als Ihre Kochkollegen sieht man Sie nicht in TV-<br />

Shows oder als Testimonial für Produkte. Sie gaben fehlende Zeit<br />

und die erforderliche Präsenz im Betrieb als Grund an<br />

– wird man Ihr Gesicht zukünftig öfters in den Medien<br />

sehen?<br />

HW: Sie werden mein Konterfei sicherlich nicht auf<br />

Pralinenschachteln oder Ähnlichem finden. Ich werde<br />

jedoch als Genussbotschafter der Firma Scheck – einem<br />

Betreiber von 13 Edeka-Märkten – zur Seite stehen.<br />

Wir planen eine eigene Produktlinie mit hochwertigen<br />

Produkten, wobei meine Aufgabe die Produktentwicklung sein wird.<br />

„<br />

<strong>KACHEN</strong>: Was würden Sie – zurückblickend auf Ihr Berufsleben –<br />

heute anders machen? Welchen Rat würden Sie einem jungen Koch mit<br />

auf den Weg geben – wie Sie im Angestelltenverhältnis arbeiten oder<br />

den Sprung in die Selbstständigkeit mit allen Risiken wagen?<br />

HW: Rückblickend würde ich sicherlich meinen Blick auf die Familie<br />

ändern. Ich erkenne jetzt immer mehr, dass ich im Grunde meines<br />

Herzens ein Familienmensch bin. Guter Rat für junge Menschen<br />

ist schwer – für diesen Beruf muss man sich mit vollem Herzen<br />

entscheiden. Es braucht neben Talent viel Feingefühl, eine gute<br />

Ausbildung und Begeisterung für den Beruf. Dann wird der Alltag<br />

einem schon zeigen, wo der richtige Platz ist.<br />

<strong>2018</strong> / 2 | <strong>KACHEN</strong> | 93

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