Neu Magazin GARCON - Essen, Trinken, Lebensart Nr. 60
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• Titel Fish Klub Berlin
Francisco Hernandez.
Francisco Hernandez ist ein Mann, den so schnell nichts aus der
Fassung bringt. Der bullige Typ mit dem schwarzen Woll-Beanie auf
dem Kopf und den tätowierten Insignien seines Berufsstandes auf
den Oberarmen, bleibt auch dann die Ruhe selbst, wenn etwa ein
Dutzend Bons gleichzeitig auf seinem Tresen landet, verbunden mit
ebenso vielen Extrawünschen.
Als der Fish Klub-Küchenchef allerdings die Januar-2022-Ausgabe
des Hamburger Feinschmecker-Magazins in die Hände bekam,
verschlug es dem 31-Jährigen aber doch mal die Sprache. Unter der
Headline „Die besten Seafood-Restaurants Deutschlands“ wurden
da seine Bistro-Gerichte in einem Atemzug mit den Kreationen von
Stefan Fäth im Hamburger Jellyfish, Igor Yakushchenko im Mannheimer
Le Corange oder von Atsushi Sugimoto im Regensburger
Aska genannt, alles Spitzenrestaurants mit Michelinstern. Gar nicht
zu reden vom dreifach besternten Restaurant Victor’s Fine Dining by
Christian Bau im Saarland-Städtchen Perl.
„Okay“, sagt Hernandez, „ein bisschen Lob für unseren Laden
gab’s ja schon, beispielsweise hat uns der tip in seinem Gastro-Guide
2022 auf Platz zwei der Mittags-Top-Ten gesetzt, aber das war Berlin
und das andere ist eben ganz Deutschland.“ Und es scheint, dass
sein sonst eher spöttisches Grinsen sekundenlang einer gehörigen
Portion Stolz weicht…
Francisco Hernandez kam als Sohn mexikanischer Eltern in Toronto/
Kanada zur Welt, die Highschool absolvierte er in Mexiko-Stadt, die
Ausbildung zum Koch wiederum in Toronto, in dem von David Chang
gegründeten, auch international bekannten Momofuku.
Wanderjahre führten ihn erneut nach Mexiko, in die USA, den
Libanon sowie nach Syrien. 2016 kam Francisco Hernandez zum
ersten Mal nach Berlin, wurde Küchenchef in Shani Ahiels Kreuzberger
ShiShi und zelebrierte dort eine aromenintensive arabisch-israelische
Wohlfühlküche, die ihm erste Lorbeeren einbrachte.
Nach einem Jahr zog es ihn nach Tel Aviv, danach folgte zum
zweiten Mal Berlin – zuerst das Nobelhart & Schmutzig und seit
Anfang 2021 der Fish Klub. Und was er da in seiner Küchenecke an
den zwei japanischen Konro-Grills kulinarisch auf die Beine stellt,
ist ein Musterbeispiel dafür, dass man keine billigen Imitate der
nordischen Trendküche auf den Tellern hinterlassen muss, um als
angesagt zu gelten. So serviert Hernandez in der Wilma Shoppen
Markthalle beispielsweise ohne mit der Wimper zu zucken ein herrlich
altmodisches Schollenfilet, das in einer Beurre blanc badet und dem
ein bisschen wilder Brokkoli einen aromatischen Kick verleiht. Es gibt
fantastische Fish'n'Chips, die angenehm fleischigen Odette-Austern
oder – nach 15-minütiger Wartezeit – eine Meeresfrüchteplatte für
zwei Personen, die in Berlin einmalig sein dürfte.
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